Leibniz, Newton und die Erfindung der Zeit (German Edition)

aber auch an den Rhythmen der anderen, der Mutter, der Gesellschaft, der Kultur, in der wir aufwachsen. Andersherum erwächst eine Vorstellung von Objektivität aus einem Konsens über die Erkenntnisse einzelner Beobachter und Denker. Wie wir in diesem Buch gesehen haben, muss sich jedes objektive Zeitmaß in einem solchen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs erst bewähren.
    Zwischen Leibniz und Newton war kein direkt ausgetragener Diskurs und schon gar kein Konsens über das Wesen von Raum und Zeit möglich. Der englische Mathematiker entzog sich einem persönlichen Dialog mit seinem deutschen Kollegen. Leibniz seinerseits entging die epochale Bedeutung der newtonschen Physik. Sein komplexes Denken ließ schon die Setzung einer »absoluten Zeit« und eines »absoluten Raumes« nicht zu. Uns aber kann die Kontroverse der beiden Gelehrten hellhöriger machen für die Zeit, mit der wir leben.

DANKSAGUNG
    Ich danke allen, die mich bei diesem Buch unterstützt haben, allen voran Karin Schneider, Barbara Wenner, Maren Wetcke und dem Piper Verlag, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsbibliothek zu Berlin sowie den Forscherinnen und Forschern, die die zahllosen Manuskripte und Briefe von Leibniz und Newton herausgegeben, kommentiert und zum Teil übersetzt haben und damit längst noch nicht zu einem Ende gekommen sind. Ohne sie wäre dieses Buch nicht zustande gekommen. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Frau Anne und meinem Freund Alex für ihre Geduld, Geistesgegenwart und sachkundigen Hinweise.
    Berlin, im Juni 2013
    Der Verfasser

ZEITTAFELN
    ISAAC NEWTON
    1642/43 Am ersten Weihnachtstag 1642 wird Isaac Newton in Lincolnshire geboren. Nach dem in katholischen Ländern gültigen gregorianischen Kalender schreibt man bereits den 4.Januar 1643
    1646 Isaacs Mutter Hannah heiratet ein zweites Mal und lässt den Jungen, der seinen Vater nie kennengelernt hat, bei der Großmutter zurück
    1661 Studienbeginn am Trinity College in Cambridge
    1665/66 In seinem »Wunderjahr« legt Newton den Grundstein für eine neue Theorie zu Licht und Farben und entwickelt die Infinitesimalrechnung
    1669 Newton wird Professor für Mathematik in Cambridge
    1672/73 Aufnahme in die Royal Society; seine Licht-und Farbentheorie und ein selbst gebautes Spiegelteleskop machen Newton international bekannt
    1676 Erster mathematischer Briefwechsel mit Leibniz
    1679 Robert Hooke, der Chefexperimentator der Royal Society, bringt Newton auf die Fährte zu einer neuen Planetentheorie
    1687 Druck der Principia , seines epochalen Werks über die Mechanik
    1687/88 Während der Protestbewegung gegen die Rekatholisierung des Landes tritt Newton als einer der Revolutionäre hervor und zieht als Abgeordneter ins Unterhaus ein
    1696 Newton wird Aufseher, später Direktor der Königlichen Münzanstalt und zieht nach London um
    1703 Wahl zum Präsidenten der Royal Society; Newton behält dieses Amt bis zu seinem Lebensende
    1704 Mit den Opticks erscheint sein zweites bedeutendes physikalisches Werk als Buch
    1705 Seiner politischen Betätigung wegen wird Newton von Queen Anne zum Ritter geschlagen
    1707 Vereinigung der Königreiche England und Schottland; nach der so geschaffenen Währungsunion wird die Zusammenführung der Münzanstalten in London und Edinburgh zu Newtons Aufgabe
    1712 Als Präsident der Royal Society lässt Newton eine Untersuchungskommission einrichten, die im Prioritätsstreit mit Leibniz zu seinen Gunsten Stellung nimmt
    1720 Bei Aktienspekulationen verliert Newton etwa 20000 Pfund – ein kleines Vermögen
    1727 Newton stirbt am 31.März gregorianischer Zeitrechnung und wird in der Westminster Abbey beigesetzt
    GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ
    1646 Gottfried Wilhelm Leibniz wird am 1.Juli in Leipzig geboren
    1652 Tod des Vaters Friedrich Leibniz, Professor für Moralphilosophie an der Universität Leipzig
    1661 Im Alter von 15 Jahren nimmt Leibniz in seiner Heimatstadt ein juristisches Studium auf
    1667 Nach seiner Promotion tritt Leibniz in die Dienste des Mainzer Erzbischofs
    1672–76 Aufenthalt in Paris und erstes Modell einer Rechenmaschine, die alle vier Grundrechenarten beherrscht
    1673 Erste Reise nach London und Aufnahme in die Royal Society
    1675/76 Entdeckung der Infinitesimalrechnung
    1676 Zweite Londonreise und Einsicht in Newtons Werke
    ab 1677 Hofbibliothekar in Diensten des Hauses Hannover
    1678–86 Regelmäßige Aufenthalte im Harz; Pläne zur Entwässerung der dortigen Bergwerke durch Windkraft
    1679