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Leichensee

Leichensee

Titel: Leichensee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mennigen
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Inkompetenz hätten wir Ihre fahrlässige Verbreitung von Ermittlungsdetails. Ich denke, das reicht für ein Disziplinarverfahren.«
    »Ich lasse mir von euch nicht so ein Ding anhängen!«, brüllte der Beschuldigte und sprang vom Stuhl auf. »Habt ihr feinen Pinkel nichts anderes zu tun? Kümmert euch lieber um diesen Müll mit dem Serienmörder.«
    »Machen Sie sich darüber keinen Kopf«, erwiderte Decker. »Das tun wir bereits.«
    »Damit Sie sich in der Zwischenzeit nicht langweilen, haben wir einen Auftrag für Sie«, fügte Cotton hinzu. »Kennen Sie einen gewissen Terry Dodson?«
    »Meinen Sie den Sohn von Will Dodson, dem Metzger?«
    »Genau den. Verhaften Sie den Mann unverzüglich.«
    »Was soll das heißen? Ich denke, Sie sind wegen dieser Leichenfunde bei uns. Jetzt bauen Sie aus dem Nichts einen neuen Fall auf, der mit Ihrem Auftrag nichts zu tun hat.«
    »Vielleicht doch. Sperren Sie ihn ein, wenn Sie ihn geschnappt haben. Meiner Meinung nach ist der Knabe mit wenig Gehirn gesegnet. Vielleicht sollten Sie sich deshalb auch in seiner Wohnung umsehen. Könnte sein, dass er dumm genug ist und da belastendes Material aufbewahrt.«
    »Und warum soll ich den Jungen einlochen?«
    »Er hat Amy bedroht, die Kellnerin aus dem Coffeeshop. Außerdem ist er in ihre Wohnung eingebrochen und hat sie verwüstet. Hinzu kommt versuchter Totschlag. Dodson wollte mich vergangene Nacht mit dem Auto überfahren.«
    Der Sheriff wirkte unschlüssig. »Warum verhaften Sie ihn dann nicht selbst?«
    »Das ist kein Fall für das FBI, sondern für die Polizei des örtlichen County.«
    »Und wie geht es weiter, wenn ich ihn verhaftet habe?«
    »Darum kümmert sich dann der Staatsanwalt«, sagte Cotton. »Also, tun Sie Ihre Pflicht und schieben Sie Ihren Hintern nach draußen.«
    »Bis dann, Sheriff«, verabschiedete sich Decker beim Verlassen des Reviers. »Man sieht sich.«

7
    Die Agents traten auf die Straße hinaus. Es stürmte und schneite noch heftiger als bei ihrer Ankunft. Die Sichtweite betrug keine zwei Meter mehr.
    Cotton nahm wieder auf dem Beifahrersitz Platz und schnallte sich an. Decker klemmte sich hinters Steuer. Obwohl sie behutsam Gas gab, drehten die Räder beim Anfahren durch. Langsam rollte das Fahrzeug die tief verschneite Straße entlang. Decker schaffte es, den Wagen bis zur Stadtgrenze zu lenken, ohne dass er gefährlich ins Schleudern geriet.
    Außerhalb der Ortschaft verschlechterten sich die Sichtverhältnisse extrem, nicht nur wegen des Schneefalls. Obwohl die Autoheizung auf höchster Stufe lief, reichte ihre Wärme kaum aus, einen schmalen Sehschlitz auf der Windschutzscheibe eisfrei zu halten.
    Auf der geschlossenen Schneedecke war kaum auszumachen, wo die Fahrbahn endete und der Straßengraben anfing. Auf halbem Weg zur Brücke passierten sie ein Schneeräumfahrzeug, das schräg auf der Böschung lag. Trotz seiner Raupenketten hatte es sich festgefahren. Vom Fahrer fehlte jede Spur. Cotton beschlichen ernste Zweifel, dass sie es bis Martha’s Vineyard schaffen könnten. Wenn so eine schwere Räummaschine nicht weiterkam, welche Chance hatte da ihr normaler Pkw?
    Decker wirkte extrem angespannt. Hoch konzentriert versuchte sie, den Wagen auf der Straße zu halten, doch er schlitterte inzwischen mehr, als dass er fuhr. In einer Kurve fanden die Reifen plötzlich keinen Halt mehr. Das Fahrzeug brach seitlich aus und rutschte auf die Gegenfahrbahn. Decker nahm das Gas weg und versuchte gegenzusteuern. Trotzdem glitten sie ungebremst weiter in den Straßengraben und bekamen Schlagseite. Vor dem Kühler spritzte eine Schneewolke hoch. Es folgte ein dumpfer Aufprall, begleitet vom Knirschen von Metall.
    Obwohl sie angeschnallt war, knallte Decker gegen die Innentür. Der Seiten- und Frontairbags explodierten gleichzeitig und federten den Aufprall ihres Körpers ab.
    Cotton flog mit Wucht nach vorne. Der Gurt schnitt in seine Brust, dass es ihm die Luft raubte, und der Airbag, in den er hineinknallte, war hart wie ein Volleyball. Während er noch benommen dasaß, stieß Decker die Fahrzeugtür auf, löste sich vom Gurt und taumelte ins Freie. Draußen riss der schneidend kalte Sturmwind sie beinahe um.
    Cotton atmete tief durch, bevor er sich aus seiner Zwangslage befreite, erst den Gurt und dann die Seitentür öffnete. Er arbeitete sich aus dem Auto und versank bis über die Knie im Schnee.
    »Sind Sie verletzt?«, rief er gegen den Sturm an.
    »Nein«, rief sie zurück. »Und Sie?«
    »Alles okay.«

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