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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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Hundebesitzerin in die Hand.
    Grinzing. Heimstatt der Heurigenlokale und protzigen Villen. Ich zahlte Frau Eisenhut ihr saures Lächeln mit gleicher Münze zurück, schnappte mir einen Notizblock und verließ die Redaktion.
    Unten auf der Straße fand ich den Fiesta wider Erwarten auf Anhieb. Ich kratzte ein Loch von der Größe einer Zehnschillingmünze in die Eiskruste auf der Scheibe und fuhr los. Zwischen den Fußgängern hindurch gelangte ich auf den Gürtel, dem ich bis Döbling folgte, quälte den Wagen die Steigung nach Grinzing hinauf und kam schließlich zur Adresse der Hundewitwe.
    Ich parkte den Fiesta vor einer üppig dimensionierten Villa, die inmitten eines verschwenderisch großen Grundstücks thronte. Rasch kontrollierte ich meine Fotoausrüstung, dann stieg ich aus, marschierte zur Tür und drückte entschlossen die Klingel. Klassische Musik ertönte. Wie originell.
    Die Tür öffnete sich und eine Mumie im dunklen Anzug – vermutlich der Butler – fragte: „Was wünschen der Herr?“ Seine überhebliche Stimme schien nur mittels Nasenhohlraum artikuliert zu werden.
    „Mein Name ist Breitmaier“, sagte ich, „und ich bin von
Voll Dran!
, der Zeitung für den kleinen Bürger mit den großen Sorgen. Uns ist die traurige Kunde zu Ohren gekommen, dass der Hund des Hauses Opfer eines grausamen, unmenschlichen Verbrechens geworden ist. Ich würde gerne einen Artikel darüber schreiben, um die ganze Welt von dieser inhumanen Scheußlichkeit in Kenntnis zu setzen.“
    Der Butler hüstelte sein diskretes Butlerhüsteln, tat einen Schritt zur Seite und bedeutete mir mit einer knappen Handbewegung hereinzukommen.
    Ich betrat die Eingangshalle, die größer war als meine Wohnung, und schaute mich um. Alles funkelte und glänzte wie Glitterfreddys Schmuck auf Steroiden.
    „Wenn der Herr im Salon zu warten belieben, die gnädige Frau wird jeden Moment kommen“, sagte der Butler und deutete auf einen in dunklem Samt gehaltenen Raum zu meiner Rechten. „Darf ich Ihnen in der Zwischenzeit etwas zu trinken anbieten? Tee, Kaffee, oder vielleicht einen Sherry?“
    Sherry? In welchem Jahrhundert lebte die Mumie?
    „Eine Tasse Kaffee wäre nett“, sagte ich. „Möglichst stark, wenn es geht.“
    Der Butler schlurfte davon.
    Ich schlenderte hinüber in den Salon und ließ mich auf einem roten Plüschungetüm nieder, dessen domestizierte Version vermutlich als Sofa durchgegangen wäre.
    Nach einigen Minuten tauchte ein Dienstmädchen auf und servierte mir Kaffee auf einem silbernen Tablett. Weder die hauchdünne Porzellantasse noch die massivsilberne Zuckerwürfelzange fehlten, ganz zu schweigen von der schwarzweißen Dienstkleidung des Mädchens. Ich fühlte mich wie ein lebender Anachronismus.
    Ich süßte den dünnen Kaffee mit drei Stück Zucker, um ihm irgendeinen identifizierbaren Geschmack abzuringen, zündete mir eine Zigarette an und lehnte mich zurück. Am anderen Ende des Salons raschelte und glitzerte es, und eine Wolke aus goldfarbener Seide schwebte auf mich zu.
    „Junger Mann, machen Sie sofort diese unsägliche Zigarette aus oder Sie werden mich kennenlernen!“, sagte die Seidenwolke und funkelte mich böse an.
    Ich starrte sie einen Moment lang verblüfft an, bedauerte, dass ich keine Sonnenbrille dabei hatte, und drückte schließlich die Zigarette in einem massiven Edelstahlaschenbecher aus, an dem ein bildender Künstler einen Gutteil seiner Neurosen abgearbeitet hatte.
    „Ich habe den Aschenbecher gesehen, und da dachte ich …“
    „Dieser Aschenbecher, junger Mann, ist ein Kunstwerk, das es nicht verdient, von Ihrem kanzerogenen Schmutz befleckt zu werden!“, sagte die Seidenwolke und ließ sich, mit gehörigem Sicherheitsabstand, neben mir auf dem Plüschungetüm nieder. „Sie müssen wissen“, fuhr sie fort, „mein Mann Adalbert, Gott hab ihn selig, ist letztes Jahr an Lungenkrebs gestorben. Und seitdem wird mir in diesem Haus nicht mehr geraucht.“
    Ich fischte den Zettel von Frau Eisenhut aus meiner Manteltasche, vergegenwärtigte mir rasch den Namen der Hausherrin und sagte: „Das mit Ihrem Mann tut mir leid, Frau Heißenbüttel, aber wie ich Ihrem Butler bereits gesagt habe, bin ich wegen Ihres verstorbenen Hundes gekommen.“ Ich schlug die erste Seite meines nagelneuen Notizblockes auf und zückte einen Kugelschreiber.
    „Ach, mein armer Tassilo!“, seufzte Frau Heißenbüttel. „Nun ist auch er von mir gegangen, und ich bin ganz allein. Seit mein Mann den Weg ins

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