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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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gähnenden Spalten aufgetan hatte. Nur ganz allmählich füllten sich die matschigen Risse, in denen während der Flut das Wasser stand, mit Sand. Ursprünglich hatten sie vorgehabt, die Speere, auf denen die Angreifer aufgespießt worden waren, die sich von der Klippe über ihnen heruntergestürzt hatten, dort zu lassen, wo sie waren, doch mittlerweile war der Gestank nicht mehr zu ertragen. Außerdem konnten sie jederzeit neue Speere in die Löcher stecken, zwischen all den Furchen, welche die Kreaturen aufgerissen hatten in dem Versuch, sich von den tödlichen Fallen zu befreien. Es waren die kleinen Sandhügel ein Stück weiter südlich, über die Adam sich keine Gedanken machen wollte. Sechs Stück, einer neben dem anderen. Sechs Mahnmale, die sie auf alle Zeiten an die Schuld erinnern würden, die auf ihnen lastete, und daran, welch unglaubliches Geschenk ihnen gemacht worden war.
    Gemeinsam hatten sie Darrens und Aprils zerschmetterte und abgenagte Knochen aufgesammelt und die wenigen Überreste im gleichen Grab beerdigt, aus Angst, sie könnten die Knochen durcheinanderbringen; außerdem war Jill der festen Überzeugung gewesen, die beiden hätten es ohnehin so gewollt. Lindsay, deren Leiche noch fast vollständig gewesen war, da der Schwarm auf seiner Jagd nach frischem, lebendigem Fleisch sich nicht lange mit ihren Überresten aufgehalten hatte, lag gleich neben den beiden. Normans Grabhügel hingegen war weitaus kleiner, denn sein Kopf war das Einzige, was sie von ihm noch gefunden hatten. Grays Asche ruhte gleich neben dem Fleckchen, wo er seine Frau, Carrie, beigesetzt hatte, über dessen provisorisch zusammengezimmertes Kreuz bereits mutierte Kletterpflanzen mit seltsamen roten Blüten wucherten. Das letzte Grab gehörte jenem Mann, der auf der Insel versucht hatte, sie vor Richard zu beschützen, und daraufhin erschossen worden war. Aus Dankbarkeit und Anerkennung ihm gegenüber hatten sie seine Knochen zusammen mit denen von Gray aus den Überresten des heruntergebrannten Feuers gefischt und sie hier, an einem Ort, der ihnen nun als heilig galt, beigesetzt. Hier würden sie sie betrauern und ihnen ihre Dankbarkeit erweisen. So lächerlich diese Geste des Dankes auch scheinen mochte, es war alles, was sie im Moment tun konnten.
    Von rechts wehte eine sanfte Brise den Rauch von der Feuerstelle herüber, mit der sie den Seetang am Ufer erwärmten, blies ihn über die Gräber und trug ihn dann hinaus auf den See. Etwas, das beinahe aussah wie ein längliches, gezacktes Stück Felsen, durchstieß die raue Wasseroberfläche und erhob sich aus der grauen Rauchwolke. Eine stachelige Mähne, deren Dornen sich verzweigten wie das Geweih eines Hirsches, verlief über seinen Kopf und Hals. Ganz im Gegensatz zu dem Pferd, das es einmal gewesen war, waren die Konturen des Tieres eher kantig. Straffe, graue Haut spannte sich über die leicht hervorstehenden Knochen und die spitze Schnauze. Seine Augen sahen aus, als wären sie aus Marmor, und Adam spürte, wie das türkis-schwarze Muster ihn zu verschlingen drohte. Mit seinen spindeldürren Beinen stand das seltsame Geschöpf knietief im seichten Wasser, und Adam konnte gar nicht anders, als seine eigenartige Schönheit zu bewundern, die in den letzten beiden Tagen etwas unter der Tatsache gelitten hatte, dass die Tiere jeweils zu Sonnenauf- und -untergang an Land gekommen waren, um sich an den verwesenden Überresten des Schwarms zu laben und dann die ausgeweideten Kadaver dorthin mitzunehmen, wo auch immer sie unter der Oberfläche dieses Binnenmeeres lebten.
    Phoenix ging auf das Tier zu und ließ es an seiner Hand schnuppern. Wiehernd schüttelte es seinen Kopf, kam dann noch ein Stück näher heran und drehte sich zur Seite, damit Phoenix seine Flanke streicheln konnte, die sich anfühlte wie faseriges Fleisch, das straff über die dünnen Knochen darunter gespannt war. Phoenix folgte der Aufforderung und arbeitete sich mit seiner Hand langsam bis zu den langen Stacheln auf den Schultern des Tieres vor, dann schwang er sich auf seinen Rücken und hielt sich an der dornigen Mähne fest. Einen Moment lang tänzelte das Tier nervös hin und her, dann hatte es sich an Phoenix’ Gewicht gewöhnt und an die Hand des Jungen, mit der er es hinter den aufgerichteten Ohren streichelte.
    »Komm«, sagte Phoenix, ohne Adam anzusehen, während er die sanft gerundete Wange seines Reittiers streichelte.
    Adam ergriff einen der Dornen, dann schwang er sich hinter Phoenix auf

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