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Léonide (German Edition)

Léonide (German Edition)

Titel: Léonide (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Schaefer
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Wort da r über, doch ich spüre, dass es sie beschäftigt.
    Frédéric stattet mir jeden Abend einen Besuch ab, um nach mir zu sehen und sich mit mir zu unterhalten. Es ist merkwü r dig, von der Ebene der Intimität, die wir bereits geteilt haben, auf eine Ebene distanzierter Freundlichkeit zurückzufallen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch damit werde umgehen kö n nen. Zwar spricht er mit mir über unsere Erlebnisse in Rous s illon, Les Baux und Cassis, doch er verliert kein Wort über das, was zwischen uns gewachsen ist und nun in Vergessenheit g e raten zu sein scheint. Ich frage mich, ob sich seine Gefühle für mich durch meine Krankheit verändert haben und ob er j e mals etwas für mich empfunden hat, bin aber zu verunsichert, um ihn danach zu fragen. Ich habe nie zuvor e t was Ähnliches gefühlt: diese Angst davor, nicht geliebt, a b gelehnt zu werden.
    Obwohl es mir von Tag zu Tag besser geht und ich nur noch selten von Albträumen und Anfällen geplagt werde, verspüre ich den Drang nach der Ferne, eine unstillbare Sehnsucht nach etwas Unbestimmbarem. Es ist, als hätte ich die Welt zum er s ten Mal in meinem Leben aus klaren Augen gesehen – als hä t te ich einen Blick hinter den Schleier erhascht.
    So vergehen die Wochen. Es scheint, als hätte mein altes L e ben mich wieder fest im Griff: ruhig und beständig – und u n erträglich eintönig.
     
    Als ich am Morgen des zwanzigsten November s erwache, ist mir übel. Schwerfällig zwinge ich mich, die Bettlaken von me i nem schweißbedeckten Körper zu zerren und aufzustehen. Ich fröstle, obwohl mir nicht kalt ist, und fühle mich müde, o b wohl ich gut geschlafen und keine Albträume gehabt habe.
    Bin ich krank? Noch während ich darüber nachdenke, werde ich von einer neuerlichen Welle der Übelkeit überrollt. Ich h a be gerade noch Zeit, den Nachttopf unter meinem Bett he r vorzuzerren und meinen Kopf darüberzuhalten, ehe ich mich mit einem platschenden Geräusch erbreche.
    Als mein Magen leer ist, stelle ich den Topf keuchend an seinen Platz zurück und stehe auf, um mir den Mund mit Wa s ser auszuspülen. Ich trinke ein paar Schlucke und spüre, wie das kalte Wasser unangenehm gluckernd in meinem leeren Magen auftrifft. Ich lege mich wieder ins Bett, um meinen fri e renden Körper zur Ruhe zu bringen.
    Als Cornélie bemerkt, dass ich nicht zum Frühstück heru n tergekommen bin, kommt sie nach oben und fragt, ob es mir gut gehe. Ich bejahe; meine krächzende Stimme straft meine Worte Lügen. Nachdem meine Mutter meine Stirn b e fühlt und mir frisches Wasser gebracht hat, schickt sie nach Frédéric.
    Er eilt nach nicht mehr als einer halben Stunde in mein Zimmer, das Gesicht von jener alten Besorgnis gezeichnet, die ich bereits von ihm kenne. Als er sieht, dass ich still in meinem Bett liege, löst sich der Knoten, der sich zwischen seinen A u genbrauen gebildet hat. Er wirkt älter – müde, überarbeitet –, Falten haben sich in seine Stirn gegraben, in seinen kastanie n braunen Augen liegt ein seltsam fiebriger Glanz, seine Lippen haben die Farbe seiner Haut angenommen. Wie immer ist er nachlässig gekleidet: die Ärmel hochgerollt, die Krawatte etwas schief, das Haar glänzend, aber ungeordnet. Er tritt zu mir ans Bett und nimmt meine Hände in seine.
    »Deine Mutter hat mir gesagt, es gehe dir nicht gut. Was ist los?«
    Ich mache eine fahrige Bewegung und blicke an ihm vorbei. »Sie übertreibt. Mir ist nur ein bisschen übel. Ich bleibe heute wohl lieber im Bett.«
    Frédéric runzelt die Stirn und befühlt meine schweißbedec k ten Schläfen. »Schüttelfrost«, sagt er. »Hast du dich erbrochen? Vielleicht … «
    »Frédéric«, unterbreche ich ihn, die Augen fest auf seine g e heftet. »Ich glaube, ich bin schwanger.«
    Während ich im Bett gelegen und auf ihn gewartet habe, h a be ich im Kopf zurückgerechnet. Meine letzte Blutung liegt über einen Monat zurück. Es gibt keinen Zweifel.
    Frédérics Gesicht gefriert, in seinen Augen flackert eine braunrote Flamme. Ich beobachte, wie sein Körper sich a n spannt – unter seinem Hemd zittern die Muskeln, seine Mundwinkel zucken.
    Dann sagt er: »Aber das ist ja wunderbar.«
     
    Es gibt keinen Weg, der daran vorbeiführt, meinen Eltern meine Schwangerschaft zu beichten, zumal ich Frédéric erklärt habe, dass ich für eine Heirat noch nicht bereit bin. Er hat ve r ständnisvoll reagiert – er kennt mich inzwischen gut genug – und mir versprochen, dabei zu sein, wenn ich

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