Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
Grundstück in Besitz zu nehmen, und dort ihren Feldzug so frühe wie die übrigen Alliirten zu eröffnen, – daß sie einen der nothwendigsten Gegenstände der ganzen Geschichte vergessen hatten; es war dies weder Spaten, noch Spitzhaue, noch Schaufel; – es war ein Bett, um darin zu schlafen; und da Shandy Hall damals noch nicht mit Möbeln ausgerüstet und das kleine Gasthaus, wo der arme Le Fever starb, noch nicht gebaut war, – so sah sich mein Onkel Toby genöthigt, für eine oder zwei Nächte ein Bett bei Frau Wadman anzunehmen, bis Corporal Trim (der zu der Eigenschaft eines trefflichen Kammerdieners, Reitknechts, Kochs, Schneiders, Arztes und Ingenieurs auch die eines vorzüglichen Tapezierers fügte) mit Hilfe eines Zimmermanns und einiger Näherinnen ein solches im Hause meines Onkels Toby hergestellt hatte.
Eine Tochter Eva's – und das war die Wittwe Wadman, und der einzige Charakter, den ich ihr beizulegen gedenke, ist: »daß sie ein vollendetes Weib war« – hätte besser daran gethan fünfzig Stunden weiter weggeblieben zu sein, – oder in ihrem warmen Bett, – oder mit einem Küchenmesser – oder sonst etwas zu spielen, – als einen Mann zum Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit zu machen, wo Haus und Möbel ihr gehörten.
Es hat nichts auf sich, draußen und im hellen Tageslicht, wo ein Weib physisch gesprochen, die Macht hat, einen Mann in mehr als einem einzigen Lichte zu betrachten; – in ihrem Hause aber kann sie ihn ums Leben überhaupt in keinerlei Lichte sehen, ohne etwas von ihrem Hab und Gut mit ihm in Verbindung zu setzen, – bis er endlich in Folge solcher wiederholter Verbindungen vollständig in ihr Inventar aufgenommen wird.
Und dann gute Nacht!
Es ist dies jedoch nicht Systemssache, das habe ich schon oben auseinandergesetzt; – es ist auch nicht Glaubenssache, – denn ich lege für keinen Menschen ein Glaubensbekenntniß ab als für mich selbst; – noch Thatsache, wenigstens so viel ich weiß; sondern eine copulative und für das Folgende introductorische Sache.
253. Kapitel.
Ich spreche hier nicht von dem mehr oder weniger groben Zeug, aus dem sie gemacht sind, oder ihrer Sauberkeit, – noch von der Stärke ihrer Achselstücke, – aber frage ich, unterscheiden sich die Nachthemden nicht in dieser besondern Beziehung ebenso sehr von den Taghemden, als in jeder anderen – daß sie diese in der Länge so überragen, daß sie, wenn man sich in ihnen niederlegt, fast ebensoweit über die Füße hinausgehen, als die Taghemden nicht bis an diese reichen?
Die Nachthemden der Wittwe Wadman waren (wahrscheinlich nach der Mode zur Zeit König Williams und der Königin Anna) nach diesem Muster geschnitten; und wenn die Mode inzwischen anders geworden ist (in Italien zum Beispiel sind sie bis auf Null eingegangen), – um so schlimmer für das Publikum. Damals waren sie 2½ flandrische Ellen lang, so daß wenn man für eine Frau von mittlerer Größe zwei Ellen annimmt, sie noch eine halbe Elle übrig hatte, mit der sie anfangen konnte was sie wollte.
Nun war es von einer kleinen Gunstbezeigung nach der andern in den vielen kalten und dezemberlichen Nächten einer siebenjährigen Wittwenschaft allmählich dahingekommen und gehörte seit den letzten zwei Jahren zu einer der Schlafzimmerverordnungen, – daß sobald Frau Wadman zu Bett gegangen war und ihre Beine bis ans Ende desselben ausgestreckt hatte, wovon sie Brigitte immer benachrichtigte, – diese, Brigitte, mit allem gehörigen Anstand zuerst das Bettzeug am Fuß öffnete, die oben berührte übrige halbe Elle vom Nachthemd ergriff, und nachdem sie es sanft mit beiden Händen so weit es ging herabgezogen und es dann wieder in 4–5 glatten Falten seitwärts zusammengelegt hatte, eine große Stecknadel aus ihrem Aermel nahm und mit der Spitze gegen sich die Falten alle etwas über dem Saum fest zusammenheftete, worauf sie Alles dicht an den Füßen in das Bett hineinsteckte und ihrer Gebieterin gute Nacht wünschte.
Dies war ein für alle Mal so, mit der einzigen Abwechselung, daß wenn Brigitte in schaurigen, stürmischen Nächten das Bett unten herabsteckte, sie dabei keinem andern Thermometer als den ihrer eigenen Empfindung zu Rathe zog, und so jenes stehend, – knieend, – oder hockend verrichtete, je nach dem Grad von Glaube, Liebe und Hoffnung, den sie in der betreffenden Nacht für ihre Gebieterin empfand. In jeder anderen Beziehung wurde die Etikette heilig gehalten und hätte sich mit der
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