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Lebens-Mittel

Lebens-Mittel

Titel: Lebens-Mittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Pollan
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Vollkorngetreide« schreiben darf und eine Lebensmittelfirma um die noch magischeren Worte »fettarm« einen gigantischen Reklamehype veranstalten kann. Was uns zu einer Ernährungsstrategie bringt, die einem gesundheitsbewussten Esser nicht unbedingt sofort einleuchten wird:
     
    Meiden Sie Nahrungsprodukte, die behaupten, gesund zu sein. Damit ein Nahrungsprodukt sich auf seiner Verpackung als gesundheitsförderlich anpreisen kann, muss es zunächst einmal eine Verpackung haben, und deshalb lässt sich aus dem Stegreif sagen, dass es wahrscheinlich eher ein weiterverarbeitetes als ein vollwertiges Lebensmittel ist. Generell gesagt haben nur die großen Lebensmittelfirmen das nötige Kleingeld, um ihre Gesundheitsbehauptungen von der FDA zertifizieren zu lassen und dann in die Welt hinauszuposaunen. Vor kurzem jedoch haben auch einige der schickeren Obst- und Nusssorten begonnen, mit ihren gesundheitsförderlichen Eigenschaften zu protzen; wahrscheinlich werden es noch mehr werden, denn jeder Nutzpflanzenklub schnorrt sich das Geld zusammen, um eine eigene wissenschaftliche Studie in Auftrag geben zu können. Weil alle Pflanzen Antioxidanzien enthalten, ist garantiert, dass all diese Studien irgend etwas finden werden, auf das sich eine gesundheitsorientierte Marketingkampagne aufbauen lässt.
    Meist jedoch sind es die Produkte der Lebensmittelwissenschaft, die mit den kühnsten Gesundheitsbehauptungen um sich werfen – die aber oft auf jenem unvollständigen und häufig fehlerhaften Wissen beruhen, das zu den zweifelhaften Früchten des Nutritionismus gehört. Denken Sie daran: Von der transfettreichen Margarine, einem der ersten industriellen Produkte, das von sich behauptete, gesünder zu sein als das traditionelle Lebensmittel, das es ersetzte, stellte sich heraus, dass es Herzinfarkte verursacht. Auf enormen Druck der Industrie hin hat die FDA es den Lebensmittelfirmen nach diesem Debakel nur leichter gemacht, immer zweifelhaftere Gesundheitsbehauptungen aufzustellen. Beispiel gefällig? Frito-Lay, der laut eigenen Angaben weltweit führende Snackproduzent, lässt jetzt auf einige seiner Tüten drucken, der Verzehr dieser Chips wäre irgendwie gut für Ihr Herz. Wenn Sie sich dann die Mühe machen, die Gesundheitsbehauptungen aufmerksam durchzulesen (was Verbraucher selten tun, dafür haben die Vermarkter gesorgt), werden Sie feststellen, dass sie oft wesentlich weniger halten, als sie versprechen.
    Sehen Sie sich zum Beispiel die jüngste von der FDA bestätigte »qualifizierte« Gesundheitsbehauptung für (nicht lachen!) Maiskeimöl an. (»Qualifiziert« ist eine ganz neue Gesundheitsbehauptungskategorie, die 2002 auf Betreiben der Industrie eingeführt wurde.) Wie Sie sich erinnern werden, hat Maiskeimöl einen besonders hohen Anteil an Omega-6-Fettsäuren, von denen wir sowieso schon viel zu viel konsumieren.
    Sehr begrenzte und vorläufige wissenschaftliche Indizien deuten darauf hin, dass der tägliche Verzehr von einem Esslöffel (16 Gramm) Maiskeimöl aufgrund seines Gehalts an ungesättigtem Fett das Risiko für Herzkrankheiten verringern könnte.
    Der Esslöffel ist ein besonders ergiebiger Ansatz, weil er das Bild heraufbeschwört, wie Mütter ihren Kindern eine Medizin oder vielleicht auch Lebertran verabreichen. Aber was die FDA mit der einen Hand gibt, nimmt sie mit der anderen wieder weg. Hier die kleingedruckte »Qualifizierung« für die bereits ausgesprochen zurückhaltende Gesundheitsbehauptung:
    [Die] FDA kommt zu dem Schluss, dass diese Behauptung kaum durch wissenschaftliche Beweise erhärtet wird.
    Und um die Sache noch verwirrender zu machen:
    Um diesen möglichen Nutzen zu erzielen, sollte das Maiskeimöl eine ungefähr gleiche Menge gesättigtes Fett ersetzen und nicht Ihre tägliche Gesamtkalorienanzahl erhöhen.
    Dieses kleine Meisterwerk pseudowissenschaftlicher Bürokratensprache wurde der FDA von Mazola-Maiskeimöl abgepresst. Es zeigt, dass »qualifiziert« ein offizieller FDA-Euphemismus für »praktisch bedeutungslos« ist. Obwohl irgendjemand auch die Verbraucher in dieses Spiel eingeweiht haben könnte: FDA-eigene Untersuchungen zeigen, dass die Verbraucher keine Ahnung haben, was sie mit qualifizierten Gesundheitsbehauptungen anfangen sollen (wie sollten sie auch?); zudem erlauben die FDA-Regeln den Firmen, die Behauptungen so zu bewerben, wie sie wollen – sie können die Behauptung riesengroß und die Einschränkungen winzig klein drucken. Zweifellos haben wir auch bei

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