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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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langen Gedicht darüber, was für ein wunderbarer Mensch du bist.«
    »Dann bring lieber gleich einen Eimer mit. Ach, wassoll’s, ich nehme diese, ehe wir hier den ganzen Tag rumstehen. Was schenkst du ihr?«
    »Darüber habe ich noch nicht mal nachgedacht«, antwortete Olive. »Ich bin nicht so durchorganisiert wie du. Bestimmt hast du schon alle Weihnachtsgeschenke gekauft und eingepackt.«
    »Nicht alle«, erwiderte Roz. Olive wusste, dass es kein Scherz war. Bis November hätte Roz wahrscheinlich auch schon die Karten zu ihren Fünfzigsten besorgt und geschrieben.
    »Vielleicht kaufe ich ihr einen Präsentkorb«, überlegte Olive.
    »Einen Präsentkorb? Was für einen Präsentkorb?«
    »Einen mit Tena-Lady, Werthers Echten und einem Nasenhaartrimmer.«
    Roz lachte. »Ich dachte echt, du meinst das ernst.«
    »Meine ich.« Olive zwinkerte ihr zu und beugte sich näher zu Roz. »Übrigens ist das inzwischen gar nicht mehr so witzig. Sag’s keinem, aber ich habe mal den Trimmer ausprobiert, den David von seinem Cousin zu Weihnachten bekommen hat, und war ganz schön geschockt, wie es da in meiner Nase knisterte. Ich hätte nie gedacht, dass irgendwann der Tag kommt, an dem ich mir die Nasenhaare stutzen oder das Gesicht wachsen muss.«
    »Hör bloß auf mit Gesichtshaar!«, stöhnte Roz. »Würde ich mir die Haare im Gesicht nicht alle paar Monate von der Kosmetikerin rausreißen lassen, sähe ich jetzt aus wie Wolverine.«
    Olive kicherte, als sie zur Kasse gingen. Roz wäre selbst aus einem Koma erwacht, um ihr Make-up aufzufrischen und hätte ungeschminkt nicht mal den Müllrausgebracht. Dabei hatte sie es gar nicht nötig. Roz hatte ein tolles Gesicht mit hohen Wangenknochen wie ein Topmodel.
    »Was hältst du davon, wenn wir zusammenlegen und Ven etwas Größeres schenken?«, fragte Roz plötzlich.
    »Klar, gerne. Jeder dreißig, reicht das?«
    »Ja, dicke. Aber bist du sicher, dass du so viel ausgeben willst?« Roz fragte nicht »Kannst du dir das leisten?«, obwohl sie genau das meinte. Es war kein Geheimnis, dass Olive permanent klamm war. Sie hatte diverse Putzstellen, aber leider auch ein Haus voller hungriger Mäuler, die ihr die Haare vom Kopf fraßen.
    »Es ist ihr Vierzigster, und da soll sie ein schönes Geschenk kriegen«, sagte Olive bestimmt. »Vor allem nach dem, was sie die letzten paar Jahre durchgemacht hat.« Ven hatte binnen dreizehn Monaten ihre Mutter und ihren Vater verloren, was sie ziemlich getroffen hatte. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, hatte ihr lausiger Schuft von einem Ehemann sie gegen eine junge Schlampe eingetauscht, sich scheiden lassen und die Hälfte von allem kassiert, was sie besaß   – einschließlich des Geldes, das Vens Eltern ihr Leben lang für die einzige Tochter angespart hatten. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, war die Scheidung kaum einige Wochen rechtskräftig gewesen, als Ven der Job gekündigt wurde. Pech bekommt man immer gleich als Familienpackung, dachte Olive, ganz im Gegensatz zum Glück.
    Sie gingen den Hügel hinauf, dann auf der anderen Seite wieder hinunter zum Einkaufszentrum und überlegten, was für ein Geschenk für den Vierzigsten passend wäre, bis sie den Edwardian Tea Room erreichten. Drinnen saß Ven bereits und winkte ihnen durchs Fenster zu.
    »Hallo, Mädels«, rief sie ihnen entgegen, als sie zu ihrem Tisch kamen. Ven lächelte praktisch immer, aber heute strahlte sie buchstäblich, und ihre Grübchen waren so tief wie der Grand Canyon.
    »Was ist mit dir?«, fragte Roz. »Hast du eine Konditorei geplündert?«
    »Nein, ich freue mich nur, euch zu sehen. Lasst uns gleich bestellen, ich bin am Verdursten.«
    »Ich nehme das Übliche«, sagte Roz.
    »Dito«, stimmte Olive ein.
    »Also drei Nuss-Honig-Lattes, zwei Stücke Cappuccino-Torte und einmal Zitronenkuchen, bitte«, sagte Ven zu der Kellnerin, die an ihren Tisch kam. Sie konnte gar nicht aufhören zu lächeln.
    »Was ist los? Bist du auf Lachgas?«, fragte Roz.
    »Nein. Nichts ist los. Absolut gar nichts.«
    »Na gut«, sagte Roz. »Und hast du schon entschieden, wo du deinen Vierzigsten feiern willst? Soll ich uns ein chinesisches Bankett im Silver Moon buchen, ein italienisches Menü im Bella Notte oder die Curry-Tafel im Raj?«
    »Du lieber Himmel, Roz, bis dahin sind es noch fünf Wochen!«, lachte Ven.
    »Sie ist besessen«, murmelte Olive kopfschüttelnd. »Völlig planungswütig.«
    »Ich will es einfach nur geregelt haben«, erklärte Roz. »Ehrlich!

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