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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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vor? Ah, jetzt
verstehe ich... Ich glaube wenigstens. Die Libra ist manövrierunfähig,
weil sich ihre Ankerleine um die Propellerwelle gewickelt hat. Und jetzt
versucht die Virgo, sie von der Seite her zu schieben. Wenn sie vorhaben,
die ganze Strecke nach Port Spiglia auf diese Weise zurückzulegen, wird es eine
Weile dauern, bis sie ankommen, fürchte ich. Aber immerhin — eine ganz neue Art
zu segeln.» John und Kate, neugierig geworden, waren aufgestanden.
    «Ich wette, daß die Griechen hier so
was noch nie in ihrem Leben gesehen haben», sagte Kate.
    «So was hat noch niemand je
gesehen», sagte John sarkastisch.
    Hinter ihnen heulte ein Motor auf.
John, der gerade einen Schluck Bier aus seinem Glas genommen hatte, fing an zu
husten und zu prusten.
    «Kein Grund, dich aufzuregen, John»,
sagte Patrick beruhigend. «Käpt’n Phyllis versucht nur, die verlorene Zeit
wieder aufzuholen. Drücken wir ihr die Daumen, daß sie diesmal den Vorwärtsgang
erwischt.» Die Aquarius schoß wie eine Rakete über das Wasser.
    «O bitte, bitte...» flüsterte John.
Patrick schüttelte stumm den Kopf.
    «Es hat keinen Zweck, Madam! Fliegen
tut sie nicht, da können Sie anstellen, was Sie wollen!» Die Aquarius raste in einem Nebel von Gischt um die Nase aus der Bucht und außer Sichtweite.
Nur das Heulen des Motors war noch zu hören.
    «Hast du eigentlich heute morgen bei
der Unterweisung die abgewrackten Oltanker erwähnt, die gleich hinter der Bucht
auf Reede liegen?» fragte John plötzlich.
    «O verdammt!» Alle drei horchten
angespannt.
    «Hätten wir es nicht schon knallen
hören müssen, wenn...?»
    «Wenigstens den Rauch hätten wir sehen
müssen.» Von der Mole her ertönte ein heiserer Schrei.
    «Jetzt schon?!» sagte Patrick erstaunt.
    «Was denn?» erkundigte sich John
nervös.
    «Die Pisces hat ihren Skipper
verloren.»
    «Ins Wasser gefallen ist sie aber
nicht, oder? Das hätten wir doch hören müssen.»
    «Nein, sie sitzt da drüben bei Ianni
und trinkt noch ein letztes Glas. Ach, du große Güte, was macht der denn da...»
An Bord der Pisces hatte Roge begonnen, das Großsegel zu heißen, obwohl
die Yacht noch vor Anker lag. Patrick griff nach dem Megaphon und zwang sich zu
einem halbwegs ruhigen Ton.
    «Das würde ich an Ihrer Stelle lieber
lassen, warten Sie damit, bis Sie ausgelaufen sind. — O nein, das darf doch
nicht wahr sein... Seine Frau läßt gerade den Motor an!» Die Pisces bockte wie ein störrischer Hengst. Roge verlor durch die plötzliche Bewegung
die Balance und kam unter das Segel zu liegen. Hektisch wie ein in die Falle
geratenes Frettchen versuchte er, laut schimpfend, freizukommen.
    Es dauerte einige Zeit, bis an Bord
alles wieder in Ordnung gebracht war und die Pisces mit vollständiger
Mannschaft auslaufen konnte. Patrick, John und Kate hatte es schier die Sprache
verschlagen. Erst das Quäken des Funkgeräts weckte sie aus ihrer Erstarrung.
    «Hallo — Mayday, Maydayl Hören
Sie uns, Zodiac ?» Mit einem Satz war John am Funkgerät.
    «Hier Zodiac, hier Zodiac. Bitte sagen Sie uns, wer spricht. Over .»
     
    «Das möchten wir gerade nicht sagen. Es
hören zu viele zu. Aber es handelt sich um einen wirklichen Notfall!» John
knirschte mit den Zähnen.
    «Hier Zodiac. Hier Zodiac. Was ist los bei Ihnen? Over.»
    «Es ist das Klo — das Abflußrohr ist
völlig verstopft.»
    Die Capricorn war bekalmt. Für
Mr. Pringle war dies die ideale Art des Segelns schlechthin. Der Boden unter
seinen Füßen immer hübsch waagerecht, die Bootsbewegungen waren kaum spürbar,
und er hatte nichts weiter zu tun, als ab und zu unter Deck zu gehen und ihre
Gläser neu zu füllen.
    Liz stand an der Pinne. Matthew ging
nach vorn, hakte eine Stange aus, die Mr. Pringle bislang für einen
zusätzlichen Mast gehalten hatte, und baumte die Fock aus. Hier erfüllte sie
denselben Zweck wie die Wäschestützen seiner Großmutter bei den Bettlaken,
dachte Mr. Pringle, sie sorgte dafür, daß das schlaffe Segeltuch gestrafft
wurde und so jeden noch so kleinen Lufthauch einfing. Nun drehte Matthew die
Fock in genau entgegengesetzte Richtung zum Großsegel, so daß die Yacht gleich
einem Schmetterling mit ausgebreiteten Flügeln über der gläsernen See zu
schweben schien.
    Daß sie Fahrt machten, daran konnte
kein Zweifel bestehen, denn Mr. Pringle sah hin und wieder Plastikflaschen, die
in entgegengesetzter Richtung an ihnen vorbeischwammen. Es überraschte ihn, daß
auch Flaschen von Coop dabei waren. Daß die

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