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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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noch schlimmer!«
    Schlimmer, schlimmer, schlimmer … Die Felswand am anderen Ufer warf meine Stimme zurück. Niina merkte, dass wir sie fast eingeholt hatten und dass auch Pertsa immer näher kam. Sie sah sich verstört um. Das Loch in der Eisdecke, einige Meter von ihr entfernt, erblickte sie fast im selben Moment wie Taskinen und ich. Jemand hatte sich ein kleines Tauchbecken ins Eis gehackt. Ich war nun schon so nahe, dass ich Niinas Gesichtsausdruck erkennen konnte, als sie entschlossen auf das Becken zustürzte.
    »Nein!«, brüllten Taskinen und ich gleichzeitig. Auch wir rannten los, aber Taskinen rutschte wieder aus und knallte der Länge nach aufs Eis. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass er sich beim Fallen auf die Lippe gebissen hatte und blutete. Doch jetzt war keine Zeit, sich um ihn zu kümmern, denn Niina sprang ohne Zögern ins Wasser. Offenbar hatte sich auf der Oberfläche eine dünne Eisschicht gebildet, ein leises Klirren war zu hören, dann ein Platschen, das in der Stille von Nuuksio ungeheuer laut klang. Pertsa, der von der gegenüberliegenden Seite angerannt kam, rollte sich zur gleichen Zeit an den Rand der Eisdecke wie ich.
    Niina kam prustend an die Oberfläche, holte reflexartig Luft, tauchte aber sofort wieder unter. Wenn es ihr gelang, unter die Eisdecke zu schwimmen, war sie verloren. Ich zog hastig den Mantel aus, um ihr nachzuspringen.
    »Bist du wahnsinnig? Du bleibst draußen!«, brüllte Pertsa, kroch zu mir und stieß mich so heftig vom Rand weg, dass ich einige Meter rutschte. Er sprang ins Wasser. Ich kroch zurück an den Rand des Eislochs, spürte Taskinen neben mir. Aus der Ferne waren Laufschritte zu hören. Das Wasser wogte, Pertsas Kopf tauchte auf, grässlich rot gefärbt.
    »Ich hab sie«, keuchte er. Ich bekam Niina an den Handgelen-ken zu fassen, doch statt zu versuchen, aufs Eis zu gelangen, wollte sie mich in das schwarze Wasser ziehen. Die Mandelaugen blickten eiskalt wie Halttunens Augen. Ihr schlaffer, wasserschwerer Körper wog, als wäre er aus Stein, ihre Finger, die meine Handgelenke umklammerten, waren kalt und hatten spitze Nägel. Das Eis unter mir knirschte, ich spürte, wie es durch das Wasser in Bewegung geriet. Plötzlich hörte ich mich schreien, meine Ärmel waren schon nass, Wasser schwappte auf das Eis und umspülte meinen Körper.

    In dem Moment packte Taskinen meine Knöchel und zog mich langsam vom Eisrand zurück. Der prustende Pertsa schob Niina, die sich verzweifelt wehrte, von hinten aufs Eis, ich konnte nur die schmalen Handgelenke festhalten. Im Gesicht spürte ich Niinas lange schwarze Haare, wie die eisigen Tentakel eines Tintenfischs.
    Als Taskinen sich neben mich rollte und Niina unter den Achseln packte, leistete sie keinen Widerstand mehr, sie war bereits erstarrt.
    Auch Pertsas Verfassung war nicht die beste, obwohl er es noch schaffte, sich aus eigener Kraft aus dem Wasser zu hieven.
    Zum Glück waren wir nicht mehr allein. Aus einem Haus am Ufer kamen Leute zu Hilfe, und über das Eis näherten sich zwei Polizeistreifen.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen!«, brüllte Taskinen, dem immer noch Blut aus dem Mund lief. Er zog seinen Mantel aus und wickelte ihn um die schluchzende Niina. Pertsa stampfte mit den Füßen, als hätte er Angst anzufrieren. Ich überlegte, ob ich ihm meinen Mantel geben sollte, aber der war auch nass und außerdem ungefähr zwanzig Nummern zu klein für ihn.
    Nachdem wir eine Ewigkeit auf dem Eis geschlottert hatten, brachten die Kollegen Decken aus ihrem Auto, in die Niina und Pertsa gehüllt wurden. Niina konnte nicht mehr richtig gehen, die Streifenbeamten trugen sie in das nahe gelegene Haus, wo der Krankenwagen sie schließlich abholte und ins Krankenhaus brachte. Pertsa, der sich aus seinen nassen Kleidern geschält und in einen zu kleinen Polizeioverall gezwängt hatte, behauptete, er brauche keinen Arzt, sondern ein paar steife Grogs und eine ganze Knoblauchzwiebel. Da er trotz allen Zuredens nicht bereit war, ins Krankenhaus zu fahren, brachten Taskinen und ich ihn nach Hause.
    »Danke, Pertsa!«, sagte ich unbeholfen, als er vor seinem Haus in Olari ausstieg. In dem Moment, als ich Niina nachspringen wollte, hatte ich völlig vergessen, dass ich schwanger war. Aber Pertsa hatte daran gedacht. Zwar konnte man trotz Schwangerschaft alles Mögliche tun, doch Eislochschwimmen, zumal wenn man es nie zuvor probiert hatte, war sicher nicht empfehlens-wert.
    »Höchste Zeit, dass du lernst, zuerst zu denken

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