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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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der Hand halten. Dann brauche ich nichts weiter zu thun, sagte ich (indem ich mich zum Schlaf zurecht machte), als daß ich es dem Postillon in den Hut fallen lasse, ohne ein Wort zu sagen. – Aber dann braucht es noch zwei Sous Trinkgeld – oder kommt Einem ein Zwölf-Sousstück von Ludwig XIV. in die Hand, das nicht mehr geht, – oder sind ein Livre und einige Liards, die Monsieur vergessen hat, von der letzten Station herüber zu nehmen; dies führt zu einem Wortwechsel, und da man nicht gut im Schlaf disputiren kann, zum Aufwachen: Doch der süße Schlaf findet sich wieder und das Fleisch überwältigt wieder den Geist und könnte sich von diesen Püffen wieder erholen, – aber o Himmel! da hat man nur für eine Station bezahlt, während es 1½ sind; dies nöthigt Einen das Routenbuch herauszuziehen, das einen so kleinen Druck hat, und deshalb die Augen weit auf zu machen, man mag wollen oder nicht. Dann bietet uns der Herr Pfarrer eine Prise Tabak an, ein armer Soldat zeigt sein gelähmtes Bein, – oder ein Bettelmönch seine Büchse, – oder will die Priesterin der Cisterne unsere Räder bewässern: – sie haben es zwar nicht nöthig, aber sie schwört bei ihrer Priesterschaft, daß sie es nöthig haben: – dann hat man all diese Punkte im Geiste zu überlegen oder zu bestreiten; und darüber werden die Verstandeskräfte so vollständig wach – daß man sie nicht so leicht wieder in Schlaf bringt.
    Wenn nicht eines jener mißlichen Ereignisse eingetreten wäre, hätte ich den Marstall von Chantilly ungestört passirt.
    Da aber der Postillon zuerst behauptete, daß auf dem Zweisousstück kein Merkzeichen sei, und mir dann ins Gesicht darauf beharrte, mußte ich die Augen öffnen, um mich zu überzeugen; – da ich nun das Zeichen darauf so deutlich sah wie meine Nase, so sprang ich im Zorn aus der Kutsche und sah in Chantilly wider meinen Willen Alles. – Ich versuchte die Sache zwar nur 3½ Stationen lang, aber ich halte es für die beste Methode auf der Welt, um schnell zu reisen; denn da in einer solchen Stimmung wenig Dinge sehr einladend aussehen, – so hält Einen wenig oder nichts auf; auf diese Art passirte ich St. Denis, ohne daß ich auch nur den Kopf nach der Abtei drehte.
    Sie soll einen reichen Schatz haben! Plunder und Unsinn! – Ihre Juwelen ausgenommen, die aber alle falsch sind, gäbe ich nicht drei Sous für irgend etwas, was darin ist, mit Ausnahme von Zaidas' Laterne, – und auch für die nur, weil es jetzt gerade dunkel wird und sie somit von Nutzen sein könnte.

218. Kapitel.
    Klatsch, klatsch, – klatsch, klatsch, – klatsch, klatsch; – das ist also Paris, sagte ich (meine Stimmung war noch immer dieselbe) – das ist Paris! – hem! – Paris! wiederholte ich zum dritten Male, –
    die erste, schönste, prächtigste!
    Aber die Straßen sind schmutzig.
    Es sieht wohl besser aus als es riecht. – Klatsch, klatsch, – klatsch, klatsch; – was machst du für einen Lärm! – als ob die guten Leute durchaus wissen müßten, daß ein Mann mit einem bleichen Gesicht, und in einem schwarzen Anzug die Ehre hat, um neun Uhr Abends von einem Postillon in einer schwarzgelben, mit rothem Kalamank ausgeschlagenen Jacke nach Paris hineingefahren zu werden! – Klatsch, klatsch, – klatsch, klatsch, – klatsch, klatsch. – Ich wollte, deine Peitsche wäre –
    Aber es ist ja der Geist deiner Nation, so knalle nur zu.
    Ha! – und Niemand läßt uns beim Ausweichen den Weg an der Mauer! – aber wie kann man denn anders, wenn in dieser Schule der Gesittung die Mauern versch— sind.
    Und warum zünden sie denn keine Laternen an? – O das geschieht in den Sommermonaten nie! – Hollah! wir haben jetzt die Zeit der Salate. – Wundervoll! Salat und Suppe, – Suppe und Salat, – und
encore
Salat und Suppe –
    Das ist zuviel für sündhafte Menschen!
    Ich kann diese Barbarei nicht ertragen. Wie kann dieser gewissenlose Kutscher so viel Zoten gegen dieses dürre Rößlein schleudern? Seht ihr denn nicht, Freund, daß die Straßen so schändlich enge sind, daß in ganz Paris nicht so viel Raum ist, um einen Schiebkarren zu wenden? In der größten Stadt der Welt hätte es nicht schaden können, wenn man sie um einen Gedanken breiter gemacht hätte; ja wäre in jeder Straße nur so viel Platz. daß ein Mensch (wäre es auch nur zu seiner eigenen Befriedigung) wüßte, auf welcher Seite der Straße er eigentlich geht. Eins – zwei – drei – vier – fünf – sechs –

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