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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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residieren. Zunächst mal handelt es sich nicht um den üblichen länglichen Raum mit Reihen von Etagenbetten. Es könnte ein Apartment gehobener Klasse für einen oder zwei Offiziere sein. An der Decke und in den Stehlampen brennt elektrisches Licht. Silberne und cremefarbene Marmorfliesen bedecken den Boden, die Wände sind abwechselnd in Cremeweiß und Weinrot gestrichen und die Sofas und Tische stehen auf dicken roten Teppichen. An einer Wand hängt ein kleiner Flachbildschirm mit ausgeschaltetem Ton, der dieselbe Nachrichtensendung zeigt wie die JumboTrons auf der Straße.
    Ich stoße einen leisen Pfiff aus. »Kann man so sagen.« Ich lächele, höre aber damit auf, als ich June ansehe. Ihr Gesicht unter dem Phönixtattoo ist angespannt. Obwohl ihr Blick neutral bleibt, fühlt sie sich offensichtlich unwohl und ist längst nicht so beeindruckt wie ich. Na ja, warum sollte sie auch? Ich wette, ihre eigene Wohnung war mindestens so schick wie diese hier. Routiniert lässt sie ihren Blick durch den Raum schweifen und registriert Dinge, die mir wahrscheinlich nie auffallen würden. Aufmerksam und kritisch wie jeder gute Republiksoldat. Eine ihrer Hände verharrt in der Nähe ihrer Taille, wo sie zwei Messer versteckt hat.
    Einen Augenblick später sehe ich das Mädchen, das hinter dem Sofa in der Mitte des Raums steht, zum ersten Mal richtig an. Sie fängt meinen Blick auf und kneift die Augen zusammen, als müsse sie sich vergewissern, dass ich auch wirklich da bin. Ihr Mund klappt erschrocken auf und ihre schmalen rosa Lippen formen ein O.
    Moment mal. Mein Herzschlag scheint kurz auszusetzen. Ihr Haar ist jetzt zu kurz, um es zu flechten, es reicht ihr in einem unordentlichen Wust bis zur Mitte des Halses. Deswegen habe ich sie nicht gleich erkannt.
    Tess.
    »Du bist hier!«, stößt sie hervor. Bevor ich eine Antwort herausbringe, kommt Tess schon auf mich zugestürmt und schlingt die Arme um meinen Hals. Ich stolpere einen Schritt zurück und kann nur mit Mühe mein Gleichgewicht halten. »Du bist es wirklich – ich glaub’s nicht, dass du hier bist! Du lebst!«
    Ich bin kaum in der Lage, geradeaus zu denken. Eine Sekunde lang spüre ich nicht mal mehr den Schmerz in meinem Bein. Ich kann nichts tun, außer meine Arme fest um Tess’ Taille zu schlingen, den Kopf an ihrer Schulter zu vergraben und die Augen zu schließen. Das Gewicht, das auf mir gelastet hat, hebt sich und lässt mich schwach vor Erleichterung zurück. Ich hole tief Luft, lasse mich von ihrer Wärme und dem süßen Duft ihres Haars trösten. Seit meinem zwölften Lebensjahr habe ich jeden einzelnen Tag mit ihr verbracht – doch erst jetzt, nachdem wir ein paar Wochen voneinander getrennt waren, wird mir bewusst, dass sie nicht mehr das zehnjährige Mädchen ist, das ich in irgendeiner Gasse aufgegabelt habe. Sie wirkt verändert. Älter. Ich spüre, wie sich in meiner Brust etwas regt.
    »Schön, dich wiederzusehen, Cousine«, flüstere ich. »Gut siehst du aus.«
    Tess drückt mich noch ein wenig fester. Mir fällt auf, dass sie den Atem anhält; sie versucht mit aller Kraft, die Tränen zurückzuhalten.
    Schließlich unterbricht Kaede den Moment. »Jetzt ist aber mal gut. Wir sind hier doch nicht in der Oper.«
    Tess und ich lösen uns voneinander, mustern uns verlegen, und Tess wischt sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie wirft June ein unsicheres Lächeln zu. Dann dreht sie sich um und eilt zurück zu der anderen Person im Raum, einem Mann, der sich nicht vom Fleck gerührt hat.
    Kaede öffnet den Mund, um weiterzureden, doch der Mann hebt seine behandschuhte Rechte. Das überrascht mich. Aus Kaedes herrischem Getue habe ich geschlossen, dass sie die Anführerin dieser Truppe ist. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Mädchen von irgendjemandem Befehle entgegennimmt. Jetzt aber presst sie bloß die Lippen aufeinander und lässt sich auf die Couch fallen, als der Mann aufsteht und sich uns zuwendet. Er ist groß, schätzungsweise Anfang vierzig und hat kräftige Schultern. Seine Haut ist hellbraun und sein krauses Haar zu einem kurzen, buschigen Zopf gebunden. Auf der Nase trägt er eine Brille mit schmalem schwarzem Rahmen.
    »Soso. Du musst der Junge sein, über den wir alle schon so viel gehört haben. Freut mich, dich kennenzulernen, Day.«
    Ich wünschte, ich müsste nicht vor Schmerz vornübergekrümmt stehen. »Ganz meinerseits. Danke, dass ihr uns empfangt.«
    »Entschuldigt, dass wir euch nicht

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