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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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entschieden zu haben, überhaupt nicht zu beunruhigen. Im Gegenteil. Mit Feuereifer sortierte sie Spielsachen in Plastikboxen und kutschierte Lucy zur musikalischen Früherziehung und zum Ballett. Und an jedem zweiten Wochenende fuhren sie alle miteinander zu ihrem Vater ins Wendland, einem pensionierten Historiker, dessen Hobby es neuerdings war, die Familiengeschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Walter sollte staunen, wie groß Lucy schon wieder geworden war und wie schön sie sich artikulieren konnte. Eine Kostprobe ihres Könnens hatte sie ja gerade erst zum Besten gegeben: »Tante Ivy, warum hast du keine Kinder?« Was in Lucys Hirn los war, wollte sich Ivy besser nicht vorstellen. Vermutlich analysierte sie bereits nach Freud’schem Vorbild die Psyche ihrer Tante und machte sich heimlich Notizen, um ein ausgefeiltes Psychogramm über sie zu erstellen. Nachmittags ging Lucy mit Opa, als könnte sie kein Wässerchen trüben, in Gummistiefeln hinaus in den Garten und sammelte mit ihm im hochgeschossenen Gras heruntergefallene Äpfel oder Zwetschgen auf. Oder sie unternahmen zu viert lange Spaziergänge über die Äcker, auf denen Nathalie und Walter sich von früher erzählten und Peer, mit Lucy auf den Schultern, nebenherging. Schweigend natürlich. Und offenbar wurde bei der Gelegenheit auch über Ivys verkorkstes Leben diskutiert: »Wenn Ivy weiterhin derart ablehnend auf die Männer reagiert, die sich für sie interessieren, wird sie niemals Mutter werden.« Wie sonst konnte Lucy auf solch eine perfide Frage kommen? Vielleicht sollte Ivy einfach mal klarstellen, dass sie exakt das Leben führte, das sie führen wollte. Also sagte sie laut: »Ich bin wirklich glücklich!« Im Übrigen würde sie sowieso gleich tot sein.
    Bei ihrem letzten Wendlandbesuch hatte Nathalie sich die alten Glasperlenketten ihrer Mutter aus dem Schmuckkästchen genommen und beim gestrigen Mittagessen umgehängt. »Sind das etwa Mamas Ketten?« Einen schmerzlichen Augenblick war es Ivy so vorgekommen, als säße ihre Mutter dort. Ihre Schwester hatte nur kühl mit den Schultern gezuckt und Peer die Schüssel mit dem Salat gereicht. »Mama hätte sie uns sowieso irgendwann gegeben.«
    »Uns?«
    Das vertraute Geklimper der Glasperlen hatte Ivy schlagartig ins Giebelzimmer zurückversetzt, zu ihrer Mutter in ihrer ausgebeulten, meergrünen Strickjacke und der alten zerschlissenen Schlaghosenjeans, die sie aus den Siebzigern mit herübergerettet hatte. Als sei kein bisschen Zeit vergangen, hatte sie noch immer am Zeichentisch gestanden und märchenhafte Illustrationen für Kinderbücher koloriert, während draußen die Erlen durch die Blätter blinkende Lichtreflexe aufs hohe Gras fallen ließen.
    Die plötzliche Erinnerung an ihre Mutter hatte Ivy Tränen in die Augen getrieben, die sie nur mühsam hatte zurückhalten können. Eilig war sie mit der Salatschüssel in der Küche verschwunden, wo sie ein paar Male tief durchatmete.
    Dabei schien sie nicht zu sehen, dass sie in Vielem ihrer Mutter ähnelte. Wie sie trug Ivy geflickte Jeans. Und eine Karobluse. An ihrem Ringfinger steckte der Verlobungsring ihrer Mutter, den sie von ihr zum Trost bekommen hatte, nachdem ihr Shetlandpony Trixi auf der Landstraße von einem Kleinlaster erfasst und zu Ivys Entsetzen hatte eingeschläfert werden müssen. »Pass gut darauf auf, mein Sternenkind! Dass du ihn nie verlierst.« Jetzt drehte sie ihn langsam herum und fühlte den geschliffenen Turmalin unter ihren Fingerspitzen. Bindungsangst! Das war vielleicht ein Quatsch. Sie fand einfach niemanden, der zu ihr passte. Ivy lächelte Lucy an. »Weißt du, ich brauch kein Kind, um glücklich zu sein.«
    Peer warf ihr über den Rückspiegel einen irritierten Blick zu und fuhr die Auffahrt hinauf, auf das flache Flughafengebäude zu. Er sah Ivys eigenwilliges Gesicht mit den zurückgebundenen blonden Haaren. Im Grunde genommen hatte sie keinerlei Ähnlichkeit mit ihrer älteren Schwester, die viel mehr nach ihrem pragmatischen Vater kam. Woher allerdings dieses Übermaß an Sorge kam, das Nathalie zeitweilig an den Tag legte, hätte er wirklich gerne gewusst. »Ich hab eben Angst, so plötzlich wie meine Mutter zu enden«, lautete ihre nüchterne Erklärung. Manchmal wünschte er sich, seine Frau verfüge über etwas mehr Vertrauen in die gemeinsame Stärke. Denn es gab da ein paar beunruhigende Entwicklungen, die er dringend mit ihr hätte besprechen müssen.
    Schon wieder wendete sich

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