Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
verständnißvoll vom rechten bis zum linken Ohr; und ließ hinter seiner schmutzigen Schnauze eine solche Perlenreihe von Zähnen sehen, daß ein Souverain seine Juwelen dagegen hätte verpfänden können.
    Gerechter Himmel! {Welche Kauer! / Welches Brod!}
    Als er mit dem letzten Mundvoll fertig war, fuhren wir in Montreuil ein.

210. Kapitel.
    Ich glaube, keine Stadt in ganz Frankreich sieht auf der Karte besser aus als Montreuil. – In dem Buch der Poststraßen sieht sie schon nicht so gut aus; – aber wenn man wirklich hineinkommt, – da sieht sie schon ganz erbärmlich aus.
    Doch gibt es gegenwärtig etwas sehr Hübsches drin, nämlich die Tochter des Gastwirths. – Sie war achtzehn Monate in Amiens und sechs in Paris und hat dort ihre Klassen durchgemacht; sie strickt und näht und tanzt und macht ihre kleinen Koketterien sehr gut.
    Die Schlampe. Während der fünf Minuten, daß ich sie anschaute, ließ sie alle jene Koketterien los und wenigstens ein Dutzend Maschen in ihrem Strickstrumpf fallen. – Ja, ja! – Ich sehe es, du schlaue Hexe! – er ist lang und fein gerundet – du brauchst ihn nicht auf deinem Knie anzustecken; – ich sehe wohl, er gehört dir, – und liegt dir genau an.
    Obwohl die Natur diesem Geschöpf ein Wort über den »Daumen einer Statue« gesagt hat!
    Da aber dieses Modell so viel werth ist als alle Daumen der Welt – und ich dabei überdies Daumen und Finger mitbekomme, für den Fall, daß sie mir von irgend etwas eine Andeutung geben können, – und der Janatone (Jeanneton) (so heißt sie nämlich) zugleich so gut zum Zeichnen sitzt, – so will ich nie wieder zeichnen, oder vielmehr mit aller Kraft Zeit meines Lebens wie ein Zugpferd ziehen [Wortspiel im Englischen
draw
, zeichnen und ziehen.] – wenn ich sie nicht in allen ihren Verhältnissen und mit einem so sicheren Stift zeichne, als ob sie in ihrem nässesten Gewande vor mir säße.
    Doch der verehrte Leser wünscht lieber, daß ich ihm die Länge, Breite und senkrechte Höhe des großen Kirchthurms oder eine Zeichnung von der Façade der Abtei St. Austreberte gebe, die von Artois hierher gebracht wurde: – da ist Alles noch gerade so wie die Steinhauer und Zimmerleute es verlassen haben; – und wird auch noch die nächsten fünfzig Jahre so bleiben, falls die christliche Religion solange dauert; – mithin kann sie der verehrte und hochwürdige Leser nach Muße selbst ausmessen. Wer aber dich ausmessen will, Jeanneton, muß es jetzt thun; – du trägst die Motive der Veränderung in deiner Gestalt; und wenn ich die Wechselfälle dieses Lebens betrachte, so möchte ich nicht einen Augenblick für dich stehen. ehe zwei Mal zwölf Monate vergehen, kannst du wie ein Kürbis auswachsen und deine Taille verlieren; – oder wie eine Blume verwelken und deine Schönheit einbüßen; – ja du kannst sogar verwelken wie eine Dirne – und dich selbst verlieren. – Ich würde nicht einmal für meine Tante Dinah stehen, wenn sie noch am Leben wäre; – ja nicht einmal für ihr Portrait, – wäre es nämlich von Reynold gemalt.
    Doch wenn ich in meiner Zeichnung noch weiter mache, nachdem ich diesen Sohn Apollo's genannt habe, will ich mich todtschießen lassen.
    Sie müssen sich daher mit dem Original begnügen, und dieses können Sie, falls der Abend schön ist, wo Sie durch Montreuil kommen, an Ihrem Kutschenschlag sehen, während Sie die Pferde wechseln; wenn Sie jedoch nicht einen so bösen Grund zum Weitereilen haben, – so bleiben Sie lieber über Nacht. – Sie hat etwas von einer Frommen; aber dies ist eine Terz gegen einen Neuner zu Ihren Gunsten, mein Herr.
    Leider Gottes konnte ich nicht einen einzigen Point zählen, so sehr war ich schon gepikt und wieder gepikt und zum Teufel gematscht.

211. Kapitel.
    Wenn ich dies Alles in Betracht ziehe und mir sage, daß zudem noch der Tod mir näher sein könnte, als ich denke – so wollte ich, ich wäre zu Abbeville, sagte ich, und wäre es nur um zu sehen, wie sie krämpeln und spinnen: – und so fuhren wir ab

von Montreuil nach Nampont
 – 
1½ Poststationen 
von Nampont nach Bernay
 – 
1 Poststation,
von Bernay nach Nouvion
 – 
1         "
von Nouvion nach Abbeville
 – 
1         "
    [Buch der französischen Postrouten Seite 36, Ausgabe 1762.]

    – aber die Krämpler und Spinner waren bereits alle zu Bett gegangen.

212. Kapitel.
    Wie große Vorteile bringt doch das Reisen! Nur erhitzt es Einen; aber dagegen gibt es ein Mittel, das Sie

Weitere Kostenlose Bücher