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Legenden d. Albae (epub)

Legenden d. Albae (epub)

Titel: Legenden d. Albae (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Raleeha. Schon gar nicht Sinthoras. Alles, was sie tun und lassen, geschieht aus Niedertracht.« Es raschelte, Glas klirrte, dann gluckerte es. »Ich packe mit Culinsaft getränkte Wattebäusche auf deine Augen. Das wird eine Infektion verhindern. Gib acht, es brennt.«
    Als der ätzende Saft die Wunden berührte, schrie Raleeha hinaus, was an Schmerzen und Gefühlen in ihr tobte. Kaila wickelte ihr eine Binde um den Kopf und vor die Augen, um die Wattebäusche zu fixieren.
    Trotz der Schmerzen war Raleeha froh, noch am Leben zu sein. So dürfte sie weiterhin ihrem Gebieter dienen, dem sie freiwillig gefolgt war, nachdem sie ihn nahe ihrem Heimatdorf beim Malen gesehen und beobachtet hatte. Das Kunstwerk, das er auf der Leinwand geschaffen hatte, hatte sie auf magische Weise angezogen und nicht mehr losgelassen. Die gleiche Wirkung hatte seine Anmut auf sie.
    »Was hast du angerichtet?«, fragte Kaila.
    »Ich habe sein Bild ruiniert. Er hatte nicht genügend Farbe.« Sie dachte an die Staffelei, an das Herrliche, was sie hatte sehen dürfen. Ihr Gebieter besaß eine sehr lebendige Art zu malen, sein Temperament ging gelegentlich mit ihm durch. Manches Malfluchte oder lachte er dabei, mal warf er mit der Farbpalette, wenn ihm sein Werk nicht gefiel oder ihm etwas nicht so gelang, wie er es wollte. Mehr als einmal hatte er Bilder zerstört, an denen er lange gearbeitet hatte.
    Raleeha fand alles, was er auf Holz, Pergament oder Leinwand malte, geradezu vollkommen. Sie hob die Reste der vernichteten Werke auf und hütete sie wie einen Schatz in ihrer kleinen Kammer.
    »Wegen einer fehlenden Farbe sticht er dir die Augen aus?« Kaila spuckte aus. »Und du hasst ihn nicht dafür?«
    »Nein. Wie könnte ich? Es war meine Schuld.« Ihr wurde schlagartig bewusst, wie grausam seine Strafe für sie wirklich war: Sie würde sein wunderschönes, selig machendes Antlitz nie mehr betrachten können!
    Todunglücklich schluchzte Raleeha auf.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), siebenundzwanzig Meilen östlich des Albae-Reichs Dsôn Faïmon, auf der Höhe der Spitze des Strahlarms Shiimāl, 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Sommer
    »Caphalor!«
    Der schwarzhaarige Alb drehte den Kopf nach links und blickte zur Krone der Schwarzbuche hinauf, deren dunkelgraue Blätter sich sachte im Abendwind wiegten. Dort irgendwo verbarg sich Aïsolon, ein guter Freund, der ihn hatte begleiten wollen. Caphalor hielt den Bogen in der Linken; die Rechte lag locker auf dem Gürtelköcher, in dem die langen Jagdpfeile steckten.
    »Schweig!«, gab er gedämpft zurück. »Ich sehe es selbst.«
    Gemeint war die tiefe Spur, die das junge Barotier im Waldboden hinterlassen hatte. Sie verfolgten die Kreatur seit dem Aufgang des Taggestirns, und sie machte es den beiden Albae nicht leicht. Immer wieder suchte das Baro Schutz in dem Hain, in dem es dank seiner Fellfarbe kaum auffiel. Eine so auffällige Spur im Erdreich würden jedoch selbst die tumbsten Menschen finden. Die andauernde Hatz hatte es wohl unaufmerksam werden lassen   – oder legte es den Jägern eine Fährte, um sie in die Falle zu locken?
    Blätter raschelten, dann sprang Aïsolon mit einem Satz neben Caphalor zu Boden. Er führte ebenfalls einen Bogen mit sich. »Es ist mein erstes Baro«, sagte er freudig. »Ich bin gespannt, wie lange wir brauchen, bis es sich ergibt.«
    »Es ist ein Jungtier. Ein Schuss müsste ausreichen.« Caphalor zog einen Pfeil, dessen Ende mit einer münzgroßen, flachen Eisenscheibe versehen war. Ein Treffer gegen den Schädel an der passenden Stelle, und das Baro würde bewusstlos zusammenbrechen.
    Aïsolon tat es ihm nach. »Nun, sie sind immer noch so groß wie ein Óarco und nicht minder schwer. Barozähne sollen selbst Tioniumpanzerungen durchschlagen.«
    »Angst, Aïsolon?«, spöttelte Caphalor in freundschaftlichem Ton und legte den Pfeil locker auf die Sehne.
    »Nein. Gefahrenbewusst, würde ich es nennen«, gab der Freund zurück. »Meine Unsterblichkeit muss nicht unbedingt heute enden, zwischen den Fängen eines Baros.«
    »Man merkt, dass du noch jung bist. Die Älteren von uns würden versuchen, das Biest mit bloßen Händen zu fangen.« Caphalor lachte leise und pirschte voran.
    Seite an Seite ging es durch den lichten Wald, der sich für die Bogenjagd ausgezeichnet eignete   – vorausgesetzt, ihr Ziel zeigte sich endlich.
    Caphalor hatte gemeinsam mit Aïsolon ursprünglich die Spur eines Kimarbocks aufgenommen, aber das Baro war

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