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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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ich
wohl einen Moment um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Ich möchte Ihnen eine kleine
Änderung im Reiseablauf vorschlagen...» Er hielt inne. Von jetzt ab mußte er
aufpassen, was er sagte.
    «Wir auf der Zodiac hatten heute
den Eindruck, daß zwei oder drei Besatzungen... möglicherweise... ein wenig
unerfahrener sind als der Rest. Deshalb haben wir überlegt, ob es nicht
vielleicht sinnvoll wäre, zunächst weiter zusammen in der Flottille zu segeln,
bis wir den größten Teil der Strecke nach Parga zurückgelegt haben.»
    Er gab ihnen Gelegenheit, ihren Protest
zu artikulieren. Wie zu erwarten, war es besonders Phyllis, die seinen
Vorschlag absolut indiskutabel fand. Ihr größter Wunsch sei es, so verkündete
sie lauthals, alles und jeden hinter sich zu lassen — auch und ganz besonders
die hier Anwesenden. Um zu verhindern, daß sie noch weitere Beleidigungen von
sich gab, ergriff Patrick wieder das Wort.
    «Wir haben uns gedacht, daß wir morgen
vielleicht nach Nidri segeln sollten; das wäre nur eine kleine Abweichung von
unserer geplanten Route und würde Ihnen allen Zeit und Muße geben, sich an Ihre
Boote zu gewöhnen...»
    «...und einige Leute die drei
Essentials des Segelns lehren», brummelte Matthew gut hörbar. Elizabeth konnte
nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken.
    «Nidri ist ein hübscher Ort und nicht
allzuweit entfernt. Es gibt dort Geschäfte und Restaurants.» Patrick sah zu
Kate und John hinüber, stumm um ihre Unterstützung bittend.
    «Ja, es gibt dort einen Haufen
Boutiquen —» kam Kate ihm prompt zu Hilfe — «und auch die Möglichkeit, heiß zu
duschen.» Ein paar der Frauen begannen aufzuhorchen.
    «Kann man dort Gin kaufen?» erkundigte
sich Mr. Fairchild. «Unser Bordvorrat geht langsam zu Ende.»
    «Ja, natürlich. Es gibt jede Menge
Geschäfte, Supermärkte — was Sie wollen.»
    «Und unsere Grillparty?» fragte
Matthew. Wieder sah Patrick hilfesuchend zu John und Kate hinüber.
    «Die können wir auch in Nidri
veranstalten», sagte Kate.
    «Gibt es sonst noch Fragen?» Die
einzige, die noch keine Ruhe gab, war Phyllis. Die anderen begannen jetzt, sich
ihrem Essen zuzuwenden. Roge schmollte; er sah seine Felle davonschwimmen.
Elizabeths ungeteilte Aufmerksamkeit galt jetzt Matthew, der ganz der zärtliche
Freund war, so daß sie, halb vor Freude, halb vor Verlegenheit, errötete.
    Mr. Pringle lehnte sich wohlig seufzend
zurück. Die leichte Spannung zwischen Aries und Capricorn schien
beigelegt, mit Emma und Charlotte saßen ihm die beiden attraktivsten Frauen der
Reisegruppe gegenüber — auch wenn Charlotte heute abend ein wenig bedrückt
wirkte. In einem Anfall von Leichtsinn bestellte er sich noch eine zweite
Karaffe Wein. Er würde versuchen, sie aufzuheitern — eine höchst reizvolle
Aufgabe.
     
    Als die Zeit zum Aufbruch kam, war er
glänzender Stimmung. Die Mädchen hatten über seine Scherze gelacht, er hatte
mit Fairchild von Mann zu Mann ein Gespräch über Steuerhinterziehung geführt -
alles in allem war es ein gelungener Abend gewesen. Die Straßenbeleuchtung war
bereits abgeschaltet. Außerhalb des Dorfs lag die Straße in undurchdringliches
Dunkel gehüllt. Mr. Pringle war alleine losgegangen, doch dann tauchte
plötzlich Mrs. Gill neben ihm auf und hakte sich bei ihm ein, da sie auf der
abschüssigen Schotterstraße immer wieder ausrutschte. Mr. Pringle hatte genug
Wein intus, um sich nicht allzusehr darüber zu wundern, daß sie ihn und nicht
ihren Mann als Begleiter ausgewählt hatte. Auch seine Antipathie gegen Mr. Gill
war ihm als Folge des Alkoholgenusses im Moment nicht mehr bewußt.
    «Sehen Sie die Sterne da oben... Sind
sie nicht großartig?» blubberte er begeistert, aber Mrs. Gill interessierte ein
anderes Gesprächsthema: Elizabeth Hurst. Mr. Pringle gab gar nicht erst vor
zuzuhören, sondern überließ sich willenlos dem unstillbaren Drang zu singen:
    «Weißt du, wieviel Sternlein stehen
    an dem bla-auen Himmelszelt?»
    «Mein
Mann hat sogar einmal persönlich mit Leonard Hurst gesprochen, das wird Sie
doch sicherlich interessieren.» So leicht war Mrs. Gill von ihrem Lieblingsthema
nicht abzubringen.
    «Wenn der Topf aber nun ein Loch hat,
    lieber Heinrich, lieber Heinrich...»
    Plötzlich ertönte ein durchdringender
Schrei. Wie gebannt blieben sie stehen, starr vor Schreck. Ein paar Schritte
vor sich konnte Mr. Pringle im Schein eines kleinen Gebetslichtes die
Marienstatue erkennen; Mrs. Gill und er hatten demnach den halben Weg nach

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