Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
hervorgeht, daß wenn ein Mann sich hinsetzt, um eine Geschichte zu schreiben – und wenn es nur die Geschichte von Jack Hickathrift oder Tom Tumb wäre, er so wenig als sein Schuhabsatz eine Idee davon hat, was für Hindernisse und verwünschte Zufälle ihm in den Weg kommen können – oder zu was für einem Tanze ihn diese oder jene Abschweifung führen kann, ehe Alles glücklich vorüber ist. Wenn ein Geschichtsschreiber seine Geschichte so vorwärts treiben könnte, wie ein Maulthiertreiber sein Maulthier – nämlich in gerader Richtung, – zum Beispiel von Rom gerade nach Loretto, ohne einmal den Kopf zur Seite zu drehen, weder zur Rechten noch zur Linken – so könnte er es allerdings wagen, Ihnen bis auf die Stunde hin vorauszusagen, wann er mit seiner Reise zu Ende kommen werde, – aber das ist, moralisch gesprochen, unmöglich; denn wenn er auch noch so wenig Geist besitzt, wird er mit dieser oder jener Gesellschaft fünfzig Abstecher von der geraden Linie machen, die er durchaus nicht vermeiden kann. Es werden sich ihm beständig Anblicke und Ausblicke bieten, die sein Auge in Anspruch nehmen, so daß er es nicht wird vermeiden können, stille zu stehen, und sie zu betrachten; überdies hat er verschiedene
Berichte zu vergleichen,
Anekdoten aufzulesen,
Anschriften zu entziffern,
Geschichten mit zu verweben,
Traditionen umzukleiden,
Personen zu besuchen,
Lobpreisungen an dieser Thüre anzukleben,
Pasquille an jener: –
    was Alles weder bei dem Treiber noch bei dem Maulthier nothwendig ist. Dazu muß er noch bei jedem Abschnitt in Archiven nachsehen, Listen, Tagebücher, Urkunden und endlose Genealogien nachlesen, zu deren gründlicher Lectüre ihn da und dort die Billigkeit veranlaßt: kurz die Sache nimmt gar kein Ende. – Ich für meinen Theil erkläre hier feierlich, daß ich seit 6 Wochen mit diesen Dingen beschäftigt bin, und mich nach Thunlichkeit beeilt habe – und doch bin ich immer noch nicht geboren; – ich kam gerade nur so weit, und das ist Alles, um Ihnen zu sagen, wann es geschah, aber nicht wie; – so daß die Sache noch weit von ihrer Vollendung ist.
    Diese unvorhergesehenen Aufenthalte, von denen ich, aufrichtig gestanden, noch keine Ahnung hatte, als ich mich auf den Weg machte, – die aber, wie ich jetzt überzeugt bin, beim Weitergehen eher wachsen als abnehmen werden, haben mir einen Wink gegeben, den ich entschlossen bin zu beachten – nämlich – mich nicht zu übereilen – sondern in aller Muße vorwärts zu schreiten, und alljährlich 2 Bände meines Lebens zu schreiben und herauszugeben – was ich dann, wenn man mich ruhig gehen läßt und ich einen annehmbaren Vertrag mit meinem Buchhändler abschließen kann, bis an mein Lebensende so fortsetzen werde.

15. Kapitel.
    Der Artikel im Heirathscontract meiner Mutter, den ich, wie ich dem Leser mittheilte, so eifrig suchte, und den ich, nach dem ich ihn gefunden, für passend halte ihm vorzulegen, – drückt sich über die Sache um so viel vollständiger aus, als ich selbst es zu thun hoffen könnte, daß es eine Barbarei wäre, wenn ich dem Manne des Rechts nicht das Wort lassen würde. Er lautet:
    »Und diese Urkunde bezeugt ferner, daß der besagte Walter Shandy, Kaufmann, in Anbetracht der beabsichtigten Verheirathung, die zwischen besagtem Walter Shandy und vorbesagter Elisabeth Mollineux geschlossen und mit Gottes Hilfe wohl und wahrhaft gefeiert und vollzogen werden soll, wie auch in Anbetracht verschiedener anderer guter und gewichtiger Ursachen und Betrachtungen, die ihn noch besonders dazu bewegen – folgendes nebst den obengenannten Gewährsmännern den Herren John Dixon und James Turner, gewährt, zugibt, erlaubt, gestattet, festsetzt, und darüber Handels einig ist und zustimmt: – nämlich – daß falls es künftig so geschehen, sich zutragen, sich ereignen oder sonst eintreten sollte – daß besagter Walter Shandy, Kaufmann, sein Geschäft aufgeben sollte, vor der Zeit oder den Zeiten, da besagte Elisabeth Mollineux nach dem Lauf der Natur oder sonst aufgehört haben wird – Kinder zu empfangen und zu bekommen – und daß in Folge davon, daß besagter Walter Shandy sein Geschäft aufgegeben, er trotz und gegen den freien Willen, Zustimmung und Belieben der besagten Elisabeth Mollineux – die Stadt London verlassen sollte, um sich zurückzuziehen oder zu wohnen, auf seinem Gut Shandy Hall in der Grafschaft Z. oder auf irgend einem anderen Landsitz, Burg, Halle, Herrenhaus, Gut oder Weinhof, den

Weitere Kostenlose Bücher