Leider schon vergeben!
zuwinken zu können, die wesentlich weniger grün im Gesicht war als bei ihrer letzten Begegnung, und lächelte einigen Leuten zu, die ihr noch aus Studienzeiten bekannt vorkamen. Der glänzende rote Pagenkopf unter dem salbeigrünen Hut konnte nur Charlotte gehören, und dort drüben saß Libby neben Mrs. Kent. In ihrem hinreißenden, griechisch geschnittenen Kleid statt des üblichen Skater-Girl-Looks sah Zoes Schwester heute ganz anders aus als sonst. Fern fühlte sich nicht mehr ganz so schlecht, dass sie es abgelehnt hatte, Brautjungfern-Farben zu tragen. Wobei, so wie sie Libby kannte, hätte die sicher keinen Aufstand gemacht, solange es sich um kirschrote Cargohosen und Sneakers gehandelt hätte.
Als sie den Raum mit den Augen scannte wie ein Terminator im Kleid, entdeckte Fern schließlich einen vertrauten dunklen Lockenschopf, und sofort schlug ihr das Herz bis zum Hals. Matt saß zwei Reihen vor ihr, vielleicht etwas fülliger als noch vor vier Jahren, und seine Haare waren länger als damals, aber es handelte sich zweifelsfrei um ihn. Fern schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie es gewesen war, mit den Fingern durch die weichen Locken in seinem Nacken zu streichen. Auch fiel ihr plötzlich wieder ein, wie er sie oft sanft das Schlüsselbein entlang über die weiche Haut ihres Halses bis zum Mundwinkel geküsst hatte.
Allmählich erinnerte sie sich wieder genau daran, was sie an Matt gefunden hatte, bevor seine Zuverlässigkeit und Ernsthaftigkeit ihr auf einmal auf die Nerven gegangen waren. Fast war sie versucht, sich mit ihren Keilabsätzen selbst zu treten – was durchaus lebensgefährlich gewesen wäre.
Wie bescheuert! Warum sagte einem niemand vorher, dass einem mit Anfang dreißig ganz andere Dinge wichtig sein werden als mit Anfang zwanzig?
Neben Matt saß eine gutaussehende, schlanke Brünette. Vermutlich seine Begleiterin. Ob es wohl ernst war zwischen den beiden, überlegte Fern, oder war sie tatsächlich nur für die Hochzeit mit dabei?
«Entschuldigung, ist hier noch frei?»
Fern fiel vor Schreck beinahe vom Stuhl, als sich plötzlich Seb über ihre nackte Schulter beugte und auf sie herunterlächelte. Seine rauchgrauen Augen funkelten, und sein Einhundert-Watt-Lächeln war so charmant wie immer. Fern widerstand dem Pawlow’schen Reflex zurückzulächeln. Wie hatte sie jemals glauben können, es sei eine gute Idee, Seb wiederzusehen? Das war, als risse man die Fäden aus einer eben vernähten Wunde.
«Du siehst fantastisch aus.» Seb schien Ferns Schweigen als Einverständnis zu werten und setzte sich neben sie. «Das ist ein tolles Kleid. Hast du abgenommen?»
«Klar», blaffte Fern. «Ich bin achtzig Kilo nutzlosen Mann losgeworden.»
«Du bist immer noch sauer.» Seb seufzte. «Baby, wie oft soll ich es dir noch sagen? Es tut mir so leid. Es hat mir nichts bedeutet, und das weißt du.»
Sie wusste tatsächlich, dass es so war. Er hatte es ihr mehr als deutlich gemacht. Das Problem war, dass sein Fehltritt mit Vanessa für Fern durchaus etwas bedeutet hatte. Als sie ihn zu einer Abendeinladung mit seinen Kollegen begleitet hatte, musste sie zufällig mit anhören, wie sich zwei Frauen über seinen Seitensprung mit Vanessa unterhielten und darüber, wie leid Fern ihnen tat. Damals hatte sie einen solch heftigen, stechenden Schmerz verspürt, dass sie beinahe ohnmächtig geworden wäre. Auch wenn es ein Klischee ist: Fern hätte schwören können, dass in diesem Augenblick ihr Herz brach.
Nicht, dass sie Seb gegenüber zugeben würde, wie sehr er sie verletzt hatte. Also versuchte Fern, die letzten Fetzen Würde zu bewahren, die ihr geblieben waren – schließlich hatte sie ihm damals den Le Creuset-Wok an den Kopf werfen wollen –, und ballte die Hände zu Fäusten, um nicht zu explodieren.
«Ich will das jetzt nicht diskutieren», zischte sie. «Das hier ist eine Hochzeit, Seb. Ein glücklicher Anlass, schon vergessen?»
«Entschuldige. Du hast recht.» Sebs ebenmäßige Gesichtszüge verzogen sich sofort zu einer schuldbewussten Miene, und sein trauriger Blick war dermaßen mitleiderregend, dass er fast dem Welpen aus der Klopapierwerbung Konkurrenz machte. «Ich vermisse dich halt so sehr, Fern. Wirklich. Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken.»
Fern ignorierte ihn, und zum Glück setzte in diesem Moment das Streichquartett zum Ave-Maria an und kündigte damit den Einzug der Braut an. Als Zoe und ihr Vater langsam den Gang entlang auf Steve zuschritten,
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