Leonardo und die Verschwoerer von Florenz Teil 1 von 3
Luca. „Abgesehen davon, scheint mir unsere Zeit in diesem Loch noch nicht allzu schnell vorbei zu sein…“ Eine Pause folgte. Leonardo wollte zunächst etwas erwidern, aber dann sprach Luca weiter und zwar im Flüsterton. „Sag das ja nicht zu laut, dass du einen der Kerle wieder erkennen könntest!“, meinte er. „Das wäre ein Grund für die, dich umzubringen. Ich habe auch einen von ihnen gesehen. Eine Narbe hatte er nicht, dafür habe ich richtig sein Gesicht sehen können, weil er die Maske abgenommen hatte. Meine Binde war etwas verrutscht. Aber ich würde den Kerlen das um keinen Preis sagen, denn ich weiß genau, dass ich dann geliefert bin.“
Leonardo atmete tief durch. „Verstehe“, murmelte er. Zum hundersten Mal verwünschte er sich, dass er unbedingt darauf gedrängt hatte, das Experiment mit der Brille durchzuführen. Großvater hatte ihm jegliche Feuer-Experimente innerhalb des Hauses verboten, nachdem er dadurch schon einmal fast einen verheerenden Brand ausgelöst hätte.
Diesmal hatte er es richtig machen wollen.
Aber offenbar waren er und Carlo einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und geradewegs dieser Bande von Entführern in die Hände gelaufen.
In seiner Vorstellung sah Leonardo jetzt das warme Kaminfeuer im Haus seines Großvaters vor sich, das er in den bereits kühler werdenden Nächten des Spätsommers hin und wieder entzündete. Bestimmt wird er jetzt auch davor sitzen!, dachte Leonardo. Feuerholz hatte Großvater zur Zeit genug.
Leonardo stellte sich vor, wie Großvater vor dem Kamin saß und sich wahrscheinlich große Sorgen um seinen Enkel machte. Einmal war Leonardo über Nacht weggewesen. Vor ein paar Wochen war er zusammen mit Carlo auf der Stute Marcella nach Florenz geritten und erst am späten Abend des nächsten Tages zurückgekehrt. Ein Riesenärger war die Folge gewesen und Leonardo hatte Großvater versprechen müssen, so etwas nie wieder zu tun.
Wahrscheinlich wird er denken, dass er gar nicht nach mir suchen braucht, weil ich nicht in Not bin, sondern nur wieder irgendeinen Unfug mache!, ging es Leonardo dann durch den Kopf. Ein Gedanke, der ihn traurig machte.
Auch wenn es ihm zunächst völlig unmöglich erschien, zu schlafen, so nickte Leonardo schließlich doch vor lauter Erschöpfung ein.
Selbst das unheimliche Rascheln der Fledermäuse, das durch den Schlag von unzähligen Flügeln entstand, und ihn eigentlich sehr gruselte, hinderte ihn schließlich nicht mehr daran, die Augen zu schließen.
Wirre Träume suchten ihn in der Nacht heim.
Träume, an die er sich nicht mehr erinnern konnte, als er aufwachte und von denen er dann nur noch wusste, dass sie schrecklich gewesen waren. In dem Moment, da er die Augen wieder öffnete, vergaß er sie bereits und konnte sich kaum noch an Einzelheiten erinnern.
Ist vielleicht auch besser so!, überlegte er.
Es war die Helligkeit, die ihn weckte.
So empfand er jetzt bereits das wenige Licht, das am Tag durch den Höhleneingang bis in die Grube drang.
Die beiden anderen Jungen schliefen noch und Leonardo hatte auch nicht vor, sie zu wecken.
Er stand auf, rieb sich die Hände und Arme und bewegte sich etwas. Seine Arme und Beine waren durch die Kälte steifgefroren. Dann lauschte Leonardo.
Von den Fledermäusen war jetzt weder etwas zu hören noch zu sehen. Sie hatten sich in die zahllosen kleinen Nischen und Winkel in dieser Höhle zurückgezogen, um vermutlich am nächsten Abend nach Einbruch der Dunkelheit wieder hervorzukommen und auf ihre nächtliche Jagd nach Kleintieren zu gehen.
Unter anderen Umständen hätten ihn diese so eigenartig aussehenden Wesen sehr interessiert. Im Dachboden seines Großvaters nisteten einige Abendsegler, die er hin und wieder zu beobachten versuchte, was gar nicht so einfach war, denn sie scheuten die Helligkeit, während Leonardo genau darauf angewiesen war, um überhaupt etwas sehen zu können. Wie die Fledermäuse es schafften, bei Dunkelheit zu fliegen und offenbar dabei doch nicht dauernd gegen irgendwelche Hindernisse zu prallen, hatte er sich schon immer gefragt und kein Erwachsener, bei dem er sich danach erkundigt hatte, war in der Lage gewesen, ihm darauf eine Antwort zu geben, mit der er zufrieden gewesen wäre.
Davon abgesehen interessierten ihn auch die lederhäutigen Flügel dieser Geschöpfe, die ganz anders aussahen als die gefiederten Flügel von Vögeln. Leonardo fragte sich, welche Art von Flügeln besser war, um sie bei der Konstruktion
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