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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Augenhöhlen konnten keine Tränen mehr vergießen – stattdessen brannten sie nur.
    »Bitte … ich möchte wieder sehen können … ich muss …«
    »In meinem Traum habe ich etwas zu dir gesagt. Ich habe extra geübt, damit ich mir diese Sachen merken kann. Ich habe zu dir gesagt, dass dein Körper immer noch weiß, wie man sieht. Du musst ihn nur daran erinnern. Ich kann dir nur zeigen, dass es möglich ist. Dir Hoffnung geben.«
    »Wie soll ich das denn machen?«, fragte Ray flüsternd. »Ich habe keine … ich habe keine Augen mehr.«
    »Ich weiß. Du hast sie geopfert, damit mir nichts passiert«, sagte Jake, der sich wieder neben Ray gesetzt hatte und seine Hand hielt. »Meine Mutter hat immer gesagt: ›Keine gute Tat bleibt unbelohnt‹.«
    »Unbestraft.«
    »Das ist doch Quatsch«, widersprach Jake kichernd. »Man wird doch nicht bestraft, wenn man etwas Gutes tut.«
    »Manchmal schon«, sagte Ray und deutete auf den dreckigen Fetzen Stoff über seinen Augen.
    »Aber es sollte nicht so sein«, erwiderte Jake in einem so ernsten Tonfall, wie ein Achtjähriger ihn überhaupt nur hinbekommen konnte. »Du hast mir das Leben gerettet. Gott vergisst so etwas nicht.«
    Ray versuchte ein Lächeln aufzusetzen, aber es gelang ihm nicht. »Du bist ein guter Junge, Jake, und du bist noch am Leben. Das ist Belohnung genug für mich.«
    »Probier es einfach. Du wirst es schaffen.«
    Ray drückte Jakes Hand, und der kleine Junge kuschelte sich an ihn. Vielleicht war das, was er zu sehen geglaubt hatte, nur eine Illusion gewesen, ausgelöst von den kalten Händen, die er plötzlich an seinem Kopf gespürt hatte. Er konnte nicht mehr sehen, und das würde auch so bleiben. Er war blind. Das war die Realität. Diese Bilder, die grauen Schatten … sie waren nichts weiter als ein grausamer Scherz seines Bewusstseins gewesen, ein Ausdruck seiner Sehnsucht. Er machte Jake keinen Vorwurf. Jake war noch ein kleines Kind, und er hatte es gut gemeint. Ray wünschte, dieser kleine Vorfall hätte nie stattgefunden, doch tief in seinem Inneren spürte er, wie Hoffnung aufkeimte, und er wusste nur zu gut, dass diese eines Tages zu einem Rosenstrauch erblühen konnte – einem Rosenstrauch mit Dornen, die scharf waren wie Dolche.
    Gemeinsam saßen sie vor dem Feuer und hielten sich an der Hand, und beide hatten sie ihr Gesicht den Flammen zugewandt, auch wenn nur einer sie sehen konnte.

IV
     
    »Sie kommen doch zurück, oder?«, fragte Missy.
    »Natürlich kommen sie zurück«, erwiderte Evelyn, auch wenn sie die gleichen Zweifel an sich nagen fühlte wie Missy. Keine von beiden hätte auch nur einen Moment lang geglaubt, dass Adam und Phoenix sie im Stich lassen würden, aber da draußen regierte das Grauen. Sie hatten viel zu viel Tod gesehen, als dass sie irgendeinen Ort auf der Welt noch für sicher gehalten hätten. Die Normalität, die sie sich gegenseitig vorspielten, war nichts anderes als eine Verhaltensregel, die sie sich selbst auferlegt hatten. Es war, als würden sie über ein Hochseil balancieren: Solange sie in Bewegung blieben und nicht nach unten sahen, schien alles in Ordnung, zumindest an der Oberfläche. In Wahrheit jedoch war überhaupt nichts in Ordnung.
    Schweigend standen sie an der Rückseite der Höhle. Sie hatten eine der Gosiute-Decken aufgetrennt, die dicken Fäden zwischen zwei Felswänden aufgespannt und die langen Seetangblätter daran zum Trocknen aufgehängt. Sie experimentierten mit verschiedenen Zubereitungsarten, denn mittlerweile hatten sie Seetangsalat und gekochten Seetang reichlich satt, auch wenn niemand sich traute, es laut auszusprechen. Vielleicht würden die dicken Blätter, wenn man sie lange genug trocknen ließ, die Konsistenz von Dörrfleisch annehmen. Und selbst wenn es nicht funktionieren sollte, zumindest hatten sie etwas zu essen, was weit besser war, als zu verhungern.
    Außerdem hatten sie endlich etwas zu tun, denn ansonsten war ihre einzige Beschäftigung, die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang totzuschlagen. Hoffentlich konnten sie ihre Energie auf etwas Sinnvolleres verwenden, wenn Adam und Phoenix wieder zurück waren. Sie waren vollkommen wehrlos, kaum geschützt von dem See auf der einen und dem Berg auf der anderen Seite. Solange ihre Straßensperre lediglich aus einem Haufen Asche bestand und sie keine brauchbaren Verteidigungsanlagen gegen einen Angriff von dem mittlerweile aufgetauten See hatten, waren sie weiter diesem Gefühl der Hilflosigkeit

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