Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
Trim seine Wunde. sagte mein Onkel Toby. – Da war nur der Graf Solms daran Schuld, Euer Gnaden; hätte er sie bei Steinkirk gehörig durchgehauen, so würden sie uns bei Landen nicht mehr haben bekämpfen können. – Vielleicht, vielleicht auch nicht, Trim, sagte mein Onkel Toby; denn wenn sie nur den Vortheil eines waldigen Terrains für sich haben oder man ihnen einen Augenblick Zeit läßt, um sich zu verschanzen, so hören sie nicht auf, sich mit Einem herum zu schießen. Es bleibt dann nichts übrig, als kaltblütig auf sie loszugehen, – ihr Feuer auszuhalten und dann über sie herzufallen. – Mit klingendem Spiel, setzte Trim hinzu. – Mann und Roß, rief mein Onkel Toby. – Drunter und drüber, sagte Trim. – Rechts und links! rief mein Onkel Toby. – Blut und Wunden! schrie der Corporal. – Die Schlacht wütete. Yorick zog seinen Stuhl etwas bei Seite, um sich zu sichern. Nach einer kleinen Pause stimmte mein Onkel Toby seinen Ton etwas herab und fuhr in seiner Rede folgendermaßen fort:
140. Kapitel.
König Wilhelm, sagte mein Onkel Toby, wobei er sich an Yorick wendete, war so über den Ungehorsam des Grafen Solms aufgebracht, daß er ihn Monate lang nicht vor sich kommen ließ. – Ich fürchte, meinte Yorick, Herr Shandy wird über den Corporal ebenso aufgebracht sein, wie der König über den Grafen. – Aber es wäre allerdings sehr hart, fuhr er fort, wenn Corporal Trim, der so ganz im Gegensatz zu Graf Solms gehandelt hat, das Schicksal haben sollte, die gleiche Ungnade zu erfahren, – aber leider nehmen die Dinge in dieser Welt nur zu oft diesen Gang. – Ich wollte lieber eine Mine anlegen, rief mein Onkel Toby, indem er sich erhob, und meine Festungswerke und mein Haus dazu in die Luft sprengen, daß sie uns unter ihrem Schutt begrüben, als daß ich ruhig dabei stehen und das mit ansehen möchte. – Trim machte eine leichte, aber dankbare Verbeugung gegen seinen Herrn, – und damit schließt das Kapitel.
141. Kapitel.
Also Yorick, sagte mein Onkel Toby, Sie und ich, wir wollen die Avantgarde bilden, – und Ihr, Corporal, folgt einige Schritte hinter uns. – Und Susanna, sagte Trim, sollte, wenn Euer Gaden erlauben, die Arrièregarde bilden. – Die Disposition war vortrefflich; und in dieser Ordnung, doch ohne Marschschlagen oder fliegende Fahnen, rückten sie langsam vom Hause meines Onkels Toby nach Shandy Hall.
Ich wollte, sagte Trim, als sie in die Thüre eintraten, ich hätte statt der Fenstergewichte die Schnauze von der Dachrinne der Kirche abgeschnitten, wie ich einmal im Sinne hatte. – Ihr habt jetzt Schnauzen genug abgeschnitten, versetzte Yorick.
142. Kapitel.
So viele Bilder auch schon von meinem Vater gegeben wurden, und so ähnlich sie ihm immer in der verschiedenen Art des Ausdrucks und der Haltung gewesen sein mochten, – so hätte doch keines derselben und alle mit einander nicht, dem Leser zum Voraus eine Idee von dem geben können, was mein Vater bei irgend einer noch nicht dagewesenen Gelegenheit oder Begebenheit denken, sagen oder thun würde. – Es steckte eine solche unendliche Zahl von Sonderbarkeiten in ihm, und es war dem entsprechend so durchaus zweifelhaft, bei welchem Henkel er die Sache anfassen würde, – daß es jeder Berechnung spottete. – Sein Weg lag wirklich so fern ab von der Straße, welche die meisten Menschen wandelten, – daß sich ihm jeder Gegenstand von einer Seite und in einem Umriß zeigte, die total von der Gestalt und Größe verschieden war, wie ihn die übrigen Menschen erblickten. – Mit anderen Worten, es war für ihn ein anderes Ding und wurde demgemäß auch anders betrachtet.
Dies ist auch der Grund, weshalb meine theure Jenny und ich, wie auch die übrige Welt außer uns, so ewige Streitereien um nichts und wieder nichts haben. – Sie betrachtet die Dinge von ihrer Außenseite, – ich von der Innenseite. – Wie ist es da möglich, daß wir über den Werth derselben eines Sinnes sein könnten?
143. Kapitel.
Es ist eine ausgemachte Sache – ich führe das zum Trost von
Confucius
[Herr Shandy meint hier den Herrn †††, Parlamentsmitglied für †††, – und nicht den chinesischen Gesetzgeber.] an, der gar zu leicht in Verwirrung geräth, wenn er eine einfache Geschichte erzählt – daß, wenn man sich nur an den Faden der Geschichte hält, man nach Belieben rückwärts oder vorwärts gehen kann, ohne daß es für eine Abschweifung gilt.
Nachdem ich dies vorausgeschickt, nehme ich die Wohlthat,
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