Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
werth; – aber Sie haben einen Bruch in meinem Rücken gelassen; und hier vorn ist mir ein großes Stück abgefallen, – und was soll ich mit diesem Fuß anfangen? – Ich werde niemals damit bis England kommen.
Ich wundere mich nie über etwas, – und mein Urtheil hat mich so oft in meinem Leben getäuscht, daß ich ihm nie recht traue, mag es nun richtig oder unrichtig sein; – wenigstens werde ich selten wegen kühler Dinge hitzig. Aus all diesen Gründen habe ich vor der Wahrheit so viel Achtung als irgend Jemand; und wenn sie uns entschlüpft ist, so will ich gern, wenn mir nur Jemand die Hand bieten und ruhig mir darnach suchen helfen will wie nach einem Ding, das wir beide verloren haben, und ohne das wir beide nicht wohl sein können, – bis an der Welt Ende mit ihm gehen. – Aber ich hasse Wortstreite, – und möchte daher (religiöse oder gesellschaftliche Punkte ausgenommen) lieber Alles unterschreiben, was mich nicht von vornherein würgt, nur um in keinen Streit verwickelt zu werden. – Aber das Ersticken kann ich nun einmal nicht ertragen, – und üble Gerüche am wenigsten. – Aus diesen Gründen war ich von Anfang an entschlossen, wenn je die Armee der Märtyrer vermehrt, – oder eine neue errichtet werden sollte, – mich in keiner Weise dabei zu betheiligen.
130. Kapitel.
Doch um wieder auf meine Mutter zu kommen.
Die Ansicht meines Onkels Toby, Madame: »Daß es nichts habe auf sich haben können, wenn der römische Prätor Cornelius Gallus bei seiner Frau gelegen habe« – oder vielmehr die letzten Worte dieser Ansicht – (denn nur diese vernahm meine Mutter) – trafen sie am schwächsten Theile ihres Geschlechts; – aber ich bitte mich nicht mißzuverstehen, – ich meine ihre Neugierde; – sofort schloß sie daraus, daß sie selbst der Gegenstand der Unterhaltung gewesen sei, und bezog, wie man leicht begreifen wird, in dieser Voreingenommenheit jedes Wort, welches mein Vater sagte, auf sich und ihre Familienverhältnisse.
Nun, Madame, in welcher Straße wohnt die Dame, die nicht ganz dasselbe gethan haben würde?
Von der sonderbaren Art wie Cornelius starb, war mein Vater auf den Tod des Socrates hinübergesprungen, und gab meinem Onkel einen Auszug von dessen Vertheidigung vor dessen Richtern; – sie war unwiderstehlich: – ich meine nicht die Rede des Socrates, – sondern die Versuchung, die mein Vater empfand sie zu halten. – Er hatte selbst ein Jahr, ehe er sein Handelsgeschäft aufgab, das Leben des Socrates geschrieben; [Mein Vater wollte nie seine Einwilligung dazu geben, daß es gedruckt würde; es befindet sich, nebst einigen andern Abhandlungen von ihm im Manuscript in der Familie. Alle oder die meisten dieser Abhandlungen sollen seiner Zeit gedruckt werden.] ich fürchte, daß dies wesentlich dazu beitrug, ihn aus dem Geschäft zu treiben. – Somit konnte Niemand mit einem volleren Segel und einer größeren Flut heroischen Schwunges auf die Sache losgehen wie mein Vater. Kein Satz in Socrates Rede schloß mit einem kürzeren Worte als Transmigration oder Annihilation, – oder trug einen geringeren Gedanken in der Mitte als Sein oder Nichtsein – den Eintritt in einen neuen unbekannten Zustand der Dinge oder in einen langen, tiefen und friedlichen Schlaf ohne Träume oder Störungen! – oder den Satz: Daß wir und unsere Kinder geboren seien, um zu sterben, – aber keines von uns geboren sei um Sklave zu werden. – Doch nein! Da täusche ich mich; der gehört zur Rede des Eleazer, wie sie Josephus (
de Bell. Judaic.
) bringt. – Eleazer gesteht, daß er sie von einem indischen Philosophen habe. Ohne Zweifel hat Alexander der Große bei seinem Einfall in Indien, nachdem er Persien niedergeworfen, unter den vielen Dingen, die er gestohlen, auch diesen Gedanken gestohlen; auf diese Art wurde derselbe, wenn auch nicht direct durch ihn (da er bekanntlich in Babylon starb), so doch durch seine Soldateska nach Griechenland gebracht, – von Griechenland kam er nach Rom, – von Rom nach Frankreich, – und von Frankreich nach England. – So kommen die Sachen herum: –
Natürlich wenn man Landfuhrwerk benutzt, in diesem Fall wüßte ich wenigstens keinen anderen Weg.
Zur See hätte der Gedanke leicht den Ganges hinab in den Sinus Gangeticus oder die Bai von Bengalen und von da in das indische Weltmeer kommen können; wenn er dann den Handelsweg verfolgte, so mochte er (da der Weg von Indien um das Cap der guten Hoffnung damals noch unbekannt war) leicht
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