Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin

die Abdeckplatte wieder herunter und begab sich an die lokale Kom-Anlage, um einen Mechaniker anzufordern.
    Seine Finger zitterten so heftig, dass er zwei Anläufe brauchte, um den richtigen Kode einzutippen.

22

     
     
     
    Val Con koordinierte Geschwindigkeit, Richtung und Abtrift, dockte ihren aus Fels bestehenden Shuttle an dem havarierten Schiff an und prüfte die Luft in dem Wrack.
    Soweit Miri sehen konnte, zeigten die Sensoren an, dass es in dem Schiff eine atembare Atmosphäre gab; keine Lecks wurden entdeckt. Toll. Also mussten sie hineingehen. Denn in dem Schiff konnten sich Überlebende aufhalten, die vielleicht zu schwer verletzt oder zu verängstigt waren, um auf ihre Botschaft zu antworten. Möglicherweise war auch die Kom-Konsole defekt … Miri legte eine Hand auf ihre Pistole und überzeugte sich davon, dass sie griffbereit im Halfter steckte.
    Val Con deaktivierte die Steuerung des Shuttles und blickte sie an. »Bist du bereit?«
    »Selbstverständlich«, gab sie zurück, obwohl sie ein mulmiges Gefühl im Bauch hatte. Das Ganze gefiel ihr nicht.
    Er ging voraus; mit einer Rolle tauchte er durch die Schleuse in das fremde Schiff hinein. Ungefähr eine Minute lang herrschte Schweigen, bis er rief: »Alles in Ordnung, Miri.«
    Sie schnappte nach Luft, folgte ihm durch die Schleuse und landete mit gezückter Pistole in einem Korridor. Eine Notbeleuchtung spendete mattes Licht, und die Schwerkraft war um eine Spur geringer als auf dem Turtle-Schiff. Das einzige Geräusch, das sie vernahmen, war das Summen der Lebenserhaltungssysteme. Leise pirschte Val Con sich den Korridor entlang. Zu ihrer Erleichterung sah sie, dass auch er seine Pistole gezogen hatte. Zögernd schlich sie ihm hinterher und überlegte, ob sie ihm sagen sollte, dass sich auf diesem Kahn kein einziges lebendes Wesen mehr befand.
    Robertson, fragte sie sich dann streng, kannst du hellsehen? Nein, Sarge, lautete ihre Antwort.
    Gut, meinte sie. Dann troll dich und gib deinem Partner Rückendeckung.
    Die Informationen, die eine halbstündige intensive Recherche über die Clutch-Turtles ergeben hatte, waren erhellend, aber nicht ermutigend.
    Hostros Anwalt, der eingeschaltet worden war, gab ihm zu verstehen, dass bei den Turtles mündlich geschlossene Verträge absolut rechtskräftig waren. Das gesprochene Wort war genauso bindend wie ein schriftlicher Kontrakt. Während der neunhundert Standardjahre, in denen die Terraner mit den Turtles Kontakte pflegten, war es kein einziges Mal vorgekommen, dass ein Mitglied dieses Volkes ein Versprechen nicht gehalten hatte.
    »Ich an Ihrer Stelle würde mir keine Sorgen machen, Justin«, meinte der Anwalt gelassen. »Wenn ein Turtle etwas zusagt, dann wird es auch geliefert. Ausnahmen sind nicht bekannt; noch nie wurde ein Turtle beim Lügen erwischt …«
    Justin Hostro bedankte sich höflich für den Rat und kappte die Verbindung; dann wandte er seine Aufmerksamkeit den Dateien zu, die der tüchtige Matthew ihm in aller Eile besorgt hatte.
    Über die genaue soziale Struktur der Clutch-Gesellschaft wurde viel spekuliert – sie galt allgemein als sehr komplex und wettbewerbsorientiert. Justin Hostro scannte rasch die Berichte, ohne selbst zu wissen, wonach er eigentlich suchte.
    Eine Tatsache fiel ihm ins Auge: Vor geraumer Zeit betrachteten die kriegerischen Yxtrang die Turtles als Freiwild. Noch vor achthundert Standardjahren hatte es viele dokumentierte Angriffe auf die Schiffe der Clutch-Turtles gegeben.
    Doch dann hörten die Attacken abrupt auf. Und neutrale Beobachter wussten Folgendes zu berichten: Wenn ein Clutch- Schiff und ein Yxtrang-Schiff einander im Normalraum begegneten, passierte überhaupt nichts. Die Yxtrang setzten einfach ihre Reise fort, desgleichen die Turtles.
    Justin Hostro beschlich ein leises Unbehagen, als er das las; er glaubte den Grund für die plötzliche Nichtbeachtung zu kennen. Und wenn die Yxtrang sich vor den Clutch-Turtles fürchteten …
    Beklommen schloss er die Datei und saß eine Weile regungslos da, die Hände akribisch vor sich gefaltet, und ging in Gedanken noch einmal die Szene durch, die sich vor seinem Schreibtisch abgespielt hatte.
    Er war immer noch in seine Grübeleien versunken, als Matthew Edgers und Watchers Rückkehr meldete.
    Die einzige Person, die sie an Bord des terranischen Schiffs entdeckten, war nicht mehr zu retten. Der Mann war buchstäblich zerfetzt. Wer immer ihn erschossen haben mochte, hatte sich ausgetobt wie ein