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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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erst mal ein Überblick in Minuten!« Er warf ein Zeitschema auf den Bildschirm:
    x - Weckauftrag für Kapitän x + 20 - Kapitän übernimmt
    x + 35 - heftige Korrekturmanöver der Steuerautomatik x + 37 - Kapitän schaltet Automatik ab x + 40 - Kapitän setzt Boje aus x + 41 - Antrieb auf Beschleunigung x + 42 - Kapitän setzt zweite Boje aus x + 44 - Beginn einer Serie von Manövern mit wachsender Beschleunigung x + 83 - Kapitän sprengt Außentanks für Aktivkomponente ab
    x + 127 - Kapitän schaltet alle Antriebe aus x + 129 - Kapitän geht in die Wanne.
    »Das ist alles sehr sonderbar«, sagte Toliman und zeigte auf die Notiz unter x + 44. »Nach diesen mehrfachen Intervallen von zunehmender Beschleunigung müßten wir jetzt etwa ein Drittel der Lichtgeschwindigkeit haben, dabei driften wir mit schlappen dreihundert Kilometern in der Sekunde.«
    »Was ich hier habe, ist noch viel seltsamer«, meinte Mira, aber als sie sah, daß Toliman zu Rigel hinüberblickte, sagte sie: »Geh ihn erst mal wecken, ich mach eine Grobübersicht, vielleicht ergibt sich da schon etwas.«
    Mira verstand, daß Toliman sich Sorgen machte - das war ja nun sein Amt, und sie gönnte ihm dieses Amt. Ja, sie war sogar froh, daß es nicht ihr zugefallen war; aber vor allem fühlte sie sich angenehm erregt, weil das alles ja doch sehr interessant zu werden versprach.
    Rigel war wie üblich noch eine ganze Weile nach dem Wecken verschlafen, ließ sich alles fünfmal erklären und verstand gar nichts - nur daß sie keinen Treibstoff mehr hatten und die Antriebe vorläufig nicht benutzt würden, das verstand er.
    Nachdem er eine halbe Minute darüber nachgedacht hatte, fragte er, wozu man ihn denn dann überhaupt geweckt habe.
    Über diese gedankliche Meisterleistung mußte sogar der sachliche Toliman lachen.
    »Hast du über mich gelacht?« fragte Rigel verwundert.
    »Ja«, sagte Toliman und fürchtete schon, er müsse erklären, warum. Aber Rigel schien sich zu freuen.
    »Das hat mich richtig munter, gemacht«, sagte er. »Ich finde es immer besser, wenn die Leute über mich lachen, als wenn sie über mich weinen. Wie geht’s Gemma?«
    »Ihre Parameter sind in Ordnung. Sie kommt in zwanzig Minuten.«
    »Dann werde ich mich inzwischen mal hübsch machen«, sagte Rigel und rieb sich das Kinn.
    »Wirst du nicht«, sagte Toliman, »Energie sparen.«
    »Das bißchen!« maulte Rigel.
    »Keine Wattsekunde darf verschwendet werden.«
    »Ist gut, ich lass’ mir was einfallen«, sagte Rigel. »Wieviel Zeit habe ich? Zwanzig Minuten? Das reicht. Ich meine, falls du nicht etwas Dringendes für mich zu tun hast?«
    »Nein, mach nur«, sagte Toliman entgegen seinen ursprünglichen Absichten. Als guter Organisator hatte er sofort erspürt, daß Rigel etwas vorhatte, das wahrscheinlich weitaus wichtiger für sie alle war als jede andere Arbeit, die er ihm hätte auftragen können: Rigel war, als passionierter Bastler, dabei, ein elektrisches Gerät auf irgendeinen anderen Antrieb umzustellen
    - und das konnte ein Paradebeispiel für tausend andere Fälle werden.
    Rigel kannte Tolimans Motive nicht, aber er war zufrieden mit dieser Entscheidung. Ein anderer Leiter hätte in diesem Fall vielleicht verlangt, daß er sich einen Bart stehen lassen sollte, was Gemma nicht mochte, oder Hormoncreme gegen Bartwuchs nehmen, was er selbst nicht mochte; er hätte nicht ohne weiteres sagen können, warum. Nur wenn er gründlich nachgedacht hätte, wäre ihm eingefallen, daß Gemma vor langer, langer Zeit, ganz zu Anfang ihrer Bekanntschaft, einmal gesagt hatte, seine Stoppeln seien männlich. Inzwischen hatte sie ihn freilich dazu erzogen, ohne Stoppeln anzutreten, aber der damalige Reiz, verstärkt durch das damalige Erlebnis, wirkte immer noch nach...
    Solche Überlegungen jedoch waren Rigel fremd. Überlegungen waren überhaupt nicht seine Stärke - er konnte sicherlich denken wie jeder andere Mensch auch, aber am meisten Spaß machte ihm die Arbeit, wenn er das Gefühl hatte, es sei eigentlich nicht sein Kopf, der da dachte, sondern vielmehr seine Hände.
    So hatten auch jetzt seine Finger schon aus seinen Bastelvorräten herausgesucht, was er brauchte: Für Arbeiten in starken elektrischen Feldern waren manche Geräte mit mechanischen Aufziehantrieben ausgestattet, und da solche altertümlichen Dinge eben auch häufiger zu Bruch gingen, hatte er in seinem Vorrat Federantriebe verschiedener Größe und Kraft, und es fiel ihm nicht schwer, einen geeigneten

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