Legion der Morgenroete
angebracht, wir schlagen unser Lager in einiger Entfernung von all diesen Toten auf."
„Ich kümmere mich um die Verwundeten", erklärte Bowgentle. Er warf das Pferd herum und ritt zur kamarganischen Kavallerie, die es sich neben ihren Pferden bequem gemacht hatte.
„Ihr habt eure Sache großartig gemacht, Jungs", rief Graf Brass ihnen zu. „Es ist wie in alten Zeiten. Nur ist jetzt unser Einsatz höher. Wir kämpfen, um Europa zu retten."
Hawkmoon wollte etwas sagen, da stieß er plötzlich einen furchtbaren Schrei aus. Er ließ den Helm fallen und drückte beide Hände gegen die Stirn. Seine Augen verdrehten sich vor Schmerz und Schrecken. Er schwankte und wäre gefallen, wenn Oladann ihn nicht gehalten hätte.
„Was habt Ihr, Herzog Dorian?" fragte der Pelzgesichtige besorgt.
„Was ist mit dir, mein Liebling?" rief Yisselda erschrocken. Sie sprang vom Pferd und half Oladahn, ihn zu stützen.
Es gelang Hawkmoon, ein paar Worte herauszubringen. „Das - Juwel... Das Schwarze - Juwel -es frißt - wieder an - meinem - Verstand! Seine - Kraft ist zurückgekehrt!" Er schwankte und sackte in ihren Armen zusammen. Seine Arme hingen kraftlos herab, und sein Gesicht war weiß wie eine Wand. Sie sahen nun auch, daß er sich nicht getäuscht hatte. Das Schwarze Juwel glühte in düsterem Feuer.
„Oladahn, ist er tot?" schrie Yisselda voll Panik.
Der Kleine schüttelte den Kopf. „Nein - er lebt. Doch wie lange noch? Bowgentle! Sir Bowgentle! Kommt, schnell!"
Bowgentle rannte herbei und nahm Hawkmoon in die Arme. Es war nicht das erstemal, daß er den Herzog von Köln in diesem Zustand gesehen hatte. „Ich werde versuchen, ihm wenigstens eine zeitweilige Linderung zu verschaffen. Aber leider habe ich hier nicht die Mittel, die mir auf Burg Brass zur Verfügung standen."
Zutiefst erschrocken sahen Yisselda und Oladahn und später auch Graf Brass zu, wie Bowgentle Hawkmoon behandelte. Endlich schlug der Herzog die Augen auf.
„Das Juwel", stieß er aus. „Ich habe geträumt, daß es sich wieder in mein Gehirn frißt.. "
„Das wird es auch, wenn es uns nicht bald glückt, einen Weg zu finden, um es zu blockieren", murmelte Bowgentle. „Die Kraft ist im Augenblick erloschen, aber wir wissen nicht, wann sie zurückkehrt und in welcher Stärke."
Hawkmoon taumelte auf die Füße. Er war bleich und vermochte kaum zu stehen. „Wir müssen weiter - nach Londra, so schnell es geht. Wenn uns die Zeit dazu bleibt!"
15. DIE TORE VON LONDRA
Die Truppen hatten sich außerhalb der Tore von Londra gesammelt, als die sechs Reiter an der Spitze ihrer Kavallerie den Hügelkamm erreichten.
Hawkmoon umklammerte das Rote Amulett. Er wußte, es allein hielt ihn noch am Leben, es half ihm, die Macht des Schwarzen Juwels zu bekämpfen. Irgendwo in der Stadt bediente Kalan die Maschine, die die grauenvolle Kraft in den Edelstein pumpte. Um an Kalan zu gelangen, mußte er die Stadt nehmen, mußte er die Legionen schlagen, die unter Meliadus' Führung auf ihn warteten.
Hawkmoon zögerte nicht, er durfte es nicht, denn jede Sekunde seines Lebens war kostbar. Er zog das rote Schwert der Morgenröte und gab den Befehl zum Angriff.
Die kamarganische Kavallerie stürmte den Hügel herab, auf eine Streitmacht, die ihnen um ein Vielfaches überlegen war.
Flammenlanzen spuckten aus den Reihen der Granbretanier, und das Feuer der Kamarganer erwiderte den Beschuß. Hawkmoon hielt den richtigen Moment für gekommen und stieß den Schwertarm in die Höhe. „Legion der Morgenröte! Ich rufe die Legion der Morgenröte!" Und dann stöhnte er, als unerträglicher Schmerz sich in seinem Schädel ausbreitete und er die Hitze des Juwels in seiner Stirn spürte. Er konnte nicht einmal mehr Antwort auf Yisseldas besorgte Frage nach seinem Befinden geben.
Und schon befanden sie sich mitten im Schlachtgetümmel. Hawkmoons Augen waren glasig vor Schmerz, er konnte den Feind kaum erkennen und vermochte auch zuerst nicht zu sagen, ob die Legion der Morgenröte erschienen war. Aber sie waren hier, die barbarischen Krieger, und ihr rötlicher Strahlenkranz leuchtete. Das Rote Amulett half ihm gegen das Schwarze Juwel ankämpfen, und er spürte allmählich seine Kraft zurückkehren. Aber wie lange würde sie ihm bleiben?
Nun befand er sich in der Mitte einer Masse von ängstlich wiehernden und sich aufbäumenden Pferden, und hieb mit dem Schwert auf Geierkrieger ein, die sich mit Keulen zur Wehr setzten. Er blockierte einen Schlag und erwiderte ihn,
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