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Leiche - oben ohne

Leiche - oben ohne

Titel: Leiche - oben ohne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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braungebrannt und von tiefen Falten durchzogen. Die Augen waren dunkel und
eiskalt. Er hatte dichtes graues Haar, und unter seinem rechten Auge entdeckte
ich eine kleine weiße Narbe. Er zeigte mit einer Pistole auf mich, über dem Arm
trug er einen blauen Wettermantel. Meinen Revolver hielt er in der Linken.
    »Bitte, caro mio«, sagte
das Mädchen, »kann ich mich jetzt wieder anziehen?«
    Er nickte, ließ mein
Schießeisen neben sich auf einen Sessel fallen und gab ihr den Mantel. Sie
schlüpfte rasch hinein und knöpfte ihn bis zum Hals zu. »Vorbei mit dem
Striptease.« Sie kicherte belustigt. »Francesca ist wieder ein braves Mädchen,
ja?«
    »Sicher, Baby.« Seine Augen
hingen an meinem Gesicht. »Hier wohnt doch die Witwe — wo ist sie?«
    Ich wußte, daß Roberta jeden
Augenblick wieder zu sich kommen konnte, und wollte verhindern, daß sie aus dem
Schlafzimmer geradewegs in eine Kugel hineinlief. »Sie hat sich hingelegt, im
Schlafzimmer«, sagte ich.
    »Sieh nach, Baby«, sagte er,
ohne mich nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen.
    Das dunkeläugige Mädchen, das
niemals im gleichen Stockwerk gewohnt hatte — wie blöd würde ich mich
eigentlich noch benehmen? —, ging ins Schlafzimmer, wobei ihre überaus runden
Hüften bei jedem Schritt aufregend wippten. Nach etwa zehn Sekunden kam sie
zurück und nickte.
    »Sie hat die Augen zu«, sagte
sie. »Groß und blond ist sie und« — sie nahm einen Augenblick den Inhalt des
weißen Spitzenbüstenhalters in beide Hände und schien etwas abzuschätzen — »so
groß wie meine, glaub ich.« Aus ihrer Stimme klang Respekt.
    »Bring sie her«, sagte er
barsch.
    »Du magst große blonde
Mädchen?« Ihre Lider flatterten zornig. »Nur weil du jetzt in Amerika bist,
glaubst du, Francesca hätte nichts dagegen, wenn du...«
    »Rein geschäftlich, Baby«,
sagte er geduldig. »Hol sie her.«
    Sie wackelte wieder ins
Schlafzimmer. Der Pistolenlauf deutete von meinem Nabel weg auf die Couch.
»Hinsetzen«, befahl der Mann. Ich tat wie geheißen, während er meinen Revolver
zwischen Sitz- und Seitenpolster des Sessels steckte und sich dann niederließ.
Roberta erschien mit einem Ausdruck völligen Nichtverstehens, von dem
dunkelhaarigen Mädchen am Ellbogen geschoben.
    »Auf die Couch«, sagte der
Mann. »Neben ihn.«
    Das brünette Mädchen bugsierte
Roberta zur Couch, ließ dann ihren Arm los und trollte sich zum Fenster. Roberta
starrte erst begriffsstutzig den Fremden mit der Pistole, dann mich an. Ich
zuckte nur vielsagend die Schultern und hielt den Mund.
    »Hier in dieser Straße ist New
York ganz hübsch«, freute sich das Mädchen, das sich Francesca nannte. »Schön
ruhig, wie auf dem Land.«
    Er legte die Waffe auf die
Sessellehne und brannte sich eine Zigarette an. Einen Augenblick lang strömte
der Rauch aus seiner Nase wie die Kondensstreifen aus einem Zweidüser, dann sah
er Roberta an.
    »Warum haben Sie Joe Slater
umgebracht?«
    »Aber ich war’s doch gar
nicht«, erwiderte sie zitternd.
    »Ich glaube, das Motiv ist auch
nicht so wichtig.« Sein Daumen massierte vorsichtig die Narbe unterm rechten
Auge. »Aber wieso wurde Lucia mit hineingezogen?«
    »Sie machen mir aber Spaß.«
Roberta lachte gequält. »Sie hat mich hineingezogen!«
    »Wo ist sie jetzt?« polterte
er.
    »Wir waren gerade dabei, das
rauszukriegen« — ich lächelte Francescas Rücken an —, »als das Mädchen, das
nicht gegenüber wohnt, bei uns klingelte.«
    »Sie sind Boyd.« Das war eine
Feststellung, keine Frage. »Sie haben ihr geholfen, Slater zu ermorden.« Er
wandte den Kopf langsam von links nach rechts und zurück, als schmerze ihn der
Hals. »Das kann ich sogar verstehen, aber weshalb habt ihr Lucia
hineingezogen?«
    »Ich sage Ihnen doch — sie hat
mich hineinverwickelt«, sagte Roberta ungeduldig. »Und Danny auch, indem sie
sich selbst zu seiner Party einlud, damit sie ein Alibi hatte.« Ihre Augen
blitzten zornig. »Und wer sind denn überhaupt Sie?«
    »Er hat besonderes Interesse an
Lucia, meine Liebe.« Ich lächelte und räusperte mich umständlich. »Er ist
nämlich ihr Vater.«
    Sie starrte ihn lange an, dann
schluckte sie heftig. »Duke Borman?«
    »Er sieht recht gut aus«, sagte
ich. »Gar nicht so, wie man sich einen Sterbenden eigentlich vorstellt.«
    »Diese Version war
erforderlich, um meine Rückkehr zu tarnen«, sagte er gleichgültig. »In diesem
Augenblick liegt in einem kleinen Privatsanatorium in der Nähe von Mailand ein
Mann, der

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