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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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einem wirklich herausragenden Artikel zusammengefasst; der Junge war eine richtige Entdeckung.
    Annika faltete die Zeitung zusammen und legte sie zurück in den Ständer. Sie war wirklich hundemüde. Sie ging in die Redaktion, um mit Spiken und Schyman abzustimmen, was sie für die morgige Ausgabe schreiben sollte, und war ganz überrascht, wie viel Leute sich dort aufhielten. Samstagvormittag war sonst immer die ruhigste Zeit der Woche, aber heute waren die Kollegen fast vollzählig versammelt.
    «Hat Alexander sie zur Arbeit getrieben?», fragte Annika und stellte ihre Tasche auf Berits Schreibtisch.
    «Er und die Kündigungsliste», sagte Berit und blickte sie über die Brille hinweg an.
    «Sie hängt seit gestern Nachmittag aus. Schyman hat das Kündigungsschutzgesetz ausgetrickst, indem er die halbe Belegschaft zu Redaktionsleitern befördert hat.»
    «Der alte Fuchs», sagte Annika und sank auf Patriks Platz. «Sind wir auch dabei, du und ich?»
    Berit schüttelte den Kopf und sah sie forschend an.
    «Weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Es war nicht nötig. Wir arbeiten schon so lange hier, dass unser Stuhl gar nicht gewackelt hat. Aber du warst auf Abenteuerfahrt, habe ich gehört.»
    Annika schwang die Füße auf Berits Schreibtisch.
    «Sie war drauf und dran, mit dem Jungen abzuhauen», sagte sie. «Um ein Haar hätte sie es geschafft.»
    «Aber du hast ihre Autoreifen zerstochen.»
    Annika stutzte und sah ihre Kollegin eindringlich an.
    «Woher weißt du das denn? Das stand nicht in der Zeitung.»
    Verblüfft sah sie, wie Berit rot wurde. So kannte sie ihre Kollegin gar nicht.
    «Das hat irgendwer erzählt», sagte Berit und begann, einen Haufen Papiere in ihrer Schublade durchzuwühlen.
    «Mit wem hast du gesprochen? Einem von der Polizei?»
    Berit räusperte sich und legte einen Stapel Blätter auf den Tisch.
    «Ja, ich, äh, habe mit Q gesprochen.»
    Annika zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    «Mit Q? Aber bei dem war ich doch gerade erst…»
    Ich mag Boulevardredakteurinnen. Oder mochte, jedenfalls manche…
    Auf einmal fiel der Groschen mit solcher Wucht, dass Annika die Luft wegblieb.
    «Q war es!», rief sie aus. «Du hattest was mit dem Kommissar …»
    «Schrei doch noch ein bisschen lauter», zischte Berit verbissen.
    «Und ich dachte immer, der ist schwul!» Berit sah sie an und nahm die Brille ab.
    «Spielt das irgendeine Rolle?»
    Annika starrte ihre Kollegin an, die angegrauten Haare, den etwas faltigen Hals, und versuchte sich vorzustellen, wie sich Berit mit dem Kommissar getroffen und rumgeknutscht hatte …
    «Wow», sagte sie. «Er ist ja auch wirklich ziemlich süß.»
    «Und er ist eine Granate im Bett», sagte Berit, setzte die Brille wieder auf und schrieb weiter.
    «Habt ihr gesehen, dass ich Mitglied der Redaktionsleitung geworden bin?», rief Patrik Nilsson und hielt eine Kopie der langen Liste hoch.
    Annika nahm die Beine vom Schreibtisch und griff nach ihrer Tasche.
    «Gratuliere», sagte sie.
    Patrik strahlte stolz übers ganze Gesicht und heftete den Blick auf Ronja, die Jungreporterin, die gerade mit einer Kiste voller Habseligkeiten auf dem Arm unterwegs nach draußen war.
    «Und, wie geht's dir, Ronja?»
    «Mir doch egal», sagte das Mädchen hocherhobenen Hauptes. «Ich mach mich selbständig, fahre nach Darfour und berichte über die Kämpfe dort. Das ist wirklich wichtig.»
    «Im Unterschied zu all den Bagatellsachen, mit denen wir uns hier in der Redaktion abmühen», sagte Patrik.
    Ronja blieb stehen und warf den Kopf in den Nacken.
    «Da unten geht es wirklich um Leben und Tod.»
    «Was in Schweden nie der Fall ist, wie?», sagte Annika.
    Ronja machte auf dem Absatz kehrt und ließ sie stehen. Während sie dort auf ihren breiten Hintern saßen und sich unbekümmert in der trügerischen Gewissheit wiegten, dass ihre Wirklichkeit sicherer und besser war als Ronjas.
    Auf einmal schämte sich Annika. Ihr fiel ein, wie unsicher und elend sie selbst sich als Jungreporterin gefühlt hatte.
    «Aber eins musst du mir erzählen», sagte Patrik an Annika gewandt. «Wer hat dir den Tipp zu Yvonne Nordin gegeben? Wer hat dir gesteckt, dass ihre Festnahme bevorsteht?»
    Sie sah den jungen Gockel an, der in Wirklichkeit ein Jahr älter war als sie, sah seine neugierigen Augen und sein selbstgefälliges Lächeln und sein grenzenloses Selbstver-trauen und fühlte sich tausend Jahre alt.
    «Ich hatte eine Quelle», sagte sie. «Eine richtig gute.»
    Dann ging sie hinüber

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