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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Autobahnraststätte abgeschlachtet worden war, und sie hatte mitgeholfen, das wenige, was von April noch übrig gewesen war, zu begraben. Es gab nichts mehr, woran sie sich festhalten konnte. Sie war allein, eine Verrückte, nur wegen ihrer Visionen überhaupt noch zu irgendetwas zu gebrauchen. Und jetzt, da die Saat der Depression Wurzeln geschlagen hatte, breitete sie sich aus wie Unkraut. Sie konnte sich nicht daraus befreien, wusste nicht einmal, ob sie es überhaupt wollte. Es war weit einfacher, vollkommen in sich selbst zurückgezogen zu leben, als sich Tag für Tag den neuen Herausforderungen ihres Lebens in der realen Welt zu stellen.
    »Ich dachte, du würdest dich mittlerweile vielleicht ein bisschen einsam fühlen«, sagte Mare. Sie war so in ihre Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht einmal gehört hatte, wie er hinter ihr durch die Dachluke geklettert war.
    »Lass mich in Ruhe«, flüsterte sie und wischte ihre Tränen weg.
    »Das kannst du komplett vergessen«, meinte Mare nur und hockte sich neben sie. Er legte ihr einen Arm um die Schulter und versuchte, sie näher an sich heranzuziehen, aber Jill schüttelte ihn sofort wieder ab.
    Mare versuchte, es sich nicht zu Herzen zu nehmen. Es war so viel Tod um sie herum. Alle ihre Freunde waren jetzt unter der Erde, und doch tat es ihm weh, dass sie ihn ausschloss. Alles, was er wollte, war, dass es ihr ein bisschen besser ging. Kapierte sie denn nicht, dass er sie liebte?
    Seine Augen weiteten sich, und Mare hatte das Gefühl, als würde sein Herz stehen bleiben. Hatte er das tatsächlich gerade gedacht? Er spürte, wie seine Wangen feuerrot wurden, und betete, dass Jill es nicht mitbekam. Sie sah ihn ohnehin nicht an. Stattdessen starrte sie nur auf das staubige alte Skelett, das Jill sie partout nicht beerdigen lassen wollte.
    »Wer war sie?«, fragte Mare, der beschlossen hatte, sich für den Moment damit zufriedenzugeben, einfach in ihrer Nähe zu sein.
    »Ich weiß nicht über wie viele Generationen, aber sie war meine Großmutter«, murmelte Jill. Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich kenne nicht mal ihren Namen.«
    »Die anderen meinen, dass sie und ihr Stamm dem Sturm ihre Seelen verkauft haben, damit sie zu diesen großen weißen Vögeln werden konnten.«
    »Sie haben ihr Leben freiwillig gegeben. Für mich. Für uns. Für unser …« Jill verstummte.
    »Für unser was?«
    »Nichts«, flüsterte sie und rutschte noch ein Stückchen weiter weg, als ihre Ellbogen sich berührten.
    »Hab ich irgendwas angestellt?«, fragte Mare.
    »Was meinst du damit?«
    »Hab ich dich mit irgendwas wütend gemacht? Ich meine, seit ein paar Tagen bist du total distanziert, dabei haben wir davor noch … ich hatte das Gefühl, als wäre da etwas zwischen uns …«
    Jill antwortete mit Schweigen. Sie wusste ohnehin nicht, was sie sagen sollte.
    »Habe ich mich getäuscht?«, fragte er flüsternd.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann sprich mit mir, Jill. Was geht da vor, hinter diesen wunderschönen Augen? Lass mich dir helfen!«
    »Niemand kann mir helfen.«
    Mare lächelte. »Klingt wie eine echte Aufgabe.«
    Zum ersten Mal sah sie ihn durch ihre tränenverschmierten Augen an, und sie konnte einfach nicht anders, als zu lachen, auch wenn es sich mehr wie ein Schluchzen anhörte.
    »Du bist ein hoffnungsloser Fall, weißt du das?«
    »Das soll heißen ›unwiderstehlich‹, oder?«
    Wieder lachte Jill, und sie musste sich die Nase abwischen, damit ihr der Rotz nicht über den Mund lief.
    »Sehe ich da etwa ein Lächeln?«, fragte Mare. »Das ist zumindest schon mal ein guter Anfang.«
    Er streckte ihr seine Hand hin, und diesmal nahm Jill sie. Ihre kleinen Finger waren eiskalt, und sie drückte so fest zu, dass Mares Knöchel bald zu schmerzen begannen. So saßen sie schweigend da und starrten das Skelett an, dessen windschiefer Kopf zurückstarrte, als warte er darauf, dass etwas passierte. Der Brustkorb darunter war voller Spinnweben, und die Knochen darum herum verfärbten sich langsam zu dem Braun ausgespuckten Kautabaks, aber sie genossen es, einfach nur dazusitzen und die Welt draußen eine Zeit lang ohne sie weiterhasten zu lassen.
    Schließlich ließ Jill seine Hand los, zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um ihre Beine. Sie zitterte.
    »Soll ich dich allein lassen?«, fragte Mare nach einer Weile.
    »Nein«, flüsterte Jill, die immer noch alles Mögliche anschaute, nur nicht sein Gesicht. »Bitte … bleib einfach nur bei mir.«
    Er

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