Leiche - oben ohne
gewaltiges Risiko eingehen«,
belehrte sie mich freundlich. »Weil man dann ihn mit deinem lächerlichen
Bürstenhaarschnitt und dem albernen Profil vergleichen könnte.«
»Es war ja nur ein Beispiel«,
sagte ich eisig.
»Okay.« Sie nickte. »Ich
verstehe auch, was du sagen willst, aber ich glaub’s trotzdem nicht.«
»Warum nicht?« fragte ich.
»Na ja...« Sie zuckte die
Schultern, dann wurde sie nachdenklich. »Wenn ich’s mir überlege, kann ich
eigentlich kein logisches Argument gegen deine Behauptung finden.
Wahrscheinlich bin ich zu sehr von meinen eigenen Gefühlen Cleever gegenüber
beeinflußt. Ich persönlich würde eher bei einer Klapperschlange schlafen, als
ihn in meine Nähe lassen; ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Lucia da
anders denkt.« Sie leerte ihr Glas und warf es mir zu. »Ich glaube, der Alkohol
tut mir gut. Also bitte, noch ein Gläschen.«
Ich fing das Glas mit Mühe auf.
»Ich könnte mich umbringen. Da hatte ich Walt heute nachmittag vor meinem Revolver
— und was hab’ ich gemacht? Ich bin einfach fortgegangen und habe ihn am Boden
liegengelassen.«
»Ich wäre an deiner Stelle
nicht ganz so sicher, was Cleever angeht«, wiederholte sie. »Wie ich schon
sagte, Dane Fordyce kann dir etwas vorgegaukelt haben, um dich davon zu
überzeugen, daß er Lucia nur helfen wolle. Du weißt ja gar nicht, ob er
wirklich nach Long Island hinausgefahren ist, stimmt’s? Er hat das lediglich
behauptet.«
»Walt bleibt trotzdem für mich
erste Wahl«, brummte ich.
»Täusch dich nicht in Dane«,
warnte sie. »Er ist gerissener, als du denkst, und er hat lange Zeit für Duke
Borman gearbeitet, bevor dem das Handwerk gelegt wurde.«
»Woher weißt du das?« fragte
ich neugierig.
»Ich mußte oft genug
dabeisitzen, wenn Joe und er von früher schwärmten«, sagte sie. »Wenn Joe mich
nicht gerade verprügelte, dann mußte ich herumsitzen und gut aussehen — und
seine Vorstellung von Gutaussehen beschränkte sich auf durchsichtige Négligés
und ähnliche Sachen. Er hatte einen Heidenspaß dran zu beobachten, wie seine
Freunde mich mit Blicken verschlangen, wenn sie sich unbeobachtet fühlten.«
»Ich glaube, Slater war ein
wirklich netter Zeitgenosse«, sagte ich. »Warum hast du ihn überhaupt
geheiratet?«
»Wegen seinem Geld«, gestand
sie offen. »Ich war seine Sekretärin, und er versprach mir das Blaue vom Himmel
herunter, aber ich wollte einen Ehering. Und den bekam ich auch.«
»Bei der Scheidung hast du die
irdischen Güter aber wieder eingebüßt?«
Sie schüttelte den Kopf. »So
dumm bin ich auch wieder nicht. Ich wußte, daß Joe neben mir noch mindestens
zwei Freundinnen in der Stadt aushielt, folglich beauftragte ich einen
Schnüffler. Er hat wirklich gründlich geschnüffelt — und dabei sogar
fotografiert. Es war leicht, mit Joe ins reine zu kommen, nachdem er die Bilder
gesehen hatte. Wenn die jemals ans Licht der Öffentlichkeit gekommen wären,
hätte es das Ende seiner Teilhaberschaft an der Verwaltung von Duke Bormans
Vermögen bedeutet.«
»Wieso?«
»Weil Borman seltsamerweise ein
sehr moralischer Mensch zu sein scheint. Jedenfalls, was die Sexualmoral
angeht. Als er ausgewiesen wurde, ließ er sein Geld — das legal erworbene Geld,
für das alle Steuern bezahlt waren — zurück, desgleichen seine Tochter. Wie Joe
es mir erzählte, hat er Lansing erwählt, weil der über den passenden sozialen
Hintergrund verfügte, der zu Lucias Erziehung geeignet schien, und weil er
außerdem ein smarter Geschäftsmann ist. Er machte Joe zu Lansings Partner, weil
Joe und er von Anfang an zusammengearbeitet haben; er wußte, daß Joe mit allen
früheren Geschäftsfreunden fertig werden konnte, die Lansing vielleicht in die
Quere kamen. Außerdem glaube ich, daß Joe nach Dukes Ansicht in anderer Weise
auf Lucia achten sollte — so, wie Lansing es vielleicht nicht konnte.
Schließlich hatte Joe sie schon als Baby gekannt.«
»Du hast also in eine
ordnungsgemäße Scheidung gewilligt — für angemessene Unterhaltszahlungen?«
sagte ich.
»So war’s.« Ihre Stimme klang
brüchig. »Nach allem, was ich mit Joe durchgemacht hatte, stand mir das Geld
wohl zu.«
»Aber jetzt ist er tot, die
Zahlungen werden eingestellt — und du bist wieder pleite?«
»Nein, ich erbe sein gesamtes
Vermögen.«
Ich starrte sie offenen Mundes
an. »Nachdem du ihn zur Scheidung und zum Zahlen gezwungen hast, hat er dir
auch noch alles hinterlassen?«
»Das war in unserer
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