Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
Hand demonstrativ neben die Pistole. Lässig lehnte sie sich zurück und starrte Murph so lange schweigend an, bis ihm der Schweiß ausbrach.
»Hör mal, Sarge«, hob er an, erleichtert, dass seine Stimme nicht versagte. »Ich wollte das Geld per Bank überweisen …«
»Tatsächlich?«, fragte sie interessiert. »Nun ja, dein guter Wille ehrt dich. Offenbar weißt du, was sich gehört.« Abwesend strich sie mit einem Finger über den Pistolengriff. »Trotzdem bist du ein hundsgemeiner Dieb, mein Junge, denn bis jetzt habe ich mein Geld noch nicht bekommen.«
»Ich kann es dir erklären …«
Abwehrend hob sie eine Hand. »Du kennst doch das alte Sprichwort: Von Erklärungen kann man sich keinen Kynak kaufen?«
Mit der Zungenspitze befeuchtete er seine Lippen. »Ich werde das Geld umgehend überweisen.«
»Nicht nötig«, erwiderte sie in nüchternem Ton. »Da ich nun schon mal hier bin, kannst du es mir auch bar auf die Hand geben.«
»Bar auf die Hand?« Jetzt versagte seine Stimme.
»Du hast richtig gehört, Bar auf die Hand!«
»Sarge, so viel habe ich nicht bei mir.«
»Nein? Das ist aber schade. Wie viel Bargeld hast du denn zur Verfügung?«
»Ungefähr vierhundertfünfzig Bits.« Es wäre sinnlos gewesen, sie zu belügen, diese Lektion hatte er längst gelernt. »Das meiste davon in meinem Zimmer.«
Es trat eine kurze Stille ein. »Okay«, verlautbarte sie. »Ich nehme die vierhundertfünfzig in bar und für den Rest kriege ich Wertsachen.« Sie streckte ihm ihre winzige Handfläche entgegen. »Deine Ohrringe.«
»Was? Sarge, hör mal, komm mit mir auf mein Zimmer. Dort gebe ich dir alles Bargeld, das ich habe, und über den Restbetrag stelle ich einen Bankwechsel aus. Einverstanden?«
Sie ließ einen Seufzer des Bedauerns hören. Er schluckte nervös.
»Angus«, ermahnte sie ihn ernst, »treib mich nicht zum Äußersten.« Sie wedelte mit der ausgestreckten Hand. »Deine Ohrringe. Sofort.«
Langsam löste er den Schmuck aus seinen Ohrläppchen und legte ihn behutsam auf ihre Handfläche. Sie schloss die Finger darum und musterte ihn anschließend von oben bis unten. Murph machte eine verräterische Bewegung mit der Hand, als er versuchte, seinen Fingerring in der geballten Faust zu verbergen.
Ihr entging nichts; sie nickte zufrieden und hielt ihm abermals die Hand hin. »Ich will den Ring.«
»Verdammt noch mal, Sarge …«, protestierte er.
Sie hob die Brauen und sah ihn schweigend an.
Er schluckte ein paarmal krampfhaft und wagte einen zweiten, gemäßigteren Anlauf. »Ich bitte dich von ganzem Herzen, lass mir den Ring. Er ist ein Geschenk von meiner … von Sylvia.« Miri blieb unbeeindruckt. »Hör mal, Sarge, das ist mein Verlobungsring – der materielle Wert ist gering, aber ich hänge daran … auch wenn es dir vielleicht sentimental vorkommt.«
Unbeirrt hielt sie ihm die Hand unter die Nase. »Ich schlage dir einen Deal vor, Angus … du gibst mir den Ring, und ich lasse dich leben, damit du deine Verlobte heiraten kannst. Na los doch – her mit dem Klunker.«
Tränen standen in seinen Augen, als er den Ring vom Finger streifte und in ihre Hand legte.
Sie spitzte die Lippen, als sie das Gewicht bemerkte. »Platin mit Saphiren und einem Ponget? Wenn man so was abgeben muss, kann man leicht sentimental werden.« Der Ring wanderte in die Tasche zu den Ohrgehängen, während ihr Blick abermals über Murph hinwegglitt.
»Mal sehen …«
Die Uhr im Foyer zeigte an, dass es später Nachmittag war. Val Con stieg in einen Lift, fuhr in den dritten Stock hinauf und betrat vom Korridor aus das Gemeinschaftszimmer, wobei er sich auf einen Ausbruch schlechter Laune gefasst machte.
Seine Brüder saßen in einem lockeren Kreis mitten im Raum; als er die Tür schloss, rollten die sonoren Laute ihrer Muttersprache mit der Lautstärke eines Gewittersturms über ihn hinweg.
Edger hob grüßend eine Hand, ohne jedoch seinen Redefluss zu unterbrechen. Der niedrige Tisch, der neben der Gruppe stand, bog sich unter wahrhaft heroischen Mengen von Obst und Bier, eines ganzen Käselaibs und einer ungeöffneten Flasche Wein. Miri befand sich nicht in dem Zirkel. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer war geschlossen.
Er spürte ein leichtes Prickeln an seinem Hinterkopf und ging schnurstracks zur Tür. Sie war nicht verschlossen. Vorsichtig trat er über die Schwelle.
Das Bett war gemacht, das Zimmer aufgeräumt; von Miri keine Spur. Sie war auch nicht im Bad. Eilig verließ er ihr Zimmer und
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