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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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aufrechter Calvinist. Und doch scheint sein Sohn …«
    »Danke, aber sein Sohn kann sehr wohl für sich selbst denken«, gab Wendell zurück.
    »Mr. Holmes«, warnte Dr. Crouch, »Ihre Haltung ist nicht sonderlich hilfreich.«
    »Aber sie bleibt nicht unbemerkt«, sagte Pratt. Und wird so schnell nicht vergessen werden , setzte sein Blick unmissverständlich hinzu. Er wandte sich an den Arzt. »Wie gut kannten Sie Miss Poole, Dr. Crouch?«
    »Sie hat viele meiner Patienten gepflegt.«
    »Und Ihre Meinung über Sie?«
    »Sie war sehr kompetent und tüchtig. Und ausgesprochen höflich.«
    »Hatte sie Ihres Wissens irgendwelche Feinde?«
    »Ganz bestimmt nicht. Sie war Krankenschwester. Ihre Aufgabe bestand darin, Schmerzen und Leiden zu lindern.«
    »Aber es gab doch gewiss den einen oder anderen unzufriedenen Patienten oder Angehörigen? Jemanden, der seinen Groll gegen das Krankenhaus und dessen Personal gerichtet haben könnte?«
    »Möglich ist es. Aber mir will niemand einfallen, der …«
    »Was ist mit Rose Connolly?«
    »Sie meinen die junge Dame, die den Leichnam gefunden hat?«
    »Ja. Hatte sie irgendwelche Meinungsverschiedenheiten mit Schwester Poole?«
    »Durchaus möglich. Das Mädchen ist sehr eigensinnig. Schwester Poole beklagte sich sogar bei mir über ihre fordernde Art.«
    »Sie machte sich Gedanken wegen der Versorgung ihrer Schwester«, sagte Norris.
    »Aber das kann nicht als Entschuldigung für Respektlosigkeit gelten, Mr. Marshall«, wandte Dr. Crouch ein. »Für niemanden .«
    Pratt sah Norris an. »Sie verteidigen das Mädchen.«

    »Sie und ihre Schwester scheinen sich sehr nahe zu stehen, und Miss Connolly hat allen Grund, aufgebracht zu sein. Das ist alles, was ich sagen will.«
    »Aufgebracht genug, um eine Gewalttat zu begehen?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Wie kam es eigentlich, dass Sie sie heute Abend fanden? Sie war draußen im Hof, nicht wahr?«
    »Dr. Crouch hatte mich gebeten, zu ihm in die Entbindungsstation zu kommen, weil es wieder eine Krise gab. Ich war auf dem Weg von meiner Wohnung hierher.«
    »Wo befindet sich Ihre Wohnung?«
    »Ich habe ein Dachzimmer gemietet, am Ende der Bridge Street. Das ist auf der anderen Seite des Krankenhausangers.«
    »Sie überqueren also den Anger, um zum Krankenhaus zu gelangen?«
    »Ja. Und so bin ich auch heute Abend gekommen, über die Wiese. Ich hatte schon fast das Krankenhaus erreicht, als ich Schreie hörte.«
    »Miss Connollys Schreie? Oder die des Opfers?«
    »Es war eine Frau. Mehr weiß ich nicht. Ich ging dem Geräusch nach, und im Hof stieß ich auf Miss Connolly.«
    »Haben Sie diese Kreatur gesehen, die sie so fantasievoll beschreibt?« Pratt konsultierte seine Notizen. »›Ein Monstrum, von Gestalt wie der Schnitter Tod, mit einem schwarzen Cape, das flatterte wie die Schwingen eines riesigen Vogels. ‹« Er blickte auf.
    Norris schüttelte den Kopf. »Ich habe kein solches Wesen gesehen. Ich habe lediglich das Mädchen gefunden.«
    Pratt wandte sich an Wendell. »Und wo waren Sie?«
    »Ich war drinnen und assistierte Dr. Crouch. Auch ich hörte die Schreie und ging mit einer Laterne hinaus, um nachzusehen. Ich fand Mr. Marshall im Hof, bei Miss Connolly, die dort am Boden kauerte.«
    »Kauerte?«
    »Es war deutlich zu sehen, dass sie verängstigt war. Sicherlich glaubte sie, einer von uns beiden sei der Mörder.«

    »Ist Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches an ihr aufgefallen? Außer der Tatsache, dass sie verängstigt wirkte?«
    »Sie war verängstigt«, bemerkte Norris.
    »Ihre Kleidung beispielsweise. Der Zustand ihres Kleides. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass es völlig zerrissen war?«
    »Sie war soeben vor einem Mörder geflohen, Mr. Pratt«, sagte Norris. »Da ist es doch wohl verständlich, dass ihre Kleidung ein wenig in Unordnung war.«
    »Ihr Kleid war zerrissen , als ob sie heftig mit jemandem gerungen hätte. Nicht etwa mit einem von Ihnen?«
    »Nein«, antwortete Wendell.
    »Warum fragen Sie sie nicht selbst, wie es passiert ist?«, schlug Norris vor.
    »Das habe ich getan.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Sie behauptete, es sei früher am Abend passiert. Als der Ehemann ihrer Schwester sie zu belästigen versuchte.« Er schüttelte angewidert den Kopf. »Diese Leute treiben es wie die Tiere in ihren Elendsquartieren.«
    Norris hörte den hässlichen Ton des Vorurteils in der Stimme des Mannes. Tiere .
    O ja, er wusste, dass die Iren so genannt wurden, diese unmoralischen Kreaturen, die sich unentwegt

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