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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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der Mensch hat die Sache aber gebeichtet, dadurch wird der Stoß gemildert, und in kürzester Zeit bringt die Absolution vollkommene Heilung. O Papstthum, o Pfaffenthum! was hast du Alles zu verantworten! – Nicht zufrieden mit den vielen natürlichen schlimmen Wegen, auf denen das Herz des Menschen täglich sich selbst hinters Licht zu führen sucht, – hast du diesem unvorsichtigen Wanderer noch absichtlich das offene Thor des Betrugs vor die Nase gerückt – diesem Menschen, der leider Gottes nur zu sehr geneigt ist, von selbst schon in der Irre zu schweifen und sich vertrauensvoll in Frieden zu lullen, wo doch kein Frieden ist.
    Diese allgemeinen, dem Leben entnommenen Beispiele sind zu bekannt, um eines Beweises zu bedürfen. Wenn Jemand an ihrer Thatsächlichkeit zweifeln oder es für unmöglich halten sollte, daß ein Mensch so an sich selbst zum Betrüger werden könne, – muß ich ihn an sein Nachdenken verweisen, und sein eigenes Herz wird mein Wort bestätigen müssen.
    Wenn der Mensch bedenkt, wie sehr verschieden der Grad von Abscheu ist, womit man eine Menge schlechter Handlungen betrachtet, die ihrer Natur nach doch ganz gleich schlecht und verwerflich sind – so wird er bald finden, daß diejenigen derselben, zu denen ihn eine starke Neigung und Gewohnheit hingetrieben hat, gewöhnlich mit all den falschen Reizen, die ihnen eine sanfte, schmeichlerische Hand verleihen kann, ausgestattet und ausgemalt werden; – und daß die anderen, zu denen er keine Neigung verspürt, ihm in ihrer ganzen Nacktheit und Abscheulichkeit erscheinen und all die wirklichen Kennzeichen der Thorheit und Schlechtigkeit an sich tragen.
    Als David den schlafenden Saul in der Höhle beschlich und ihm einen Zipfel seines Gewands abschnitt – da lesen wir, daß ihm das Herz wegen seiner That schlug; – aber in der Angelegenheit des Uriah, wo ein getreuer und tapferer Dieser, den er allen Grund zu lieben und zu ehren hatte, fallen mußte, damit er seine Lüste befriedigen konnte – wo das Gewissen also weit mehr Grund gehabt hätte in Aufruhr zu gerathen, da schlug ihm das Herz nicht. Fast ein ganzes Jahr war seit Verübung dieses Verbrechens vergangen, bis Nathan gesandt wurde, um ihm Vorhalt darüber zu machen, und wir lesen nirgend, daß er die geringste Reue oder Zerknirschung über seine That während dieser ganzen Zeit kund gegeben hätte.
    So nimmt das Gewissen, dieser einst so gewaltige Mahner, der als ein Richter in uns bestellt ist und der nach der Absicht unseres Schöpfers ein gerechter und unparteiischer Richter sein sollte,. – in Folge einer unseligen Reihe von Beweggründen und Hindernissen oft eine so unvollkommene Kenntniß von dem was vorgeht, – thut seine Pflicht so nachlässig – bisweilen so parteiisch – daß man sich durchaus nicht darauf verlassen kann, und deshalb halten wir es für nothwendig, für durchaus nothwendig, noch ein anderes Princip mit ihm zu verbinden, um seinen Entschlüssen nachzuhelfen, wo nicht sie zu lenken.
    Wenn ihr euch daher ein richtiges Urtheil über das bilden wollt, was für euch von größter Wichtigkeit ist, damit ihr nicht irre geht, – nämlich über die Frage, welchen Grad von Verdienst ihr wirklich besitzet, sei es als ein ehrlicher Mann, oder als ein nützlicher Bürger, als ein getreuer Unterthan eures Königs oder als ein frommer Diener eures Gottes – so müßt ihr noch Religion und Sittlichkeit beiziehen. Was steht in dem Wort Gottes geschrieben? – Wie liesest du es?
    Ziehe die ruhige Vernunft und die unwandelbaren Verpflichtungen der Rechtschaffenheit und Wahrheit zu Rathe; – was sagen sie dir?
    Dann mag dein Gewissen auf Grund der Berichte dieser die Sache entscheiden; – und wenn dich dein Herz dann nicht verdammt, welches der Fall ist, den der Apostel annimmt – dann wird die Regel unfehlbar sein; – (Hier schlief
Dr.
 Slop ein.) – Du wirst Vertrauen zu Gott haben; – das heißt, du wirst einen guten Grund haben, um zu glauben, daß das Urtheil, das du über dich selbst gefällt hast, das Urtheil Gottes ist; daß es nichts anderes ist als ein Vorschmack jenes gerechten Richterspruches, welcher dereinst durch dasjenige Wesen über dich ausgesprochen werden wird, welchem du am Ende aller Dinge über dein Thun und Lassen wirst Rechenschaft ablegen müssen.
    Selig wird dann wirklich der Mensch sein, wie Jesus Sirach sagt, der nicht durch die Menge seiner Sünden gestachelt wird; selig wird der Mensch sein, den sein Herz nicht verdammt hat;

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