Legenden d. Albae (epub)
und deren Leuchtkraft durch schirmartige Spiegel verstärkt wurde. Sie schwangen leicht hin und her, als wollten sie die Besucher durch die Gleichförmigkeit der Bewegungen in den Schlaf wiegen.
Caphalor konnte außer Karjunas Atemzügen nichts hören. Zumindest waren sie allein und sicher vor Entdeckung. »Suchen wir uns jemanden, der uns sagt, wo wir den Gålran Zhadar finden«, verkündete er, und Sinthoras nickte zustimmend. »Wo finden wir hier einen Sklaven?«
Die Obboona verneigte sich und entschied sich für den rechten Gang. Natürlich hinterließen ihre Schuhe ebenso schwarze Abdrücke auf dem Steinboden wie die der Albae. Die Kunst der Geräuschlosigkeit brachte ihnen in diesem Fall nicht viel.
Caphalor trieb Karjuna zur Eile an. Ärgerlich hetzten sie vorwärts; die Besatzung der Festung würde sich denken können, dass sich Eindringlinge hier befanden.
Er wunderte sich noch immer, dass es keinerlei Fallen in dem Schacht gegeben hatte. Es lief bisher viel zu einfach. Der Gålran Zhadar hätte doch mit der Flucht eines Sklaven rechnen und Vorkehrungen gegen möglichen Verrat treffen müssen. Etwas stimmte hier nicht.
Sinthoras und er vernahmen gleichzeitig das melodische Summen und rhythmische Klirren, das sich ihnen von vorn näherte.
»In die Nische mit dir!«, wies Caphalor die Fleischdiebin an und ging nachsehen, wer ihnen entgegenkam. Sinthoras übernahm die Bewachung der Obboona.
Caphalor sandte die schwarzen, magischen Schleier gegen die Dochte, um das Licht um sich herum zu schwächen und sich in Schatten zu hüllen. Lautlos zog er einen Dolch.
Ein Mensch kam ihnen entgegen, und er brummte ein Lied vor sich hin. Er war noch jung. An seinem Leib trug er eine Kutte aus gesponnenem Flachs, ein Schlüsselbund baumelte am Gürtel um seine Hüfte und schlug im Takt gegen den Oberschenkel. Waffen sah er keine.
Der Mann wurde langsamer und sah irritiert auf die dunkle Stelle des Ganges, die vor ihm lag. Dann blickte er zu den Lampen, zur Petroleumfüllung und runzelte die Stirn. Er ahnte, dass es nicht mit rechten Dingen zuging.
Caphalor verstärkte die Dunkelheit, ließ die Schatten rechts und links an dem Mann vorbeihuschen und holte ihn in die Finsternis. Düsternis sickerte in seine Haut und ließ ihn vor Angst sprachlos und steif werden.
Nun erst löste sich der Alb aus seiner Deckung und strich raubtierhaft auf ihn zu. Die Schwärze umspielte Caphalor, perlte wie Tinte von ihm ab, als er seine Kräfte drosselte, um sich dem Mann zu zeigen. »Der Tod grüßt dich, Mensch«, wisperte er. »Es liegt bei dir, ob er an dir vorüberschreitet oder zusticht. Hast du das verstanden?«
Der Mann nickte mit aufgerissenen Augen.
»Wir suchen deinen Herrn, den Gålran Zhadar, um ihm unsere Aufwartung zu machen. Wo finden wir ihn?« Caphalor reckte den Dolch, die Spitze zielte auf das linke Auge. »Ich gewähre dir zu sprechen. Solltest du auf den Gedanken kommen zu schreien, war es der Letzte, den du gehabt hast.« Dann nahm er etwas von der grenzenlosen Furcht von ihm.
Der Mann stand still, blickte ihn an. Er litt noch an der schrecklichen Angst, doch plötzlich veränderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht. Er blickte an Caphalor vorbei, wo Sinthoras und die Obboona standen, und aus der Angst wurde Hass.
»Verräterin«, fauchte er. Die Zähne in seinem Mund waren allesamt verfault, sein stinkender Atem wallte wie Pesthauch gegen Caphalor. Der Alb hätte das ungewaschene Maul am liebsten mit kochendem Silber ausgespült, um es zu versiegeln.
Karjuna grinste und kreuzte die Arme vor der Brust. »Ich sagte doch, dass ich wiederkommen und Rache nehmen würde.«
Sinthoras versetzte ihr einen Faustschlag gegen die linke Wange, der sie in die Knie gehen ließ.
Der Mann lachte schadenfroh. »Es sieht nicht so aus, als wären dies hier deine Freunde, Karjuna. Wo ist denn dein Heer, mit dem du zurückkehren wolltest?«
Caphalor ließ ihn unverzüglich wieder Furcht schmecken. Die Spitze seines Dolches tanzte über das Gesicht des Mannes und hinterließ vier flache, schmerzhafte Schnitte um die Augen. »Hüte dich!«, sagte er drohend, ohne dabei laut zu werden. »Höre ich keine Antwort auf meine Frage, so hängt dir gleich die talgige Haut in Streifen von deinem hässlichen Kopf. Damit lasse ich die Obboona dich erwürgen. Ist das der Tod, den du dir wünschst?«
Der Mann wurde schlagartig unterwürfig vor Schreck. »Der Gålran Zhadar ruht. Doch ihr werdet niemals bis zu ihm gelangen. Seine
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