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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Schyman, hatte im Zuge der Einsparmaßnahmen auf sein privilegiertes Eckzimmer verzichtet und sich freiwillig in eine Art Besenkammer hinter der Leserbriefredaktion zurückgezogen, und das bereute er mit jedem Tag mehr. Der einzige Vorteil seines Umzugs war der unmittelbare Kontakt zur Redaktion, außerdem konnte er in seinem Zimmer sitzen und die Arbeit im Großraumbüro beobachten.
    Obwohl es gerade erst n Uhr vormittags war, herrschte dort draußen eine Aktivität, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Jetzt wurde die Online-Ausgabe rund um die Uhr aktualisiert, mit Ausnahme von ein paar toten Stunden zu nachtschlafender Zeit, und zwar nicht nur die Textbeiträge, sondern auch die Fernseh- und Radioclips und die Anzeigen. Die immer zeitigeren Andrucktermine der Papierausgabe waren der Grund, dass die übliche Produktion mehr und mehr vorgezogen wurde und mittlerweile hauptsächlich am Tag erfolgte, und das war neu.
    Früher wurden Boulevardzeitungen in der Nacht zusammengeschrieben, meist von einer Bande raubeiniger, biertrinkender Redakteure mit roten Augen und nikotingelben Schreibmaschinenfingern. Solche Urviecher waren bei kaum einer Zeitung mehr zu finden. Entweder hatten sie sich der neuen Zeit angepasst, den Alkohol weggeschlossen und die Schuhe geputzt, oder aber sie waren im Zuge der Einsparprogramme ausge mustert und mit einer Abfindung in Frührente geschickt worden.
    Anders Schyman entfuhr ein tiefer Seufzer.
    Das Gefühl, dass etwas im Begriff war, ihm zu entgleiten, war im Laufe der Jahre immer stärker geworden. In der letzten Zeit hatte sich eine Ahnung eingestellt, was es war: der eigentliche Sinn der Arbeit, der elementare Journalismus.
    Inzwischen war es so wichtig, die Internetausgabe der Zeitung lange vor der Konkurrenz auf den neuesten Stand zu bringen, dass darüber manchmal vergessen wurde, dass man ja auch etwas zu berichten haben musste.
    Er erinnerte sich noch an den Spott, der früher immer von der Konkurrenz ausgekippt wurde, damals, als das
Abendblatt
Schwedens auflagenstärkste Zeitung war: die größte, aber nie die erste. Die dickste, aber nie die beste.
    Jetzt ging alles viel schneller, auf Kosten von Wahrheit und einem Gedanken an die Konsequenzen.
    Es ist nicht alles Mist, zwang er sich zu denken.
    Sie machten inzwischen wieder eine verdammt gute Zeitung. Annika Bengtzons Insiderstory über die Nobel-Morde zum Beispiel oder Berit Hamrins kritischer Artikel über Terrorismus und Patrik Nilssons Interview mit einem Dokusoap-Sternchen, das offen über seine Essstörungen sprach.
    Das Problem war nur, dass das alles schnell wieder hinfällig war. Die Zeitung lag gerade erst an den Kiosken aus, da waren die Artikel schon
yesterday's news,
denn jetzt hatte man David Lindholm erschossen in seinem Bett gefunden, und seine Frau war des Mordes verdächtig.
    Im Internet nahmen die Lobgesänge über den toten Polizisten kein Ende.
    Seine Fähigkeit, sich in die Natur des Menschen hineinzuversetzen, und sein unglaubliches Talent, zu kommuni zieren, waren einzigartig. Als Vernehmungsleiter war er absolut souverän, als Freund war er der loyalste, den man sich vorstellen konnte, seine Intuition war beispiellos.
    Was soll ich damit anfangen?, dachte Anders Schyman und merkte, wie schwerfällig die Gedanken durch sein Hirn zogen, das nicht mehr recht gewohnt war, sich mit ethisch-moralischen Abwägungen zu befassen. Seine kleinen grauen Zellen, die eigentlich gelenkt werden sollten von journalistischen Grundprinzipien wie Nachrichtenwert, Quellenkritik und Reflexionen über die Preisgabe von Namen, waren fast nur noch von betriebswirtschaftlichen Analysen und Auflagenzahlen gesteuert.
    Er ließ den Blick über die Redaktion schweifen.
    Als Erstes muss ich damit anfangen, mir einen Überblick zu verschaffen, dachte er, stand entschlossen auf und ging hinaus ins Großraumbüro der Redaktion.
    «Was machen wir mit dem ermordeten Superbullen?», fragte er Spiken, den Chef vom Dienst, der die Füße auf den Schreibtisch gelegt hatte und eine Apfelsine aß.
    «Titelseite, Verkaufsplakate, die Sechs, die Sieben, die Acht und die Mittelseiten», antwortete Spiken, ohne hochzublicken.
    «Und die Information, dass seine Frau tatverdächtig ist?», fragte Schyman und setzte sich auf den Schreibtisch, demonstrativ dicht neben die Füße des CvD. Der Mann verstand den Wink und nahm seine Beine vom Tisch.
    «Meinen Sie die Größe der Schlagzeile?», fragte er und warf die Apfelsinenschale in

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