Leise Kommt Der Tod
mit den Vorbereitungen für die neue Ausstellung fertig sein?«
»Wir schaffen es wahrscheinlich, alle nötigen Arbeiten noch in den Weihnachtsferien zu erledigen. Vielleicht können wir die offizielle Enthüllung für Januar andenken? Wir möchten natürlich sichergehen, dass die Universitätsgemeinschaft und ebenso die Öffentlichkeit erfährt, was für ein wundervolles Geschenk Susanna und Sie uns gemacht haben.« Bei diesen Worten strahlte Hutchinson. Willem hatte zu Recht vermutet, dass sein Gegenüber ein großes Ego besaß. In der Tat hatte ihm gerade dieses Ego zu dem Kanopenkrug verholfen. Bereits vor drei Jahren hatte er damit begonnen, den alten Mann zu umgarnen, indem er ihn bei einer Absolventenveranstaltung ausfindig gemacht und ihm im Anschluss daran einen Brief geschrieben hatte, der vor Heuchelei nur so troff. Darin betonte er, wie gerne er seine Familiensammlung ägyptischer Antiquitäten besichtigen würde. Hutchinson war der amerikanische Enkelsohn eines britischen Forschers, der über Jahre hinweg verschiedene Ausgrabungsstätten im Tal der Könige geplündert hatte - bevor er schließlich in den Armen seiner ägyptischen Geliebten in einem Hotel in Kairo an einem Herzinfarkt starb. Seine Beutestücke waren inzwischen in diversen Museen untergebracht, aber eine unbekannte Zahl an Kunstwerken war nach wie vor in Familienbesitz. Diese Tatsache hatte Willem, als er davon
erfuhr, in heimliche Begeisterung versetzt, obgleich er wusste, dass es eigentlich nicht legal war.
Sein Ziel hatte er letztendlich dadurch erreicht, dass er nicht selbst mit seiner Idee vorgeprescht war, sondern es dem Gönner überlassen hatte, sein großzügiges Geschenk anzubieten. Zunächst hatte Hutchinson den Vorschlag gemacht, dem Museum eine kleine Statue aus der Sammlung seines Großvaters zu spenden. Willem argumentierte jedoch, dass dieses Stück inmitten der Fülle an Exponaten untergehen würde, wohingegen ein extravagantes Stück wie der Kanopenkrug herausstechen würde. Vielleicht wäre es sogar möglich, einem solchen Kunstwerk im Museum einen Ehrenplatz zu sichern...? Und dazu eine Plakette anzubringen, die den berühmten und hochgeschätzten Spender nannte …? Hutchinson wusste angesichts dieser Worte nicht mehr, wo ihm der Kopf stand.
»Natürlich würden wir das Stück sehr gerne schon im Vorfeld der neuen Ausstellung präsentieren«, sagte Willem in diesem Moment. »In ein paar Wochen läuft eine andere Ausstellung an. Die Kuratorin, eine junge Frau von der Fakultät für Kunstgeschichte, präsentiert Grabeskunst aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen. Sie integriert auch einige Stücke aus den Beständen des Museums. Ich würde mich freuen, wenn Sie den Weg von New York hierher machen würden und unser Gast wären.«
Die Tür ging auf, und Tad Moran trat ein, in den Händen drei Kopien der Übergabedokumente. Willem bedeutete ihm mit seinem Blick, die Papiere auf den Schreibtisch zu legen. Er wollte Hutchinson nicht drängen, um zu vermeiden, dass dieser sich überfallen fühlen könnte. Tad arbeitete lange genug für Willem, um so dezente Hinweise wie ein leichtes Kopfnicken in Richtung Schreibtisch zu verstehen. Er lächelte und legte die Kopien hin.
»Kennen Sie schon meine rechte Hand, Hutch?«, fragte Willem. »Das ist Tad Moran, der Assistent des Direktorats.«
»Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen, mein Herr«, sagte Tad freundlich und schüttelte die Hand, die der Mann ihm entgegenstreckte. Derartige Formalitäten beherrschte er hervorragend. »Sonst noch was, Willem?«
»Nein, vielen Dank.« Tad schloss die Tür hinter sich und ließ die beiden allein.
»Das Exponat ist doch in sicheren Händen, oder? Ich meine, bis zur Ausstellung«, wollte Hutchinson mit sorgenvoll gerunzelter Stirn wissen. In sein Landhaus in Connecticut war vor ein paar Jahren eingebrochen worden, und die Diebe hatten einen Chagall sowie ein paar wertvolle Schmuckstücke in ihren Besitz gebracht. Deshalb legte er großen Wert auf die Frage nach der Sicherheit.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Unsere Schätze befinden sich sicher hinter Schloss und Riegel, mit Alarmanlage und allem Drum und Dran. Darauf besteht schon unsere Versicherungsgesellschaft.« Willem lächelte ihm aufmunternd zu, obwohl er wusste, dass es sehr schwer werden würde, alle anfallenden Arbeiten bis zur Ausstellungseröffnung zu erledigen.
»Ausgezeichnet.« Hutchinson trank seinen Bourbon aus und stellte das Glas auf den Tisch. »Ich muss jetzt
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