Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
Vom Netzwerk:
wegwerfen.
    Auf der Straße traf mich der eisige Wind wie ein gefrorener Keulenhieb. Ich schlug den Mantelkragen hoch und trottete zum Westbahnhof. Als ich auf die U-Bahn wartete, dachte ich über den gestrigen Abend und heutigen Nachmittag nach. Es war schon komisch, dass man oft dann über die interessantesten Leute stolperte, wenn man es am wenigsten erwartete. Ich freute mich schon auf ein Wiedersehen mit Stefan.
    Zum Glück ahnte ich damals noch nicht, unter welchen Umständen dieses Wiedersehen stattfinden würde.

Vier
    „Breitmaier, haben Sie das Wochenende auf einer Parkbank verbracht?“, fragte mich Huber, kaum dass ich am Montagmorgen sein Büro betreten hatte. „Na wenigstens sind Sie mal wieder pünktlich.“
    Ich sah mich einem Horrorszenario von apokalyptischen Ausmaßen gegenüber: Huber klebte in seinem protzigen Sessel wie ein Stück ranziger Käse und verpestete die rasierwassergeschwängerte Luft mit einer dicken Zigarre. Hinter ihm lehnte Alfred Glitzermann lässig am Fensterbrett und grinste dümmlich. Er trug ein grellgrünes Sakko und eine rotkarierte Hose, mit der sich ein Mensch, der auch nur den Hauch einer Ahnung von Geschmack hatte, nicht einmal einäschern lassen würde. Zu allem Überfluss spendierte mir Frau Eisenhut eine extragroße Portion ihres unnachahmlich säuerlichen Gesichtsausdruckes. Die Ausgeburten gehirnkranker Fischzüchter, die in Hubers düsterem Aquarium herumdümpelten und nur darauf zu warten schienen, sich an menschlichen Leichenteilen zu mästen, gaben die perfekten Statisten für dieses Szenario ab.
    „Kommen Sie“, sagte Huber.
    Ich folgte seiner winkenden Hand und setzte mich mit einem mulmigen Gefühl auf den unbequemen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    „Jetzt ist es so weit, Breitmaier!“, dröhnte Huber. „Ihr erster Fall. Gestern wurde wieder ein Köter niedergemetzelt. Auf geradezu bestialische Weise abgeschlachtet!“ Hubers Augen leuchteten. Glitzermanns Augen leuchteten. Frau Eisenhuts Augen … Nein, die leuchteten nicht, sondern die tränten angesichts der miasmatischen Rauchschwaden von Hubers Zigarre und der Chemiewolke von Glittermans waffenscheinpflichtigem Rasierwasser.
    „Laut Polizeibericht“, fuhr Huber fort, „wurde der Hund, ein Dackel übrigens, mit einem harten Gegenstand erschlagen und dann fein säuberlich aufgeschlitzt. Anschließend wurden ihm die Gedärme ins Maul gestopft.“
    Frau Eisenhut wachte aus ihrer tränenden Trance auf und fragte: „Hatten die denn alle Platz da drin?“
    „Das ist doch vollkommen egal, ob sie dem Hund nun alle oder nur einen Teil der Gedärme ins Maul gestopft haben“, sagte Huber.
    „Mit Verlaub, ich finde, das ist ganz und gar nicht egal“, sagte Frau Eisenhut. „Eine Zeitung sollte der Wahrheit verpflichtet sein, und zur Wahrheit gehören Details.
Korrekte
Details.“
    Huber verdrehte ungläubig die Augen, kämpfte sich aus seinem Sessel hoch, starrte Frau Eisenhut herausfordernd an und wandte schließlich den Blick ab, als er einsah, dass Frau Eisenhut die bessere Starrerin war. Mit einer wütenden Handbewegung schickte er sie hinaus, dann goss er sich wieder in seinen Sessel und fragte: „Wo sind wir stehengeblieben?“
    „Bei den Gedärmen“, soufflierte Glitzermann.
    „Genau. Wie gesagt, man hat dem Hund die Gedärme ins Maul gestopft.“
    „Das ist ja absolut ekelhaft!“, sagte Glitzermann und grinste dabei von einem Ohr zum andern.
    „Richtig. Es ist absolut ekelhaft und außerdem, da bin ich mir ziemlich sicher, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, schwadronierte Huber und fixierte mich mit seinem irren Blick. „Und genau aus diesem Grund werden Sie, Breitmaier, mir einen Artikel liefern, der selbst Saddam Hussein das Fürchten lehrt. Haben Sie mich verstanden?“
    Ich nickte.
    „Ich will Fotos dieser armen, gequälten Kreatur, und zwar in Farbe. Und wehe, wenn man die Gedärme und das Blut nicht erkennt! Auf geht’s, Breitmaier, das ist Ihre Feuertaufe! Enttäuschen Sie mich nicht!“
    Huber kämpfte sich aus seinem Sessel hoch und knallte mir seine fette, beringte Hand auf die Schulter. „Frau Eisenhut gibt Ihnen die notwendigen Informationen, und dann nichts wie los, bevor diese widerlichen Schmierfinken von der Konkurrenz davon Wind bekommen! Das muss eine Exklusivstory sein, verstanden?“
    Ich nickte nochmals und machte, dass ich aus Hubers Büro kam.
    Im Vorzimmer drückte mir Frau Eisenhut einen Zettel mit dem Namen und der Adresse der unglücklichen

Weitere Kostenlose Bücher