1084 - Stätte der Verdammnis
Ein bestimmtes Licht. Ein Erbe des Vollmonds, der am Himmel stand und seinen bleichen Schein verbreitete. Sehr kalt, sehr hell, auch ein wenig fahl, weil ein grüner Schimmer sich in diesem Mond abzeichnete, zugleich von einer Fülle und Dichte, der Suko nichts hatte entgegensetzen können. Die gefüllten Augen des »Riesen« hatten den Inspektor in ihren Bann gezogen.
Hinzu kam die Hand, die auf seiner Schulter lag. Ein leichter Druck nur hatte ausgereicht, um Suko in die Knie sinken zu lassen. Jetzt kniete er vor diesem Unhold und dachte daran, daß er sich auf der Verliererstraße befand. Dabei hatte er ihn stellen wollen. Nur seinetwegen war er in den Wald hineingegangen. Er hatte sich dort umgeschaut, er hatte ihn schon auf der Herfahrt gesehen. Zwei tanzende helle Lichter im dunklen Wald. Sie hatten seine Aufmerksamkeit erregt, und so hatte sich Suko von seinem Freund John Sinclair getrennt, der weiter bis zum eigentlichen Ziel gefahren war, zu dieser versteckt liegenden Wald-Sauna.
Da war etwas. Eine Macht, die Suko bisher noch nicht erlebt hatte. Sie war in seinen Kopf gedrungen, durch den Körper gewandert, und sie strahlte aus den Augen des anderen ab.
Ich bin ihm in die Falle gelaufen! Ich habe es nicht geschafft. Ich habe ihn unterschätzt. Diese Gedanken huschten durch Sukos Kopf, ohne daß sich an seiner Lage etwas änderte. Der andere hatte es verstanden, ihn hilflos zu machen. Es kam ihm nicht einmal in den Sinn, sich zu wehren.
Die Klaue hielt ihn fest. Die Augen starrten ihn an. Das helle Licht war wie ein Bannstrahl. Zwangsläufig dachte Suko wieder an den schrecklichen Tod eines gewissen Jeffrey Coogan. Der Mann war von seinem in ihm existierenden Licht letztendlich aufgefressen oder vernichtet worden.
Hilfe hatte Suko nicht zu erwarten. Der Wald war finster. Sein Freund John Sinclair mußte das Ziel längst erreicht haben und war wohl mit anderen Problemen konfrontiert worden. Auch er hatte das Mondschein-Monster jagen wollen, aber nur Suko war es gelungen. Nur hatte er nichts davon. Er kniete vor ihm, wurde von dieser verfluchten Klaue gehalten und mußte einsehen, daß er verloren hatte.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, in die Augen zu schauen. Er konnte ihn nicht rückgängig machen, so sehr er es sich auch wünschte. Das Licht des Mondes war einfach zu stark.
Noch war es nicht in Sukos Körper hineingeflossen. Aber er war Realist und wußte, daß es nicht mehr lange dauern konnte, bis dies passierte.
Die Augen!
Immer wieder diese verdammten Augen. Sie waren so anders, so hell, und das Licht beschränkte sich nicht nur ausschließlich auf sie, sondern zusätzlich auf den offenen Mund des Mondschein-Monsters. In der Mundhöhle leuchtete es ebenfalls, als wäre in der Kehle das Licht einer Taschenlampe eingeschaltet worden.
Die Finger der Klaue bewegten sich. Suko spürte jede einzelne Kuppe auf der Schulter. Das Monster wollte etwas von ihm und deutete es durch die Veränderung des Griffes bereits an. Wehren konnte er sich nicht, denn das Monstrum zog ihn so leicht hoch, als hätte er kein Gewicht. Suko dachte nicht daran, sich zu wehren. Der andere wäre ihm immer über gewesen, und so folgte er automatisch den Bewegungen und verließ die kniende Haltung.
Er kam hoch.
Er fühlte sich wie eine Puppe, die ferngelenkt wurde. Die Chancen sanken immer mehr zusammen, denn das Mondschein-Monster ließ ihn nicht aus dem Blick.
Die Augen waren jetzt viel näher. Kreise, wie gemalt und dann ausgefüllt. Es gab keine ausgefransten Seiten. Das Licht blieb darin wie das Wasser in zwei Tümpeln, ohne an den Rändern zu zittern.
Und es strahlte auch leicht auf das Gesicht der Gestalt.
Es war ein Gesicht, aber es zeigte kein Leben. Ein runder Kopf, der zu dieser Glatze paßte. Ein Schädel, auf dem keine einzige Falte zu sehen war. Glatt wie geschliffener Stein. Eine graue, in Höhe der Augen leicht erhellte Haut. An einigen Stellen schwebten dunklere Farbtöne dazwischen, die sich ausbreiteten wie festgebackener Puder. Das breite Maul, die großen Ohren und eben das Mondlicht, das aus den Öffnungen hervorstrahlte.
Einen Körper gab es auch. Es mußte ein Klotz sein. Ein vielleicht unförmiges Etwas, nur war Suko nicht in der Lage, es zu sehen. Es verschwand in der Dunkelheit des Waldes, in dem das Monstrum ihm aufgelauert hatte.
Nur die Hand hatte Suko bisher gesehen, und jetzt die Hände, denn es erschien eine zweite, deren Finger sich um Sukos Schulter legte wie auch die
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