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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Einzelheiten genannt, nicht einmal seinen Namen?«
    »Wenn ich’s dir doch sage – das ist alles, was sie geschrieben hat.«
    »Auch nichts über mich? Sie muss doch irgendetwas gesagt haben!«
    »Deswegen habe ich dir den Brief nie gezeigt, Junge«, entgegnete Isaac leise. »Du solltest es nicht erfahren.«
    Dass seine eigene Mutter noch nicht einmal seinen Namen erwähnt hatte. Norris konnte seinem Vater nicht in die Augen sehen. Stattdessen starrte er auf den zerkratzten Tisch hinab, den Tisch, an dem er und Isaac so oft schweigend beim Essen gesessen hatten, wenn nur das Pfeifen des Windes und das Kratzen ihrer Gabeln auf den Tellern die Stille durchbrochen hatten. »Warum jetzt?«, fragte er. »Warum hast du so viele Jahre gewartet, bis du es mir erzählt hast?«
    »Wegen ihr .« Isaac sah hinauf zum Obergeschoss, wo Rose schlief. »Sie hat ein Auge auf dich geworfen, und du auf sie. Wenn du jetzt einen Fehler machst, wirst du den Rest deiner Tage damit leben müssen.«
    »Wie kommst du darauf, dass es ein Fehler ist, wenn ich mich auf sie einlasse?«
    »Manche Männer sehen es einfach nicht, und wenn man sie mit der Nase darauf stößt.«
    »Mutter war also dein Fehler?«
    »Und ich ihrer. Ich habe sie heranwachsen sehen. Jahrelang habe ich sie regelmäßig in der Kirche getroffen; immer saß sie da mit einem ihrer modischen Hüte, und immer war sie recht freundlich zu mir, aber auch immer unerreichbar für mich. Und dann, eines Tages, ist es, als ob sie mich plötzlich zum ersten Mal richtig sieht . Und beschließt, dass ich
einen zweiten Blick wert bin.« Er griff nach dem Krug und schenkte sich ein. »Elf Jahre später sitzt sie auf diesem stinkenden Bauernhof fest, mit einem kranken Jungen. Klar, dass es da einfacher ist wegzulaufen. Das alles hinter sich zu lassen und mit einem anderen Mann ein neues, aufregendes Leben zu beginnen.« Er stellte den Krug ab, und wieder ging sein Blick nach oben, wo Rose schlief. »Du kannst sie nicht beim Wort nehmen, das ist alles, was ich dir sagen will. Das Mädel hat ein hübsches Gesicht, gewiss. Aber was verbirgt sich dahinter?«
    »Du schätzt sie falsch ein.«
    »Ich habe deine Mutter falsch eingeschätzt. Ich wollte dich nur vor dem gleichen Kummer bewahren.«
    »Ich liebe dieses Mädchen. Ich habe vor, sie zu heiraten.« Isaac lachte. »Ich habe aus Liebe geheiratet, und du siehst ja, wohin das geführt hat!« Er hob sein Glas, hielt aber mitten in der Bewegung inne und blickte zur Tür.
    Es klopfte.
    Sie wechselten beunruhigte Blicke. Es war tiefste Nacht, ganz und gar nicht die Zeit für einen Besuch in der Nachbarschaft. Stirnrunzelnd nahm Isaac die Lampe und ging zur Tür. Als er sie öffnete, wehte ein Windstoß herein, und die Lampe wäre fast erloschen, während Isaac wie angewurzelt dastand und auf die Veranda hinausstarrte.
    »Mr. Marshall?«, ertönte eine Männerstimme. »Ist Ihr Sohn hier?«
    Beim Klang dieser Stimme sprang Norris sofort erschrocken auf.
    »Was wollen Sie von ihm?«, fragte Isaac. Gleich darauf prallte er taumelnd zurück, als zwei Männer sich an ihm vorbei in die Küche drängten.
    »Da sind Sie ja«, sagte Mr. Pratt, als er Norris entdeckte.
    »Was hat das zu bedeuten?«, wollte Isaac wissen.
    Wachmann Pratt nickte seinem Gefährten zu, der sich sogleich hinter Norris postierte, wie um ihm den Fluchtweg abzuschneiden. »Sie kommen mit uns zurück nach Boston.«

    »Wie können Sie es wagen, einfach so in mein Haus einzudringen!«, rief Isaac. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Die Nachtwache.« Pratt wandte den Blick nicht von Norris. »Die Kutsche wartet, Mr. Marshall.«
    »Sie nehmen meinen Sohn fest?«
    »Aus Gründen, die er Ihnen bereits erläutert haben sollte.«
    »Ich komme nicht mit, solange Sie mir nicht sagen, was mir zur Last gelegt wird«, erklärte Norris.
    Der Mann, der hinter Norris stand, versetzte ihm einen solchen Stoß, dass er strauchelte und gegen den Tisch prallte. Der Krug mit dem Apfelbranntwein fiel zu Boden und zerbrach.
    »Aufhören!«, schrie Isaac. »Warum tun Sie das?«
    »Die Anklage lautet auf Mord«, sagte Pratt. »Ihnen werden die Morde an Agnes Poole, Mary Robinson und Nathaniel Berry zur Last gelegt. Und nun auch der an Mr. Eben Tate.«
    »Tate?« Norris starrte ihn an. Roses Schwager ebenfalls ermordet? »Ich weiß nichts von seinem Tod! Und ich habe ihn ganz bestimmt nicht umgebracht!«
    »Wir haben alle Beweise, die wir brauchen. Es ist nun meine Pflicht, Sie nach Boston zurückzubringen, wo

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