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Leonard Bernstein

Leonard Bernstein

Titel: Leonard Bernstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Cott
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singt !« Dann, einen Augenblick später (zu mir): »Haben Sie Jimmy Chambers mal Horn spielen hören, und Harold Gomberg Oboe? Was für großartige Leute! Solche wie sie kommen nicht mehr nach.«
    In diesem Moment gab es plötzlich eine Pause in der Partitur. »Ich habe keine Ahnung, was jetzt kommt«, sagte Bernstein, mit den Armen in der Luft. Und dann, langsam, nachdem das Finale sich allmählich gesteigert hatte bis zu seinem strahlenden Höhepunkt, kam die Sinfonie plötzlich zum Stillstand. Licht aus.
    »Was ist mit der Platte los?«, fragte ich.
    »Das ist das Ende«, sagte Bernstein, als er den Tonarm hob. » Dam … Dam . Zwei Akkorde. Das ist es. Kein Diminuendo, kein Ritardando, nichts … wie um zu sagen: ›Ihr könnt mich mal, wenn’s euch nicht gefällt, geht doch nach Hause!‹ Das entspricht ganz dem Stil des zwanzigsten Jahrhunderts.«
    »Inwiefern?«, fragte ich, während Bernstein zur anderen Couch ging und sich wieder setzte.
    »Neulich habe ich mir die neue Broadway-Aufführung der Dreigroschenoper angesehen«, sagte er. »Eine völlig missglückte Produktion … aber diese Musik wieder einmal zu erleben – und dieses Libretto von Brecht, das mir immer schon so sehr gefallen hat!«
    »Haben Sie das Stück je aufgeführt?«, fragte ich.
    »Ich habe die Welturaufführung der Version von Marc Blitzstein gemacht, an der Brandeis University, 1952 – er hat die beste Übersetzung aller Zeiten geschrieben, aber heute benutzt sie niemand mehr –, mit einer neunköpfigen Kapelle, einschließlich Banjo und Klavier, und mit Lotte Lenya als Jenny. Aber bei dieser neuen Produktion – das sage ich nur, weil wir gerade von den Ihr-könnt-mich-mal-Enden gesprochen haben – hat John Dexter 3 das Ding wirklich in den Sand gesetzt, weil er keine Ahnung von der Sache hatte.«
    »Spielt nicht Sting die Rolle des Macheath?«, fragte ich.
    »Sting ist großartig … oder er hätte großartig sein können«, antwortete Bernstein. »Das ist nicht das Problem. Frank Rich 4 hat die Inszenierung besprochen, aber er hat sie falsch verstanden – er mochte sie nicht, aber aus den falschen Gründen. Was wissen Kritiker schon!«
    Leonard Bernsteins Assistent hat einige vegetarische Vorspeisen zusammengestellt und sie uns auf einem Tablett gebracht. Jetzt beugte sich Bernstein vor und gab mir einen Teller.
    »Mmmh«, sagte er, »sehr guter Spargel. Jonathan, Sie müssen Hummus dazu nehmen. Und da das Essen noch nicht fertig ist, nehmen Sie doch sicher noch ein Glas Wodka.«
    Na gut, dachte ich, man soll sich immer den örtlichen Gepflogenheiten anpassen – besonders, wenn der Gastgeber ein so berühmter Mann ist. Ich ließ ihn also erneut mein Glas füllen.
    »Und jetzt spulen wir das Ganze zurück«, sagte Bernstein.
    »Auf meinem Rekorder?«
    »Nein, ich meine, in Ihrem Kopf. Kehren wir noch mal zurück zu dem Punkt von vorhin.«
    »Haben Sie auch eine Löschtaste in Ihrem Kopf?«, fragte ich ihn. »Das wäre recht nützlich.«
    »Nein, das geht nicht. Man kann es probieren, aber in den Träumen kommt sowieso alles wieder … Aber warum ich über die Dreigroschenoper reden wollte: So viele dieser Nummern sind von etwas geprägt, was Brecht den Verfremdungseffekt nannte. Wie bei dem Ende von Peachums ›Lied von der Unzulänglichkeit‹ – Da-di-da dam-dam . Fertig. Man versucht nicht, die Zuneigung des Publikums zu gewinnen, man nimmt niemanden an der Hand, man macht einfach das, was man macht. Man sagt: Das ist das Stück, wir sind Darsteller, das haben wir zu sagen – Sie bezahlen, um es zu sehen, okay, und wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie nach Hause. Wie die beiden letzten Akkorde der 1. Sinfonie von Sibelius – es gibt kein Ende, keinen Gutenachtgruß.
    Aber bei dieser Produktion versuchte John Dexter immer, die Leute an der Hand zu nehmen – die ganze Aufführung war darauf ausgerichtet, dem Publikum zu gefallen . Jeder Song hörte damit auf, dass sich die Darsteller in Positur warfen, mit einer Miene, die sagte: Jetzt den Spot auf mich, und dann kann der Applaus losgehen. Aber das widerspricht der Intention von Brecht und Weill. Und dann der arme Sting, dem die Rolle des Macheath auf den Leib geschneidert ist. Aber man darf ihn nicht mit diesen wunderbaren Opernsängern zusammen singen lassen, die ihn ganz jämmerlich klingen lassen. Im ›Kanonensong‹ geht es zwischen Macheath und Tiger Brown um ihre Zeit in der Armee – die Stelle mit dem Beefsteak Tatar –, und dieser fabelhafte Refrain [er

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