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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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die Hände in die Hosentaschen. Seine Miene verhärtete sich. »Wo ist dein Mann, Ruby?«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »In Ophir, glaube ich. Er sucht nach Gold.«
    »Du glaubst es?« Seine dunklen Brauen zogen sich zusammen.
    Sie spielte mit den Fingern und wusste nicht, was sie sagen sollte, ohne James in allzu schlechtes Licht zu rücken. Doch warum sollte sie sich eigentlich um seinen Ruf scheren – schließlich hatte er ihn sich selbst zuzuschreiben? »Er ist in Ophir«, sagte sie mit Nachdruck. »Er wird bald wieder hier sein.«
    »Wie lange ist er schon fort?«
    »Seit ein paar Wochen erst.« Sie wagte nicht, ihn anzusehen.
    »Dein Vater hat eher den Eindruck, dass es neun Monate sind, und das dürfte etwas mehr sein als ein paar Wochen«, entgegnete er. »Hat er in der ganzen Zeit geschrieben oder Geld geschickt?«
    Sie schob das Kinn vor, fest entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, wie einsam und allein sie gewesen war. »Er hat zu tun, und es ist nicht leicht, Post von den Goldminen zu schicken«, sagte sie abwehrend. »Im Übrigen«, fügte sie hinzu, »komme ich mit Duncan und Kumali gut zurecht, und der Neue, Tommy, macht sich ganz gut bei uns.« Sie hielt seinem Blick trotzig stand. »Wenn du weißt, wie lange er fort ist, warum fragst du dann?«
    »Dein Vater hat mich geschickt. Man hat ihm über deinen Mann da oben in Ophir berichtet, und er hat sich Sorgen gemacht, weil du auf dich allein gestellt bist. Deine Briefe haben ihm nicht viel erzählt.«
    Seufzend ließ Ruby den Kopf hängen und sah zu, wie ihre Finger die Fransen ihres Schals knoteten. »Er muss sich keine Gedanken machen«, sagte sie. »Die Kinder und die Schafe gedeihen, und mir ist es sogar gelungen, einen Handel abzuschließen,sodass ich mit meinem Schlachtvieh die Goldminen versorgen kann. Mit dem bevorstehenden Wollscheck dürfte ich die Schulden tilgen, und …« Sie hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen, weil sie James’ Schulden erwähnt hatte, doch es war zu spät: Finn runzelte bereits die Stirn und musterte sie mit bohrendem Blick.
    »Welche Schulden?«
    »Sie sind nicht der Rede wert«, sagte sie mit einstudierter Gleichgültigkeit. »Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.«
    Sie war im Begriff, aufzustehen, doch Finns starke Hand legte sich schwer auf ihren Arm und machte es ihr unmöglich. »Dein Vater war besorgt, und jetzt bin ich es auch. Ich wusste schon immer, wann du lügst, Ruby, und deshalb wirst du jetzt hierbleiben, bis du mir alles erzählt hast.«
    Sie machte den Mund auf, um die Anschuldigung zu leugnen, doch sein wütender Blick brachte sie zum Schweigen. Da ihr klar war, dass er am nächsten Morgen unweigerlich Duncan und die anderen ausfragen würde, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm die Wahrheit zu sagen.
    Als sie schließlich zum Ende der traurigen Geschichte kam, war sie überrascht, wie erleichtert sie war. Offenbar hatte sie die Wut, die Verletzung und den Schmerz zu lange mit sich herumgetragen, hatte sie unter dem endlosen Kreislauf aus Arbeit und den Bedürfnissen ihrer Kinder begraben. Jetzt, da sie ihnen Ausdruck verliehen hatte, war ihr leichter zumute.
    »Wozu um alles in der Welt hast du den Idioten überhaupt geheiratet, Ruby?«
    »Ich dachte, ich wäre verliebt«, gestand sie unter Tränen, »und die Chance, Grandma Nells Pionierserbe anzutreten, schien mir zu beweisen, dass alles so sein sollte. Jetzt ist mir klar, dass es nur eine törichte Schwärmerei war, der Traum eines dummen kleinen Mädchens.«
    Finn schloss sie in seine Arme und küsste ihren Scheitel. »Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen, mein mavourneen «, murmelte er. »Tut mir leid.«
    Ruby kuschelte sich an seine Brust, das alte irische Kosewort brachte sie erst recht zum Weinen. »Meine Eltern fehlen mir«, schluchzte sie, »und ich vermisse Parramatta und Moonrakers, und meine Brüder und Schwestern, und –«
    »Schhh, schhh!«, besänftigte er sie. »Ich habe Briefe und Geschenke von allen mitgebracht, und jetzt hast du mich, der sich um dich kümmert, du bist nicht mehr allein.«
    Sie wich zurück und schaute ihn durch ihre Tränen an, denn sie konnte kaum glauben, was sie gehört hatte. »Du bleibst hier?«
    Er nickte und zog sie wieder in die Arme. »Ich bleibe.«
    Port Jackson, Sydney, 28. Februar 1852
    Harry sorgte dafür, dass seine Truhen und Kisten verstaut wurden, und warf vom Deck der Constant einen letzten Blick auf Sydney, als die Anker gelichtet

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