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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Ruhe.»
    In der vertrauten, engen Röhre der
Hundekoje liegend, dachte
    Mr. Pringle nach über das, was ihm sein
Neffe gesagt hatte. Ob sie sich wirklich von dem Geld trennen würden, wenn sie
es erst in Händen hatten? Das war ein zynischer Gedanke, das wußte er, aber
lange Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß viele Leute in dem Moment, wo sie
tatsächlich in den Besitz von Geld kamen, ihre früheren Theorien über die
Unwichtigkeit, ja Schädlichkeit des Geldes schnell vergaßen. Aber selbst wenn
Elizabeth ihren jetzigen Idealen treu blieb, so konnte er sich sehr gut vorstellen,
daß zumindest Matthew schwach werden könnte...
     
    In der Vorpiek der Aries begutachtete Charlotte Fairchild ihre Bräunung. «Es wird...» sagte sie mit
einer Spur von Selbstgefälligkeit. Ihre Schwester Emma sah sie durchdringend
an.
    «Hältst du es wirklich für eine gute
Idee?»
    «Was?»
    «Tu nicht so dumm! Was du mit Matthew
vorhast.» Charlotte streckte sich wohlig, katzengleich.
    «Wir leben in einem freien Land.»
    «Hör auf, solchen Blödsinn zu erzählen,
Char. Werd endlich erwachsen!»
    «Was spielst du dich eigentlich so auf?
Er ist schließlich noch nicht mal mit ihr verlobt...»
    «Du wirst dir die Finger verbrennen,
Char, ich warne dich...»
    «Du redest genau wie Pa.»
    «So? Dann erinnerst du dich
wahrscheinlich daran, was er dir gesagt hat, daß nämlich Matthew zwar ein gutaussehender
junger Mann sei, aber kein Geld habe — und du hast einen sehr teuren Geschmack,
liebe Schwester. Matthew hat noch nicht einmal seine Ausbildung abgeschlossen.»
    «Wir werden schon irgendwie
hinkommen...» Charlottes Augen weiteten sich sehnsüchtig. «Ich liebe ihn, Em.»
Ihre Schwester schüttelte ungläubig den Kopf. «Doch», flüsterte Charlotte
heftig, «doch, ich liebe ihn, ich liebe ihn, ich liebe ihn!!! Und ich werde ihn
zurückgewinnen...» Sie hielt inne. «Was machst du da?» Emma war dabei, das Schiebeluk
zu öffnen.
    «Ich will nur mal schauen, wie es
draußen aussieht... Oh, was für eine wundervolle Nacht! Hilf mir mal mit meinem
Schlafsack!»
    «Du willst doch nicht etwa an Deck
schlafen?»
    «Psst. Leise. Nein, in der Plicht. Die
anderen tun das auch.»
    Charlotte blickte zu den Nachbarbooten
hinüber. Nirgendwo brannte mehr Licht. Über ihnen schimmerte das mattleuchtende
Band der Milchstraße. Sie konnte die Schatten von Körpern erkennen und meinte,
das gleichmäßige Atmen der Schlafenden zu hören. Als Emma sich geräuschlos auf
Zehenspitzen zum Heck schlich, flüsterte sie ihr nach: «Ich liebe ihn, Em...»
Sie erhielt keine Antwort. Es herrschte tiefe Stille, nur dann und wann
unterbrochen durch das leise Klatschen der Wellen. Doch plötzlich ein schriller
Schrei.
    «O Scheiße!» Eine Flasche zerschellte
auf dem Kies. Louise, die Skipperin der Pisces, war auf dem Weg zurück
an Bord.
     
     
     

Kapitel 7
     
    Mr. Pringle schreckte hoch. Draußen
dämmerte es. Ihm fiel ein, daß er vergessen hatte, Matthew nach dem Peekhaken
zu fragen. Schwammen sie noch, oder waren sie über Nacht gesunken? Ächzend wand
er sich aus der Hundekoje. Der Boden sah trocken aus — ein gutes Zeichen. Aber
er brauchte frische Luft. An Deck traf er Elizabeth.
    «Hallo! Konnten Sie auch nicht
schlafen?»
    «Ich fürchte, ich habe mich noch nicht
so ganz an die Koje gewöhnt.»
    «Ich wollte den Sonnenaufgang erleben.
Sehen Sie mal, dort drüben!» Im Osten begann sich der Himmel rötlich zu
verfärben. An der gegenüberliegenden Seite der Bucht war ein Fischer dabei,
sein Boot zu säubern. Ein leichter Wind hatte sich erhoben und kräuselte die
Wasseroberfläche. Mr. Pringle rieb sich das Kreuz. Es war noch kühl, er mußte
aufpassen, daß er keinen Hexenschuß bekam.
    «Sind Sie... froh... daß Sie
mitgekommen sind?» Sie antwortete nicht gleich, sondern blieb still sitzen, die
Arme um die Knie gelegt. Nach einer Weile sagte sie:
    «Ich denke, es wird ganz schön werden.
Sie ist eine Freundin von früher. Das ist alles.» Sie zuckte leicht mit den
Achseln. «Es war dumm von mir, mich so aufzuregen.»
    «Und gedankenlos von Matthew, Ihnen
nichts davon zu sagen, daß sie kommen würde», sagte er ruhig. Sie wandte ihm
ihr Gesicht zu und lächelte ein wenig verloren.
    «Ich hätte die goldene Regel meines
Vaters befolgen sollen: Traue niemals einem Menschen ganz.»
    «Du liebe Güte!»
    «Wenn man reich ist, muß man so denken.
Deshalb will ich das Geld, wenn ich es erst geerbt habe, ja auch gleich
weggeben. Meinen Sie, daß es etwas

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