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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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in diesem Augenblick auf meiner Geige 350 Stunden weit außerhalb der Stimmung verbleiben will, ohne ihm einen einzigen Nerv zu beleidigen. – Twaddel diddel –
    twaddel diddel – twiddel diddel – twoddel diddel, – twuddel diddel; – prut – trut, – krisch – krasch – kresch. – Ich habe Sie damit zu Grunde gerichtet, mein Herr; aber ihm hat es gar nichts gethan; – und wenn nach mir Apollo selbst zur Geige griffe, er könnte ihm nicht wohler thun. Diddel diddel, diddel diddel, diddel diddel, – hum – dum – drum.
    Die Herrschaften lieben Musik, und Gott hat Sie Alle mit guten Ohren beschenkt, – und Einige von Ihnen spielen selbst ganz köstlich; – trut – prut, – prut trut.
    O es gibt einen Mann – ich könnte Tageweise dasitzen und ihm zuhören – seine Kunst besteht darin, daß er das was er geigt einem zum Gefühl bringt, – daß er mir seine Freuden und Hoffnungen einzuflößen weiß, und die verborgensten Federn meines Herzens in Bewegung setzt. – Wenn Sie fünf Guineen von mir borgen wollten, mein Herr, – was in der Regel zehn Guineen mehr ist als ich übrig habe – oder wenn Sie, meine Herren Apotheker und Schneider gern Ihre Rechnungen bezahlt bekommen möchten – dann wäre die rechte Zeit dazu.

134. Kapitel.
    Das Erste, was meinem Vater in den Kopf kam, nachdem die Verhältnisse in der Familie einigermaßen wieder in Ordnung waren und Susanna den grünseidenen Schlafrock meiner Mutter erhalten hatte – war, daß er sich nach dem Beispiele Xenophon's kaltblütig niedersetzte und eine Tristrapädia oder Erziehungslehre für mich niederschrieb. Zu dem Ende sammelte er zuerst seine eigenen zerstreuten Gedanken, Einfälle und Bemerkungen und faßte sie zu einer Verordnung über die Erziehung meiner Kindheit und meines Jünglingsalters zusammen. – Ich war der letzte Einsatz meines Vaters; – er hatte meinen Bruder Bobby vollständig verloren; – aber nach seiner Berechnung auch volle drei Viertheile von mir, – das heißt, er war in seinen ersten drei großen Würfen für mich: – meiner Zeugung, meiner Nase und meinem Namen unglücklich gewesen; – es war jetzt nur noch dieses Eine übrig. Mein Vater widmete sich daher demselben mit ebensoviel Hingebung als nur jemals mein Onkel Toby sich seiner Geschoßlehre gewidmet hatte. – Der Unterschied zwischen beiden war nur, daß mein Onkel Toby seine ganzen Geschoßkenntnisse aus Nicolaus Tartaglia holte. – Mein Vater dagegen spann die seinige, Faden für Faden, aus seinem eigenen Gehirn, – oder hatte Alles, was andere Spinner und Spinnerinnen vor ihm gesponnen hatten, so zusammengehaspelt und gedreht, daß es fast die gleiche Qual für ihn war.
    Im Lauf von drei Jahren oder etwas mehr war mein Vater fast bis in die Mitte seines Werkes gelangt. – Wie alle andern Autoren hatte auch er seine Enttäuschungen. – Er bildete sich anfangs ein, er könne Alles, was er zu sagen habe, in einen so gedrängten Raum bringen, daß, wenn es fertig und gebunden wäre, es in das Nähkästchen meiner Mutter gehen würde. – Aber die Sache wuchs ihm unter der Hand. – Niemand sollte sagen: Ich will einen Duodezband schreiben!
    Mein Vater widmete sich der Sache übrigens mit dem peinlichsten Fleiß und ging Schritt vor Schritt mit derselben Vorsicht und Umsicht (doch darf ich nicht sagen nach so ganz religiösen Grundsätzen) vor wie Johann de la Casse, Erzbischof von Benevent bei Abfassung seiner Galatea, worauf Seine Hochwürden von Benevent fast vierzig Jahre seines Lebens verwendete, und welches Werk, als es endlich heraus kam, nur etwa halb so groß oder dick war als ein Taschen-Kalender. – Wie der heilige Mann dieses anfing, wenn er nicht den größten Theil seiner Zeit damit zubrachte, daß er seinen Bart kämmte oder mit seinem Caplan
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spielte, – das herauszubringen dürfte jeden nicht in das Geheimniß eingeweihten Sterblichen in Verlegenheit bringen; – und deshalb muß ich es der Welt erklären, wäre es auch nur zur Ermuthigung der Wenigen, welche nicht sowol um ihr Brod zu verdienen als um berühmt zu werden schreiben.
    Ich gebe zu, daß, wenn der Erzbischof von Benevent Johann de la Casse, dessen Andenken ich (trotz seiner Galatea) die größte Verehrung weihe, – ein seichter Schreiber von blödem Geist, – schwachem Talent, – vernageltem Kopf u. s. w. gewesen wäre, – er und seine Galatea meinethalb bis zu Methusalem's Alter miteinander hätten fort trotteln können; – dieses

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