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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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fliederfarbene Teppich war leer.
    Gail ließ die grünen Mülltüten fallen, die sie die ganze Zeit über in der Linken gehalten hatte, und trat an das weiße Himmelbett. In Cindys Zimmer hatten von Anfang an diese beiden Farben dominiert: Weiß und Lila. Zuerst hatten auf weißgrundiger Tapete Zauberblumen geblüht, umgaukelt von Schmetterlingen und Vögeln. Vor zwei Jahren waren sie unter einer etwas dezenteren Tapete verschwunden, die Cindy selbst ausgesucht hatte; auf ebenfalls weißem Hintergrund prangten nun zarte, niedliche Veilchen. Der fliederfarbene Webteppich war noch derselbe. Die weiße Wiege war mit dem Himmelbett für ihre Prinzessin vertauscht worden.
    Doch es gab keine Prinzessin mehr.
    Gail schloß die Tür hinter sich.
    »Mami, spielen wir Barbie?«
    »Ach, Spätzchen, jetzt nicht.«

    »Bitte. Nur ein Weilchen.«
    »Na schön, aber wirklich nur zehn Minuten.«
    »Is’ gut. Setz dich.«
    Gail hockte sich neben dem Bett auf den Fußboden und fuhr mit der Hand über den weichen Teppich. Er fühlt sich immer noch warm an, dachte sie.
    »Du darfst Western-Barbie sein.«
    »Und wer bist du?«
    »Ich glaub’, ich nehme Angel-Face-Barbie.«
    Gail zog die Spielkiste zu sich heran. In diesem viereckigen Behälter bewahrte Cindy ihren Barbie-Schlafsack auf, wie sie ihn nannte. Darin schliefen alle Barbie-Puppen, wenn nicht mit ihnen gespielt wurde. Gail griff in den Beutel und zog die Püppchen eines nach dem anderen heraus.
    Alle waren hübsch gekleidet und ordentlich gekämmt. Die erste trug den treffenden Namen »Meine erste Barbie«, denn sie war eigens für ungeschickte kleine Händchen gemacht und ließ sich am leichtesten von allen Barbies an- und ausziehen. Stimmt, dachte Gail, zupfte an dem gelben Hosenanzug und überlegte, wie viele Stunden sie wohl damit zugebracht hatte, die winzigen Kleidungsstücke über diese wohlgerundeten Hüften zu streifen. Als nächstes holte sie eine der beiden Western-Barbies hervor. (Jacks Mutter hatte eine gekauft, obwohl sie wußte, daß Cindy schon die gleiche besaß. Sie behauptete, das Geschäft habe nur diese eine Barbie gehabt, und Gail könne sie ja jederzeit umtauschen.) Aber Cindy liebte ihre zweite Western-Barbie ebenso wie die erste und wie alle anderen Püppchen, die Gail nun auf dem Teppich aufstellte. Der zweiten Western-Barbie fehlte ein Stiefel; Gail suchte den Beutel ab, bis sie ihn gefunden hatte, und streifte ihn über den kleinen Plastikfuß. Langsam wanderte ihr Blick von einem großen blauen Augenpaar zum nächsten. Sie lächelte, als sie Angel-Face-Barbie erkannte, deren makellose Wangen noch immer rot leuchteten von dem Make-up, das Cindy ihr aufgetragen hatte. Die Namen der anderen Puppen
hatte Gail nie behalten, aber Cindy kannte sie alle auswendig. Für sie waren ihre Barbies ebenso unverwechselbar wie für eine Mutter ihre leiblichen Kinder. Die beiden Western-Barbies waren ihre eineiigen Zwillinge, und Cindy hatte nie Mühe, sie auseinanderzuhalten.
    »Mach schon, spiel!«
    »Na gut. >Taaag, ich bin Western-Barbie!‹«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Das spielen wir doch jetzt nicht! Du mußt sagen: ›Mein Kleid ist schöner als deins.‹«
    »Ach so. ›Mein Kleid ist schöner als deins.‹«
    »›Nein, ist es nicht.‹«
    »>Doch, ist es wohl.‹«
    »›Nein, ist es nicht.‹«
    »›Doch‹... Cindy, wie lange soll das noch so weitergehen?«
    »Mami, du hast’s versprochen!«
    »Ja, ja, ist schon gut. Also: ›Doch, ist es wohl.‹«
    »›Du bist häßlich.‹«
    »Das sagt man aber nicht.«
    »Mami, ganz falsch!« Cindy zog ihren unwiderstehlichen Schmollmund. »Du mußt sagen: ›Du bist häßlich.‹«
    »Das möchte ich aber nicht sagen,«
    »Doch, das mußt du sagen.«
    »Wer sagt das?«
    »Ich.«
    »Warum muß ich immer das sagen, was du willst? Warum darf ich nicht meine eigenen Sätze sagen?«
    »Weil du nicht darfst, darum.«
    »Cindy, wenn ich schon mit diesen dummen Barbies spiele, dann will ich wenigstens das sagen, was mir gefällt.«
    Als Gail begriff, wie lächerlich sie sich in diesem Streit benahm, war es schon zu spät. Cindys Schmollmund verzog sich kläglich, und im nächsten Augenblick vergoß sie bittere Tränen.

    »Meine Barbies sind nicht dumm.«
    »Nein. Du hast ganz recht. Natürlich hast du recht. Sie sind nicht dumm.« Cindy lag inzwischen zusammengerollt im Schoß ihrer Mutter, und Gail bedeckte die Stirn ihres Kindes mit Küssen. »Ich bin dumm, ich ganz allein. Komm, laß uns weiterspielen.« Sie mußte

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