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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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vor der ganzen Gemeinde, daß meine Mutter nachher sagte, diese 2 Stationen seien wirklich tragikomische gewesen, und sie habe von einem Ende des Weges bis zum andern nur immer in einem Athem geschrieen vor Lachen und Weinen.
    Von Grantham bis sie den Trent passirt hatten, verlor mein Vater endlich alle Geduld über den gemeinen Possen und Betrug, den ihm, wie er meinte, meine Mutter in dieser Angelegenheit gespielt habe. – Ich bin überzeugt, sagte er das eine Mal über das andere zu sich selbst, die Frau hat sich nicht so selbst getäuscht – wenn das möglich wäre – welche Schwäche ! – Dieses unselige Wort riß seine Phantasie in einen dornenvollen Tanz und machte ihn, ehe noch Alles vorüber war, ganz des Teufels! – denn sobald einmal das Wort Schwäche ausgesprochen war und sich in seinem Gehirn festgesetzt hatte, so begann dieses seine Variationen über die verschiedenen Arten von Schwächen auf der Welt – – da gab es körperliche Schwächen und dann wieder Schwächen des Geistes und Herzens – und dann begann er ein Paar Stationen hindurch in sich selbst darüber zu philosophiren, in wie weit die Endursache aller dieser Widerwärtigkeiten in ihm selbst zu suchen wäre oder nicht.
    Kurz, er fand so viele kleine Ursachen zu innerer Unruhe in dieser einen Angelegenheit, womit er sich nach einander quälte und peinigte, daß meine Mutter, wie angenehm auch die Hinreise gewesen sein mochte, nur eine sehr ungemüthliche Herreise hatte – kurz er hätte, wie sie zu meinem Onkel Toby klagend sagte, die Geduld jeder lebenden Seele erschöpfen können.

17. Kapitel.
    Obschon mein Vater, wie ich eben erzählte, nicht in der besten Laune heimwärts reiste – und den ganzen Weg über brummte und schnaubte – so hatte er doch die Freundlichkeit den schlimmsten Theil der Geschichte für sich zu behalten – nämlich den festen Entschluß den er gefaßt hatte, sich diejenige Genugthuung zu verschaffen, zu der ihn die von meinem Onkel Toby dem Heirathscontract angehängte Klausel berechtigte; und erst in der Nacht, da ich gezeugt ward, also 13 Monate später, bekam meine Mutter die erste Ahnung von seinem Vorhaben. Mein Vater war damals, wie Sie sich erinnern werden, etwas verdrießlich und außer Fassung und nahm deshalb, als sie nachher so im Bette lagen und noch eine Weile ernsthaft über das plauderten, was etwa kommen könne – die Gelegenheit wahr, ihr zu Gemüth zu führen, daß sie sich darauf gefaßt zu machen habe, die Consequenzen ihres Heirathscontracts zu tragen: nämlich mit ihrem nächsten Kinde auf dem Lande nieder zu kommen, um die Reise im vorigen Jahre auszugleichen.
    Mein Vater besaß mancherlei Tugenden – er hatte aber auch einen starken Beigeschmack von einer Eigenschaft in seinem Wesen, die man je nach dem, zu den Tugenden rechnen konnte oder auch nicht. – Dieselbe heißt bei einer guten Sache Beharrlichkeit, und bei einer schlimmen Eigensinn. Meine Mutter war hierüber so weit im Klaren, daß sie wußte, es würde lediglich zu nichts führen, wenn sie Vorstellungen dagegen erheben wollte – sie beschloß deshalb die Sache ruhig abzuwarten und sie nach Kräften zu ihrem Vortheil zu wenden.

18. Kapitel.
    Da es in jener Nacht ausgemacht, oder richtiger entschieden wurde, daß meine Mutter mit mir auf dem Lande niederkommen sollte, ergriff sie ihre Maßregeln dem entsprechend. Als sie daher etwa 3 Tage oder so ungefähr, schwanger war, begann sie ihre Augen auf die Hebamme zu werfen, von der Sie schon so oft haben hören müssen; und ehe die Woche um war, hatte sie, da der berühmte
Dr.
 Manningham nicht zu haben war, in ihrem Innern einen Entschluß hierüber gefaßt: – Ungeachtet aber ein wissenschaftlich gebildeter Geburtshelfer nur 8 Meilen von uns wohnte, der überdies ausdrücklich ein Fünfschillingbuch über die Hebammenkunst geschrieben hatte, in welchem er nicht nur die Fehler dieser Schwesterschaft auseinander setzte – sondern noch überdies eine Menge merkwürdiger Verbesserungen mittheilte, um den Fötus bei Querlagen und einigen andern gefährlichen Fällen, wodurch unser Eintritt in die Welt erschwert wird, rascher herauszubringen; – trotz alle dem war meine Mutter, wie gesagt, fest entschlossen, ihr Leben und meines dazu keiner anderen Hand anzuvertrauen, als der jener alten Frau. – Nun muß ich sagen, das gefällt mir: – Wenn wir das nicht bekommen können was wir wünschen, auch das nicht zu wollen, was an Güte unmittelbar darauf kommt. Nein! das

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