Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
Stroh, das Eisen der Tür, die winzigen Geister der Luft, alles, noch jedes letzte Stück der Welt lag ihr zu Füßen. Doch die Weiße Dame ignorierte all diese Lobpreisungen. Ihre gesamte Konzentration war allein auf Eli gerichtet. Langsam und elegant beugte sie sich vor und vergrub ihre Hände in seinen Haaren, um ihn an sich zu ziehen, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von ihrem nackten Bauch entfernt war.
Du gehörst mir, flüsterte sie mit schrecklicher Stimme. Von dem Moment an, da ich dich gesehen habe, warst du mein. Ich habe dich gerettet. Ich habe dir alles gegeben, was du hast. Weil ich dich liebe, habe ich dich freigelassen, aber glaube nicht für einen Moment, dass du nicht mir allein gehörst . Sie schob seinen Kopf nach hinten, bis ihm fast das Genick brach, und schob ihr Gesicht vor seines. Vergiss nicht, was du bist!
»Wie sollte ich«, sagte Eli mit einer Stimme, die vor Schmerz ganz gepresst klang. »Du tauchst ständig auf, um mich daran zu erinnern. Aber es gibt einen Punkt, bei dem du dich irrst. Ich gehöre niemandem außer mir selbst.« Die Hände der Weißen Dame zitterten, und für einen Moment glaubte Eli, sie würde ihm einfach den Kopf abreißen. Dann fing sie an zu lachen. So rebellisch, flötete sie und wuschelte ihm durch die Haare. So arrogant. Du hast dich überhaupt nicht verändert, oder? Du lehnst meine Hilfe ab, obwohl ich von so weit hergekommen bin, um dich zu retten. Wie egoistisch, aber das habe ich immer an dir geliebt, mein lieber Junge . Sie küsste seine Stirn. Nun gut, lass dich blutig schlagen, wenn es sein muss. Aber denk immer daran – ihre Hände umklammerten seinen Kopf wie ein Schraubstock –, was auch immer du sagst, du gehörst mir. Ich war sehr tolerant, aber treib es nicht zu weit, mein Augenstern, sonst werde ich dich zurückholen, ob es dir gefällt oder nicht. Dann wird alles sein wie vorher, als du mein lieber kleiner Junge warst, der mich mehr liebte als alles andere auf der Welt.
»Das ist lange her«, sagte Eli und lehnte sich nach hinten, um Abstand zu gewinnen. »Die Dinge ändern sich, Benehime.«
Ihre Hände fingen ihn wieder ein. Sie riss ihn auf die Füße und hielt sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt. Dann lehnte sie sich mit fast schmerzhafter Langsamkeit vor und drückte ihm einen kalten Kuss auf den Mund. Ich sehe dich bald, murmelte sie an seinen Lippen. Mein Augenstern .
»Nicht, wenn ich es verhindern kann«, grummelte Eli, aber der Raum war bereits wieder dunkel. Die Dame war verschwunden. Plötzlich fühlten sich seine Knie weich wie Gummi an. Er ließ sich auf das Stroh fallen. Mehrere Augenblicke lang konnte er nichts tun als einfach nur dasitzen. Benehimes Gegenwart war berauschend, und sich davon zu erholen fühlte sich ein wenig an, als wäre man wieder aufgewacht, nachdem man eine ganze Flasche Getreideschnaps allein geleert hatte. Doch er war daran gewöhnt und erholte sich schnell, besonders als ihm aufging, dass er vielleicht Kapital aus der Ehrfurcht der Geister schlagen konnte. Doch als er versuchte, zu den Steinen und der Tür durchzudringen, ignorierten sie ihn weiterhin stur.
Natürlich. Eli seufzte und ließ sich wieder auf das Stroh fallen. Sie hatte allen außer ihm die Erinnerung an ihren Besuch genommen. Sie war zu weise, um ihm solche Geschenke zu hinterlassen. Ihre Hilfe war niemals umsonst. Nun, sie konnte ewig warten, denn auf keinen Fall würde er sie anbetteln. Was auch immer sie sagte, er war damit durch, ihr Schoßhündchen zu spielen.
Eli biss die Zähne gegen den Schmerz zusammen, glitt von dem Strohballen und kniete sich neben die Tür. Kein Gefängnis war perfekt. Selbst ohne sein Werkzeug und ohne Magie redete der Herzog sich etwas ein, wenn er wirklich glaubte, Eli Monpress festhalten zu können. Bei diesem Gedanken fühlte Eli sich ein wenig besser und machte sich daran, geduldig die Finger über den Türspalt gleiten zu lassen, auf der Suche nach der kleinen Unachtsamkeit, die seine Freiheit bedeuten würde.
Miranda wachte mit dumpf pochendem Kopf auf. Um sie herum war es dunkel. Sie lag auf dem Bauch, die Arme unter sich begraben, als wäre sie gefallen. Sie erinnerte sich nicht daran, gefallen zu sein, aber ihre Arme waren eingeschlafen, also musste sie schon eine Weile so liegen. Die Erinnerung an ihre Gefangennahme war undeutlich und verschwommen, aber Herns Gesicht und der drückende Schmerz seiner Ranken, bevor sie das Bewusstsein verloren hatte, waren ihr noch präsent.
Weitere Kostenlose Bücher