Lebens-Mittel
Weizengluten, Hefe, Zellulose. Enthält 2 % oder weniger von jeder der folgenden Zutaten: Honig, Calciumsulfat, Pflanzenöl (Soja- und/oder Baumwollsamenöl), Salz, Butter (Rahm, Salz), Teigemulgatoren (kann eine oder mehrere der folgenden Substanzen enthalten: Mono- und Diglyceride, ethoxylierte Mono- und Diglyceride, Ascorbinsäure, Enzyme, Azodicarbonamid), Guarkernmehl, Calciumpropionat (Konservierungsmittel), destillierter Essig, Hefe-Nährsalze (Monocalciumphosphat, Calciumsulfat, Ammoniumsulfat), Maisstärke, natürliche Aromen, Beta-Carotin (Farbe), Vitamin D 3 , Sojalecithin, Sojamehl.
Über diesen komplizierten Laib »Brot« ließe sich vieles sagen. Aber selbst wenn Ihre Uroma ihn hat durchgehen lassen (weil er ein Laib Brot ist, oder zumindest so genannt wird und eine starke Ähnlichkeit mit ihm hat), hält das Produkt keinem der Kriterien stand, die ich bei Regel Nummer zwei aufgeführt habe: Es enthält unbekannte Zutaten (von Monoglyceriden habe ich ja schon einmal gehört, aber ethoxylierte Monoglyceride?); unaussprechliche Zutaten (Beispiel: »Azodicarbonamid«); es hat mehr als die maximal erlaubten fünf Zutaten (nämlich rund sechsunddreißig mehr); und es enthält fructosereichen Maissirup. Tut mir leid, Sara Lee, aber Ihr »Soft & Smooth Whole Grain White Bread« ist kein Lebensmittel und könnte ohne die Nachsicht der FDA noch nicht einmal als »Brot« bezeichnet werden.
Aber es wäre gut als Denkmal für das Zeitalter des Nutritionismus geeignet. Es verkörpert die neueste Nährstoffweisheit von Wissenschaft und Behörden (die in ihrer jüngsten Lebensmittelpyramide empfehlen, mindestens die Hälfte unseres Getreideverzehrs sollte von Vollkorngetreide stammen), lockert diese Weisheit aber durch die kommerzielle Erkenntnis auf, dass amerikanische Esser (und insbesondere amerikanische Kinder) inzwischen einen hochgradig ausgemahlenen Weizen vorziehen – der also watteweich, schneeweiß und pappsüß auf der Zunge liegt. In ihren Marketingunterlagen behandelt Sara Lee diese Interessenkollision als eine Art gordischen Knoten – dort ist vom ehrgeizigen Streben nach einem Laib Brot »ohne Kompromisse« die Rede -, den offenbar nur die allerspitzfindigste Lebensmittelwissenschaft durchtrennen kann.
Mit der Erfindung von Vollkornweißbrot hat sie das tatsächlich geschafft. Weil der geringe Prozentsatz Vollkorngetreide das Brot sehr viel weniger süß als zum Beispiel rein weißes Wonder Bread machen würde – das sich fast schon vor dem Kauen in Glucose verwandelt -, haben die Lebensmittelwissenschaftler zum Ausgleich fructosereichen Maissirup und Honig zugesetzt; um die für Gaumen und Zähne problematische Herzhaftigkeit von echtem Brot aus Vollkorngetreide zu übertünchen und die Konsistenz von Supermarktweißbrot vorzutäuschen, haben sie »Teigemulgatoren« eingesetzt – unter anderem Guarkernmehl und das bereits erwähnte Azidocarbonamid. Durch die Beimengung bestimmter Albinoweizensorten konnte die tödliche, aber offenbar attraktive Wonder-Bread-Blässe erhalten bleiben.
Wer hätte je gedacht, Wonder Bread würde zu einem Ideal ästhetischer und geschmacklicher Vollkommenheit werden, dem Bäcker unbedingt nacheifern wollen – eine Mona Lisa von Sara Lee sozusagen?
Die Lebensmittelwissenschaft bemüht sich, traditionelle Lebensmittel nahrhafter zu machen; dadurch macht sie sie zwar häufig wesentlich komplizierter, aber nicht zwangsläufig besser für Sie. Um Milchprodukte fettarm zu machen, reicht es nicht, das Fett zu entfernen. Anschließend müssen Sie alles Mögliche tun, um den Körper bzw. die cremige Konsistenz zu bewahren – Sie müssen einen Haufen Zusatzstoffe beimengen. Bei fettarmer oder entrahmter Milch bedeutet das im Allgemeinen den Zusatz von Milchpulver. Aber Milchpulver enthält oxidiertes Cholesterin, das Wissenschaftlern zufolge für die Arterien sehr viel schlimmer ist als gewöhnliches Cholesterin; die Lebensmittelhersteller kompensieren das durch den Zusatz von Antioxidanzien, sodass ein ehedem aus einer einzigen Zutat bestehendes vollwertiges Lebensmittel noch komplizierter wird. Die Entfernung der Fette erschwert es außerdem Ihrem Körper, jene fettlöslichen Vitamine zu resorbieren, deretwegen die Milch unter anderem getrunken wird.
Und all diese heroische und manchmal kontraproduktive Lebensmittelwissenschaft wird im Namen unserer Gesundheit unternommen – sodass Sara Lee auf die Plastikverpackung ihres Brotes die magischen Worte »gute Quelle für
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