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Lebens-Mittel

Lebens-Mittel

Titel: Lebens-Mittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Pollan
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haben; Mineralwässer mit Proteinzusatz; milchfreie Kaffeeweißer; käseähnliche Esswaren, zu denen Kühe keinerlei Beitrag geleistet haben; kleine kuchenähnliche Zylinder mit cremeartiger Füllung, die Twinkies heißen und nie schlecht werden. Essen Sie nichts, was nicht verderben kann , wäre eine weitere Ernährungsstrategie, die Sie vielleicht übernehmen sollten.
    Auch abgesehen von den diversen chemischen Zusätzen und den Mais- und Sojaderivaten, den diese komplizierten Nahrungsmittelprodukte enthalten, gibt es viele Gründe, sie nicht zu essen. Zu den Problemen mit diesen Produkten der Lebensmittelwissenschaft gehört, dass sie, wie Joan Gussow hervorgehoben hat, Ihren Körper belügen; ihre künstlichen Farben und Aromen, ihre synthetischen Süßungsmittel und neuartigen Fette verwirren die Sinne, auf die wir uns verlassen, wenn wir neue Lebensmittel einschätzen und unseren Körper auf ihre Verarbeitung vorbereiten. Bei Lebensmitteln, die uns anlügen, haben wir kaum eine andere Wahl, als uns beim Essen nach den Kalorien zu richten und eher das Etikett als unsere Sinne zu befragen.
    Es stimmt: Lebensmittel werden schon lange bearbeitet, um sie haltbar zu machen – wir legen sie sauer ein, vergären oder räuchern sie; die industrielle Bearbeitung indes hat ganz andere Ziele als lediglich eine Verlängerung der Haltbarkeit. Nahrungsmittel werden heute auf eine Weise bearbeitet, die speziell darauf angelegt ist, dass wir mehr von ihnen kaufen; das wird dadurch erreicht, dass sie unsere evolutionär angelegten Knöpfe drücken – sie setzen auf unsere angeborene Vorliebe für Süßes, Fettiges und Salziges. Diese Attribute sind in der Natur schwer zu finden, für Lebensmittelwissenschaftler aber billig und einfach einzusetzen. Die Folge: Die Bearbeitung verleitet uns dazu, von diesen ökologischen Raritäten mehr zu essen, als uns guttut. »Schmeckt super, sättigt weniger!«, könnte das Motto der meisten weiterverarbeiteten Nahrungsmittel sein, die im Vergleich zu den meisten vollwertigen Lebensmitteln eine sehr viel höhere Energiedichte haben: Sie enthalten viel weniger Wasser, Ballaststoffe und Mikronährstoffe, aber im Allgemeinen deutlich mehr Zucker und Fett, sodass man für sie den Marketingslogan »Dicker werden ohne Nährstoffe« prägen könnte.
    Die Uroma-Regel sorgt dafür, dass viele dieser Produkte nicht in Ihrem Einkaufswagen landen. Aber nicht alle. Denn weil die FDA nach 1973 den Lebensmittelherstellern erlaubte, die Identität »traditioneller Lebensmittel, die jeder kennt«, ungehindert zu verändern, ohne sie als Fälschungen kennzeichnen zu müssen, könnte Ihrer Uroma leicht weisgemacht werden, ein Laib Brot oder ein Stück Käse wäre wirklich ein Laib Brot oder ein Stück Käse. Deshalb brauchen wir eine etwas detailliertere persönliche Strategie, die auch diese verfälschten Nahrungsmittel erfasst, nämlich:
     
    Meiden Sie Lebensmittelprodukte, die a) Ihnen unbekannte, b) unaussprechliche, c) mehr als fünf Zutaten oder d) fructosereichen Maissirup enthalten. Keins dieser Charakteristika, noch nicht einmal das letzte, ist an sich zwangsläufig schädlich, aber alle sind ein zuverlässiger Hinweis auf ein Nahrungsmittel, das so stark bearbeitet ist, dass es nicht mehr das ist, was es zu sein behauptet. Es ist von einem Lebensmittel zu einem Nahrungsmittelprodukt geworden.
    Nehmen Sie einen Laib Brot, eins der »traditionellen Lebensmittel, die jeder kennt« und deren Schutz in der Imitat-Vorschrift von 1938 betont wurde. Wie Ihre Oma Ihnen sagen könnte, wird Brot traditionellerweise aus einer bemerkenswert kleinen Anzahl vertrauter Zutaten hergestellt: Mehl, Hefe, Wasser und eine Prise Salz genügen. Aber industriell hergestelltes Brot – auch industriell hergestelltes Brot aus dem vollen Korn – ist zu einem sehr viel komplizierteren Produkt der modernen Lebensmittelwissenschaft geworden (von Kommerz und Hoffnung ganz zu schweigen). Hier die vollständige Liste für »Sara Lee’s Soft & Smooth Whole Grain White Bread« – also Sara Lee’s locker-weiches Weißbrot aus dem vollen Korn. (Moment mal – ist »Weißbrot aus dem vollen Korn« nicht ein Widerspruch in sich? Offenbar nicht mehr.)
    Angereichertes Weißmehl [Weizenmehl, gemälztes Gerstenmehl, Niacin, Eisen, Thiaminmononitrat (Vitamin B 1 ), Folsäure], Wasser, Vollwertgetreide [Weizenmehl aus dem vollen Korn, Mehl von ungeschältem Reis (Reismehl, Reiskleie)], fructosereicher Maissirup [ aber hallo! ], Molke,

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