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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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sind als er.
    Auch dies ist ein schweres Uebel unter der Sonne, und ich glaube, es gibt kaum einen mißverstandeneren Glaubenssatz, der zu seiner Zeit mehr Unheil angerichtet hat. Als allgemeinen Beweis hiefür prüfen wir einmal die Geschichte der römisch-katholischen Kirche; – (Nun, was wollen Sie denn da herausbringen? rief
Dr.
 Slop) – betrachten wir all die Scenen der Grausamkeit, des Mords, der Gewaltthat, des Blutvergießens – (Daran war nur die eigene Halsstarrigkeit der Leute Schuld! schrie
Dr.
 Slop) – welche durch eine Religion, die sich nicht streng in den Grenzen der Sittlichkeit hielt, geheiligt wurden.
    In wie vielen Reichen dieser Welt – (Hiebei fuhr Trim mit der rechten Hand von dem Blatt hinaus soweit er den Arm strecken konnte und wieder herein, und machte so fort bis zum Schluß des Paragraphen.)
    In wie vielen Reichen dieser Welt hat das abenteuernde Schwert der Kreuzfahrer, dieser mißleiteten fahrenden Heiligen weder Alter noch Verdienst, weder Geschlecht noch Stand verschont? und da sie unter der Fahne einer Religion fochten, die sie von Recht und Menschlichkeit dispensirte, zeigten sie auch keine; unbarmherzig traten sie auf beiden herum, hörten weder auf das Geschrei der Unglücklichen noch fühlten sie Mitleid mit ihrem Elend.
    (Ich war in mancher Schlacht, Euer Gnaden, sagte Trim mit einem schweren Seufzer, aber niemals in einer so traurigen: – ich hätte keinen Schuß gegen solche arme Teufel thun können, – und wenn man mich dafür zum General gemacht hätte. – Was verstehen Sie von der Sache? fragte
Dr.
 Slop und blickte Trim mit etwas mehr Verachtung an, als das ehrliche Herz des Corporals verdiente. – Was wissen Sie von der Schlacht, Freund, von der Sie da reden? – Ich weiß, erwiderte Trim, daß ich niemals einem Mann den Pardon verweigerte, der darum bat: – ehe ich aber auf ein Weib oder Kind anlegte, fuhr Trim fort, wollte ich doch lieber mein Leben tausend Mal verlieren. – Da hast du eine Krone, Trim, vertrinke sie heute Abend mit Obadiah, sagte mein Onkel Toby, ich will dem Obadiah auch eine geben. – Gott segne Euer Gnaden, sagte Trim, ich wollte lieber, die armen Weiber und Kinder hätten das Geld. – Du bist ein braver Bursche, sagte mein Onkel Toby. – Mein Vater nickte mit dem Kopf, als wollte er sagen: – Das ist er auch! –
    Aber Trim, sagte mein Vater, mache daß du jetzt fertig wirst, – ich sehe, du hast noch eine oder zwei Seiten.
    Corporal Trim las weiter:)
    Wenn das Zeugniß vergangener Jahrhunderte in dieser Sache nicht genügt, – so darf man ja nur hinsehen. wie die Anhänger dieser Religion täglich Gott durch Handlungen zu dienen und zu ehren wähnen, welche für sie selbst eine Schande und ein Schimpf sind.
    Um uns hiervon zu überzeugen, treten wir einen Augenblick in die Kerker der Inquisition (Gott steh meinem armen Bruder Tom bei!). Hier sitzt die Religion mit der Barmherzigkeit und dem Recht in Ketten zu ihren Füßen auf einem schwarzen Richterstuhl, der auf Folter- und Marterwerkzeugen ruht. – Horch! – Horch dieses jämmerliche Stöhnen! – (Hier wurde Trims Gesicht aschgrau) – Seht hier den Unglückseligen, der den Schrei ausgestoßen hat (Thränen begannen ihm die Wange herabzuträufeln) – eben hat man ihn herangeschleppt, damit er die Nöthen eines Scheinverhörs durchmache und all die Qualen leide, die ein wohl durchdachtes System der Grausamkeit ersonnen hat – (der Teufel hole sie Alle, rief Trim, der jetzt wieder blutroth im Gesicht wurde) – Seht nun, wie das hilflose Opfer seinen Peinigern überliefert wird – seht diesen von Kummer und Kerkerhaft verwüsteten Leib (O das ist mein Bruder, rief der arme Trim in höchster Leidenschaft, ließ die Predigt fallen und schlug die Hände zusammen – ja so geht's dem armen Tom! – Das Herz meines Vaters und meines Onkels Toby empfanden das größte Mitleid mit dem Schmerz des armen Menschen, Slop selbst zeigte einige Teilnahme. – Aber Trim, sagte mein Vater, das ist ja keine Geschichte – du liesest ja nur eine Predigt; komm, fang den Satz noch einmal an.) Seht nun wie das hilflose Opfer seinen Peinigern überliefert wird, seht diesen von Kummer und Kerkerhaft verwüsteten Leib, wie jeder Nerv, jede Muskel bebt.
    Seht, wie sich jetzt jene schreckliche Maschine bewegt (Lieber wollte ich in die Mündung einer Kanone schauen, sagte Trim stampfend) – wie ihn der Krampf des Schmerzes verdreht und verzerrt – in welch' gezwungener Lage er jetzt

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