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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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würde, bevor sie sich einer Gruppe anschließt, die sie noch vor wenigen Wochen aus tiefstem Herzen verachtet hat. Die Tatsache, dass sie Ja gesagt hat, lässt mir das Herz schwer werden. Wenn June zu den Patrioten überläuft, muss sie erkannt haben, dass wir keine andere Möglichkeit haben. Und das alles tut sie nur meinetwegen. Ich hole tief Luft. »Ich auch.«
    Razor lächelt, steht vom Sofa auf und hebt sein Glas, als wolle er uns zuprosten. Dann stellt er es auf den Couchtisch, kommt zu uns herüber und schüttelt uns nacheinander fest die Hand. »Dann ist es jetzt offiziell. Ihr werdet uns dabei helfen, den neuen Elektor zu ermorden.«

JUNE
    Ich traue Razor nicht.
    Ich traue ihm nicht, weil ich nicht begreife, wie es ihm gelingt, in dieser Kaserne unbemerkt zu bleiben. In einem Offiziersquartier, ausgerechnet in Vegas. Jeder dieser Teppiche muss mindestens 29   000 Noten wert sein, gefertigt aus irgendeiner Art von teurem Synthetikfell. Zehn elektrische Lampen in einem einzigen Raum – und alle sind eingeschaltet. Seine Uniform ist makellos und neu. An seinem Gürtel hängt sogar eine individuell angepasste Pistole. Edelstahl, vermutlich extraleicht, handverziert. Solche Waffen hatte mein Bruder auch. Achtzehntausend Noten oder mehr pro Stück. Noch dazu müssen die Sensoren an Razors Pistole manipuliert worden sein. Jedenfalls kontrolliert die Republik sie wohl kaum auf Aufenthaltsorte und Fingerabdrücke. Woher nehmen die Patrioten das Geld und das Wissen, um an so hoch technisierte Ausrüstung zu gelangen?
    Das alles lässt nur zwei Schlüsse zu.
    Erstens: Razor muss irgendein ziemlich hohes Tier bei der Republik sein, eine Art Doppelagent. Wie sonst könnte er in diesem Kasernenquartier unentdeckt bleiben?
    Zweitens: Die Patrioten werden von jemandem mit einem dicken Geldbeutel finanziert. Den Kolonien? Möglicherweise.
    Trotz all meiner Verdachte und Vermutungen ist Razors Angebot noch immer das beste, das wir im Moment erwarten können. Wir haben kein Geld, um uns auf dem Schwarzmarkt Hilfe zu erkaufen, und auf uns allein gestellt haben wir keine Chance, jemals Eden zu finden oder es bis in die Kolonien zu schaffen. Außerdem bin ich nicht mal sicher, ob wir Razors Angebot überhaupt ablehnen könnten . Er hat uns zwar in keinster Weise bedroht, aber ich habe trotzdem meine Zweifel, ob er uns einfach so zurück auf die Straße lassen würde.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Day auf meine Reaktion zu Razors letzten Worten wartet. Ich brauche nur einen Blick auf seine blutleeren Lippen und sein schmerzverzerrtes Gesicht zu werfen, alles Anzeichen dafür, dass seine Kräfte langsam schwinden. In diesem Moment wird mir klar, dass sein Leben von diesem Pakt mit Razor abhängen könnte.
    »Den neuen Elektor ermorden«, wiederhole ich. »In Ordnung.« Meine Stimme klingt fremd und wie aus weiter Ferne. Einen Moment lang muss ich an meine Begegnung mit Anden und seinem Vater bei der Ehrenfeier am Tag nach Days Festnahme denken. Bei der Vorstellung, Anden zu töten, dreht sich mir der Magen um. Er ist jetzt der Elektor der Republik. Nach allem, was meiner Familie angetan wurde, sollte ich glücklich über die Gelegenheit sein, ihn umzubringen. Aber ich bin es nicht und das verwirrt mich.
    Wenn Razor mein Zögern auffällt, so lässt er sich zumindest nichts anmerken. Stattdessen nickt er zufrieden. »Ich werde sofort einen Arzt rufen, mit oberster Dringlichkeitsstufe. Wahrscheinlich schaffen sie es aber dennoch nicht vor Mitternacht hierher, dann ist Schichtwechsel. Das ist die schnellste Möglichkeit in so kurzfristigen Fällen. In der Zwischenzeit könnt ihr zwei ja schon mal eure Verkleidungen loswerden und in etwas Präsentableres schlüpfen.« Er sieht zu Kaede hinüber. Sie lümmelt mit hochgezogenen Schultern und finsterer Miene auf der Couch und kaut gedankenverloren auf einer Haarsträhne. »Zeig den beiden, wo die Dusche ist, und gib ihnen frische Uniformen. Danach können wir uns bei einem späten Abendessen eingehender über den Plan unterhalten.« Er breitet die Arme aus. »Willkommen bei den Patrioten, meine jungen Freunde. Wir freuen uns, dass ihr dabei seid.«
    Und schon sind wir offiziell mit ihnen verbündet.
    Vielleicht ist das alles ja gar nicht so schlecht, vielleicht hätte ich von Anfang an nicht mit Day über dieses Thema zu streiten brauchen.
    Kaede bedeutet uns, ihr in den angrenzenden Flur der Wohnung zu folgen, und führt uns zu einem geräumigen Badezimmer mit Marmorkacheln und

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