Lehtolainen, Leena
der an der Nuuksiontie wohnt, ist ein Autofreak, er erinnert sich genau an die Marke und an das Nummernschild. Ist ja auch leicht zu merken.«
Hanninens Chevrolet war vor ein paar Jahren neu zugelassen worden, unter dem Kennzeichen KAR-199.
Kari Hanninen stritt alles ab. Ein Geständnis hatte ich auch gar nicht erwartet. Er lachte nur und sagte, in Nuuksio herumzugon-deln sei kein Verbrechen und ich hätte nicht genügend Beweise für eine Anklage.
»Die Beweise werden wir schon finden, darauf können Sie sich verlassen!«, sagte ich zum Abschied drohend. Das musste ich auch mir selbst einreden, sonst wäre meine Arbeit, meine ganze Welt sinnlos.
Ich war noch so durcheinander, dass ich mich nicht ans Steuer wagte, sondern ziellos durch die Straßen des Vororts spazierte.
Ich betrachtete ein Zweijähriges, das kreischend in seiner Sportkarre saß, und seine Mutter, der der Verdruss im Gesicht festgefroren war. Wenn aus einem Kind ein Hanninen oder ein Halttunen wurde, was war dann schief gelaufen? Hanninens Horoskop war schon zutreffend: Es würde mir nicht leicht fallen, Mutter zu sein. Wenn ich mich in die Angelegenheiten anderer Menschen vertiefte, kamen meine eigenen oft zu kurz.
Ich war erst in der zehnten Woche, noch war es nicht zu spät für einen Abbruch. Ich lächelte über den Gedanken, diese Alternative war nur noch ein schlechter Scherz.
Ich musste aus meinen Eigenschaften eine Stärke machen, aus den Begegnungen mit den Niinas und Millas dieser Welt lernen und wenigstens die Fehler vermeiden, die ich erkannte. Obwohl ich wusste, dass mir das nicht restlos gelingen konnte, dass ich sicher Fehler machen würde, deren Auswirkungen sich erst nach Jahrzehnten zeigten, war ich allmählich bereit, die Herausforde-rung anzunehmen.
Ich war auf meinem Spaziergang in einem Park angelangt, wo freudeschreiende Kinder einen Schneehügel herunterrutschten.
Ich schaute ihnen eine Weile zu und versuchte mir das Gesicht vorzustellen, auf dem ich in einigen Jahren diese Freude sehen würde. Dann rief ich Antti bei der Arbeit an.
»Ich bin’s. Komm mit mir essen.«
»Aber gern! Wann denn?«
»In einer Viertelstunde, falls ich einen Parkplatz finde. Ich hol dich ab.«
Ich ging zurück zu meinem Fiat und kämpfte mich durch den Verkehr in Richtung Innenstadt. Die Wintersonne färbte die Welt heller, sie deutete bereits an, dass sie in zwei Monaten den Schnee vertreiben würde. Unterwegs stellte ich das Radio an und erwischte die Band Kollaa Kestää:
Heute will ich aufstehen
In die Welt hinausgehen
Meinen eigenen Weg
Und will sehen
Was hinter den Mauern liegt.
Ich sang den Refrain lauthals mit und beschloss, wenigstens für den Rest des Tages an die Worte zu glauben.
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Prolog
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